(München) Pünktlich zum Medienhype „Weltuntergang“ besucht Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer am 21. Dezember die Benediktiner-Erzabtei Sankt Ottilien. Mit oder ohne geschäftsträchtiger Pseudo-Vorhersage allemal eine weise Entscheidung. Das Kapitel des oberbayerischen Klosters wählte erst am 17. Dezember Pater Wolfgang Öxler zum siebten Erzabt. Die Wahl erfolgte, wie bei den Benediktinern üblich, auf Lebenszeit. Die Abtei zählt heute rund 130 Mönche, die dem besonderen Charisma folgen, das mönchische Beschaulichkeit mit der Missionstätigkeit verknüpft.
Missionsbenediktiner eine Gründung des späten 19. Jahrhunderts
Sankt Ottilien geht auf die Gründung der Missionsbenediktiner durch den Beuroner Benediktiner Pater Andreas Amrhein zurück. 1883 bildete Amrhein im oberpfälzischen Reichenbach eine benediktinische Gemeinschaft, die sich 1887 in Emming in Oberbayern niederließ. Dort befindet sich seither, kaum 40 Kilometer von München entfernt, das nach einer alten Kapelle benannte Kloster St. Ottilien. Noch im selben Jahr zogen die ersten Benediktiner in die Mission nach Ostafrika. Seither unterstützt das bayerische Kloster junge Kirchen in anderen Kontinenten.
Das Benediktinerkloster mit der neuen Missionsberufung blühte schnell auf. 1902 wurde es zur Abtei erhoben. Nach drei Tochtergründungen folgte bereits 1914 die Erhebung zur Erzabtei. Der kleine Weiler Emming wurde zum Hauptsitz der Missionsbenediktiner. Der Erzabt von St. Ottilien stand bis vor wenigen Jahren gleichzeitig als Präses auch der gleichnamigen Benediktinerkongregation vor. Neben Ostafrika dehnte sich die Missionstätigkeit auch auf Südafrika und Ostasien aus, vor allem auf China und Korea.
Bedroht von Nationalsozialismus und Kommunismus – Die Märtyrer von Tokwon
Die Existenz der Missionsbenediktiner wurde in Deutschland durch die Nationalsozialisten bedroht, die 1941 die Erzabtei aufhoben. Erst 1945 war die Rückkehr der vertriebenen Mönche möglich. Gleichzeitig machte der Kommunismus in Ostasien die Missionen in China und Nordkorea zunichte. 1949 hob die kommunistische Regierung (Nord)Koreas die von St. Ottilien 1909 gegründete Benediktinerabtei Tokwon und das Benediktinerinnenkloster Wonsan auf. Die Mitglieder der beiden Konvente kamen in Lagerhaft, die viele von ihnen nicht überlebten. Abt-Bischof Bonifacius Sauer, Abt von Tokwon und Apostolischer Vikar für weite Teile Nordost-Koreas, der 1899 in Sankt Ottilien eingetreten war, starb am 7. Februar 1950 im Gefängnis von Pjöngjang. Am 10. Mai 2007 wurde die Seligsprechung der 36 Benediktinermärtyrer von Tokwon (31 Benediktiner und fünf Benediktinerinnen) eingeleitet. 25 von ihnen stammten wie Abt-Bischof Sauer aus Deutschland. Sie waren zwischen 1949 und 1952 in den Konzentrationslagern des Regimes ermordet worden oder an den unmenschlichen Haftbedingungen zugrunde gegangen. Pater Willibrord Driever von St. Ottilien veröffentlichte eine Bildergalerie der Abtei Tokwon vor und nach ihrer Zerstörung.
Abtweihe von Erzabt Wolfgang im Januar 2013
Der vierte Erzabt von Sankt Ottilien, Pater Viktor-Josef Dammertz war von 1992 bis 2004 Bischof der Diözese Augsburg. Zuvor stand er bereits von 1977 bis 1992 als Abtprimas der Benediktinischen Konföderation vor. In dieser Aufgabe folgte ihm sein Nachfolger und fünfte Erzabt von St. Ottilien, Pater Notker Wolf, der seit 2000 als Abtprimas in Rom den ältesten katholischen Orden der Welt mit seinem männlichen und weiblichen Zweig vertritt.
Der neue Erzabt Wolfgang war zuletzt Prior des Klosters Jakobsberg bei Bingen am Rhein, das die Missionsbenediktiner 1961 errichteten. Geboren wurde er 1957 in Dillingen in der Diözese Augsburg. 1979 trat er in St. Ottilien ein und legte 1984 die ewigen Gelübde ab. Nach seinem Theologiestudium in München empfing er 1988 die Priesterweihe. Anschließend wirkte er als Erzieher und Religionspädagoge an den klostereigenen Einrichtungen.
Die Neuwahl war notwendig geworden, weil sich der Konvent 2008 für die Ämtertrennung von Erzabt und Präses der Kongregation entschieden hatten. Der sechste Erzabt Jeremias Schröder war im Oktober zum Präses gewählt worden.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Sankt Ottilien
„Erzbabt Pater Notker Wolf“ und „Erzabt Pater Voktor Josef Dammertz“ ist natürlich Unsinn. Richtig ist „Erzabt Notker Wolf“ und „Erzabt Viktor Dammertz“. Man schreibt schließlich auch nicht „Pfarrer Kaplan NN“. Im Übrigen ist der Mönchsname des ehemaligen Erzbtes und späteren Abtprimas Viktor. Der den Taufnamen hat er erst als Bischof wieder hinzugefügt.
„Der Erzabt von St. Ottilien stand bis vor wenigen Jahren gleichzeitig als Präses auch der gleichnamigen Benediktinerkongregation vor. “ – Das stimmt nicht. Die Personalunion wurde erst in diesem Jahr aufgehoben.