(Rom) Vom 1.–3. November findet mit Una cum Papa nostro die erste große Internationale Wallfahrt der Tradition seit der Gewährung des Motu proprio Summorum Pontificum nach Rom statt. Geistlicher Assistent der Wallfahrt ist der französische Priester, Abbé Claude Barthe. Während der vom Coetus Internationalis Pro Summorum Pontificum (CISP) organisierten Internationalen Wallfahrt werden mit Antonio Kardinal Canizares Llovera, Walter Kardinal Brandmüller und Kurienbischof Giuseppe Sciacca, dem Generalsekretär des Governatorats der Vatikanstadt, drei hohe Würdenträger der Römischen Kurie das Heilige Meßopfer zelebrieren. Das Pontifikale Hochamt zum Abschluß der Wallfahrt im Petersdom wird dabei Kardinal Canizares feiern.
Abbé Barthe, eine der treibenden Kräfte bei der Durchführung von Una cum Papa nostro gab Alberto Carosa von Vatican Insider das nachfolgende Interview.
Abbé, von mehreren Seiten kamen Anfragen zu Ihrer Person. Könnten Sie uns kurz Ihren Lebenslauf, Ihren Ausbildungsweg, Ihren Berufungsweg schildern?
Ich wurde 1947 in Fleurance im Südwesten Frankreichs geboren. Meine Priesterberufung geht auf meine katholische Kindheit zurück. Ich studierte am Katholischen Institut von Toulouse als Diözesanseminarist. Die nachkonziliare Revolution zwang mich jedoch das Seminar zu verlassen. Ich absolvierte dann ein Studium der Geschichte und der Rechtswissenschaften. Ich fühlte mich so sehr mit der traditionellen Liturgie verbunden, daß ich in das Priesterseminar der Priesterbruderschaft St. Pius X. in Econe eintrat. 1979 wurde ich von Erzbischof Marcel Lefebvre zum Priester geweiht. Ich gehörte danach dem „harten“ Flügel der Traditionalisten an, wurde dann aber immer römischer und schließlich Diözesanpriester. Heute unterrichte ich das Fach Liturgie an einem Priesterseminar der Tradition. Man könnte auch sagen, ich bin ein „publizierender Priester“ aufgrund meiner zahlreichen und vielleicht sogar zu vielen Bücher und Artikel.
Wie entstand die Idee dieser Wallfahrt der Tradition und die Entscheidung, Sie zum geistlichen Assistenten zu wählen?
Die Idee zur Wallfahrt und zu einer traditionellen Messe im Petersdom für das „Volk von Summorum Pontificum“, sowohl der Diözesen als auch der Gemeinschaften, Piusbruderschaft miteingeschlossen, entstand vor ungefähr einem Jahr in den sogenannten römischen Kreisen der „Reform der Reform“, in denen man die außerordentliche Form des Römischen Ritus als die wirklich tragende Säule für die wahre liturgische Erneuerung betrachtet. Wegen der sehr bescheidenen Rolle eines geistlichen Assistenten dachte man wohl an mich, weil man in mir einen Parteigänger der „Einheit aller lebendigen Kräfte“ sieht, eine Art Grenzgänger zwischen allen Richtungen der Tradition.
Am 10. September leiteten Sie die Pressekonferenz, mit der die Wallfahrt vorgestellt wurde. Können Sie die zentralen Aspekte zusammenfassen?
In erster Linie wollte ich darlegen, daß es sich um ein Dankwallfahrt handelt. Die Pilger werden vor allem eine Dankmesse in der außerordentlichen Form darbringen und als Unterstützung für den Heiligen Vater zum 5. Jahrestag der Gewährung des Motu proprio Summorum Pontificum, das bekanntlich am 14. September 2007 in Kraft trat. Für sehr viele Diözesan- und Ordenspriester, die seither ihr tägliches Meßopfer in der außerordentlichen Form zelebrieren, handelt es sich um einen geistlichen Gewinn, ebenso für die Gläubigen jener – leider noch zu wenigen – Pfarreien, die sich seither dieser Liturgie und ihrer Mystik erfreuen können. Man kann sagen, daß diese Entscheidung Benedikts XVI. im wahrsten Sinn des Wortes ein ganzes Summorum Pontificum-Volk entstehen hat lassen. Dieses Volk will ihm dafür danken.
Und wie steht es mit anderen Aspekten?
Ich muß sagen, daß es sich auch um ein Bekenntnis der Treue zu Petrus handelt. Der zweite Grund ist es, auf diese Weise unsere Liebe für die Kirche und unsere Treue zu Petrus zu bekunden, gerade und besonders in der derzeit bitteren und schwierigen Situation. Wir sind uns vollkommen bewußt, daß die Herausforderungen, denen der Papst gegenübersteht, mühevoll sind. Die traditionelle römische Messe, besonders das Hochgebet, wurde immer als wunderbares Glaubensbekenntnis der Kirche Mater et Magistra verstanden: es ist dieses liturgische Bekenntnis, das wir am Grab der Apostel, beim Nachfolger des Petrus zum Ausdruck bringen möchten. Es wird eine Gabe und eine Bitte sein. Wir wollen diese besondere Gabe Gott darbringen, um Ihn vor allem um die notwendigen Gnaden für den regierenden Papst zu bitten, um sein wunderbares Werk fortzusetzen, das er seit Beginn seines Pontifikats vollbringt, besonders heute inmitten von Kreuz und Prüfungen.
Da die Wallfahrt gleich nach der Eröffnung des Jahrs des Glaubens stattfindet, gibt es einen Zusammenhang zwischen den beiden Ereignissen?
Natürlich. Unsere Wallfahrt will auch Ausdruck unseres Teilhabens an der Mission der Kirche sein. Wir möchten für die Neuevangelisierung, die der Heilige Vater mit dem Jahr des Glauben fördern will, den Beitrag der immerjungen traditionellen Liturgie einbringen. Es ist offensichtlich, daß sie die Stütze für eine große Zahl von Familien, von vielen Organisationen und katholischen Initiativen ist, die sich besonders an die Jugend richten und daß sie die Quelle einer immer größer werdenden Zahl von Ordens- und Priesterberufungen ist, etwas, das sich heute in der westlichen Welt als extrem wertvoll erweist.
Es scheint, daß man nicht ausreichend über diese ganz andere Berufungs-„Krise“ nachdenkt, die die Institute der Tradition erleben, indem sie gezwungen sind, Priesteramtsanwärter aus Mangel an Plätzen und Einrichtungen abzuweisen, ein Krise, die das genaue Gegenteil von jener in den Diözesen ist.
Ich würde sogar sagen, daß man diesen Punkt besonders betonen muß. Durch die Gnade Gottes fördert die traditionelle Liturgie, ohne alle Lücken füllen zu können, in bestimmten Ländern wie Frankreich und den USA – das Phänomen könnte sich jedoch ausweiten – ein bedeutendes Berufungswachstum. In Frankreich zum Beispiel stehen 710 Diözesanseminaristen 140 Seminaristen (50 davon von der Piusbruderschaft) in Seminaren der Tradition gegenüber, das entspricht 16 Prozent. Dieses Verhältnis entspricht auch jenen der Priesterweihen. In diesem Jahr stehen 21 Neupriester der Tradition 97 Neupriestern in den Diözesen gegenüber. Zudem befindet sich aber auch die geistliche Formung und Ausrichtung des neuen Diözesanklerus in völligem Wandel. Die jungen Diözesanpriester und die Seminaristen der Diözesen sind von der Zelebration in den beiden Formen des Römischen Ritus angezogen und sagen dies auch ganz offen. Es ist nicht übertrieben, wenn man für Frankreich davon ausgeht, daß auch bereits ein Drittel der diözesanen Priesteramtskandidaten als Summorum Pontificum-Kandidaten bezeichnet werden können. „Le petit peuple“, wie man im Französischen sagt, die einfachen Gläubigen, stehen heute dem Heiligen Vater für die Mission der Kirche zur Verfügung.
Wie erklären Sie sich die Kritik und Irritation über die Wallfahrt, die von bestimmten Kreisen geäußert wird?
Ich will Ihnen gestehen, daß ich empfohlen habe, das Organisationskomitee rund um Una Voce zu bilden, weil es sich um eine Vereinigung handelt, die in der Welt der Tradition als sehr „neutral“ gilt und daher am wenigsten möglicher Kritik ausgesetzt ist. Die Konflikte und Richtungen innerhalb der Gruppen der Tradition kennend, schien es eine gute Idee, sich auf ein erst vor kurzem gegründetes Komitee zu stützen, um Eifersüchteleien und Rivalitäten zu vermeiden. Manche Kritik schien aus der Sorge heraus zu erfolgen, daß hier ein neuer Organismus entstehen könnte, der die gesamte Welt der Tradition zusammenfassen möchte. Wenn das unsere Absicht gewesen wäre, wäre es uns sicher eher gelungen, die Erde quadratisch zu machen. Ich denke, daß alle rund um den Erdball inzwischen verstanden haben, daß wir einzig und allein ein bescheidenes Organisationskomitee für diesen Anlaß gebildet haben, das die Wallfahrt durchführen soll und sich am Abend des 3. November wieder auflösen wird.
Mit welcher Botschaft möchten Sie dieses Interview abschließen?
Ich würde mit nicht theologischen, dafür aber für die Gläubigen verständlichen Worten sagen, daß diese Heilige Messe am 3. November eine große „Pfarrmesse“ ist von Katholiken aus der ganzen Welt, die kommen, um gemeinsam beim „universalen Pfarrer“, dem Papst zu beten. Sie wollen alle gemeinsam für ihn und mit ihm beten mit der gregorianischen lateinischen Liturgie, die aus ihrem ureigensten Verständnis heraus eine Gemeinschaftsliturgie ist.
Abbé Claude Barthe, geboren 1947 im Erzbistum Toulouse, ab 1964 Studium am Institut catholique de Toulouse, wo er einen Studienabschluß in Geschichte und in Zivilrecht erwirbt, in den nachkonziliaren Umbrüchen nähert er sich traditionalistischen Positionen und tritt in das Priesterseminar der Priesterbruderschaft St. Pius X. im Schweizer Econe ein. 1979 empfängt er von Erzbischof Marcel Lefebvre, dem Gründer der Piusbruderschaft die Priesterweihe. Wegen sedisvakantistischer Positionen wird er aus der Piusbruderschaft ausgeschlossen, 1987 gehört er zu den Gründern der Zeitschrift Catholica, die er mehrere Jahre leitet und wird zu einem der schärfsten Kritiker der Kirchenkrise, der brillante Theologe und Liturgiker nimmt eine Lehrtätigkeit am Priesterseminar des Instituts Bon Pasteur auf. Nach Jahren eines kirchenrechtlich ungeklärten Zustandes nähert sich Barthe gemeinsam mit den Gründern des Instituts Bon Pasteur immer stärker Rom an und kehrt schließlich in die volle Einheit mit dem Heiligen Stuhl zurück. 2005 wird sein kanonischer Status endgültig durch eine Entscheidung der Päpstlichen Kommission Ecclesia Dei geklärt und ihm das Celebret ausgestellt. Er unterrichtet heute Liturgie am Priesterseminar des Insituts Christus König und Hoherpriester. Abbé Barthe ist Autor zahlreicher Bücher, die nicht in deutscher Ausgabe vorliegen.
Interview: Alberto Carosa/Vatican Insider
Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Wikicommons
Das Motu proprio Summorum Pontificum und die nachfolgende Instruktion waren sicher Meilensteile auf dem Weg, der Tradition wieder einen Platz zu schaffen in der Kirche. Papst Benedikt gebührt uneingeschränkt Dankbarkeit hierfür.
Gleichzeitig darf aber nicht verschwiegen werden, dass mit Kurienerzbischof Roche ein regelrechter Feind der Alten Messe auf die wichtige Position des Sekretärs der Gottesdienstkongregation berufen wurde. Der Präfekt der Glaubenskongregation ist alles andere als ein Freund der Tradition, des klassischen römischen Ritus. Mir steht es nicht zu, die Personalentscheidungen des Heiligen Vaters zu bewerten. Wohl aber, darauf hinzuweisen. Und auch auf die – nach meiner Meinung – schwierige Rolle der FSSPX. Als einzige Gruppierung weist sie auf die schweren theologischen Mängel der Neuen Messe hin.
Das Fehlen jeder Dankbarkeit der „Papsttreuen“ gegenüber Erzbischof Lefebvre stört mich. Als hätte es den wichtigsten Verteidiger der Messe aller Zeiten nicht gegeben.
Liebe® cuppa,
wenn Erzbischof Roche ein regelrechter Feind der Alten Messe ist, dann können Sie persönlich gegen diesen Feind den Kampf aufnehmen, indem Sie besonders für ihn beten.
Vielleicht wächst dann bei Ihnen gleichzeitig das Vertrauen in unseren Heiligen Vater, daß er schon die richtigen Personen in ihre Ämter beruft.
Zu Erzbischof Lefebvre ist mein Gefühl gespalten. Hätte er innerhalb der Kirche nicht auch wirken können? Ich schätze die letzten Jahrzehnte sicher nicht falsch ein, wenn ich sage, daß eine gewaltige geistige Verwirrung einerseits und die Furcht vor einer auch real vollzogenen Kirchenspaltung andererseits die Kirche in eine sehr schwierige Lage gebracht haben.
Mich bedrückt der Gedanke, daß er im Zerwürfnis mit dem Papst vor seinen Schöpfer treten mußte. Gott ist allwissend, gerecht und barmherzig.
Lieber Herr Kugler,
nachdem ich mich wirklich in die Bücher von Erzbischof Lefebvre vertieft habe, kann ich Ihnen sagen: Es erfüllt mich mit Schmerz, wenn ich daran denke, dass dieser Bischof exkommuniziert gestorben ist. Ich finde nichts, aber auch nicht einen Satz, der gegen die Lehre der Kirche verstoßen hätte, so wie sie bis 1962 gültig war.
Im Gegenteil: Gerade das Buch: „Das Opfer unserer Altäre“ besitzt trotz der einfachen, pragmatisch anmutenden Sprache eine Tiefe, die fast an jeder Stelle zum Meditieren einlädt. Lese ich das Buch frage ich mich, ob ich das Buch eines Heiligen lese.
Nein, eines Exkommunizierten.
Mir führt das die bedrohliche Kirchen- und Glaubenskrise vor Augen, die wir erleben müssen. Und ich darf daran erinnern: Er wäre nicht der Erste, den die Kirche rehabilitieren musste.
Ich vertraue dem Heiligen Vater grundsätzlich. Wir wissen jedoch, dass er immensem Druck von Seiten der Progressisten ausgesetzt ist auch bei Personalentscheidungen.