(Straßburg) Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat Italien wegen des Artikels 8 des italienischen Staatsgesetzes zur künstlichen Befruchtung verurteilt. Der Eingriff in das seit 2004 geltende Gesetz erfolgte nach der Eingabe eines fruchtbaren Ehepaares, denen 2006 jedoch ein Kind mit Mukoviszidose geboren wurde, woraufhin sie erfuhren, gesunde Träger dieser Krankheit zu sein. Eine zweite Schwangerschaft endete mit der Tötung des ungeborenen Kindes, nachdem die Krankheit durch Pränataldiagnostik auch bei diesem Kind festgestellt worden war. Sie wollten jedoch weitere Kinder haben. In der Bundesrepublik Deutschland, in Großbritannien, Frankreich, Griechenland, Portugal oder den Niederlanden hätten sie im Labor in vitro Embryonen erzeugen, auf diese und andere Krankheiten überprüfen und dann ausgewählte Embryonen der Frau einsetzen lassen können. Das Staatsgesetz 40/2004 untersagt dies in Italien und erlaubt grundsätzlich nur unfruchtbaren Paaren den Zugang zur künstlichen Befruchtung. Die beiden brachten den Fall vor den Europäischen Menschenrechtsgerichtshof mit der Begründung einer Diskriminierung, da das „Recht auf ein gesundes Kind“ ansonsten allgemein in Europa anerkannt sei (ausgenommen in Österreich und in der Schweiz).
Gestern verurteilte ein siebenköpfiger Senat des Gerichtshofs Italien zur Zahlung eines Schmerzensgeldes von 15.000 Euro an das Ehepaar und die Anwaltsspesen von 2.500 Euro. Letztere Summe entschied der Gerichtshof wegen der Verletzung des Rechts auf Privatsphäre des Ehepaars.
Das italienische Recht untersagt die künstliche Befruchtung für furchtbare Ehepaare, die diese Technik lediglich benützen wollen, um Embryonen nach bestimmten Kriterien auszuwählen und die anderen auszuscheiden, sprich zu töten. Die sieben Straßburger Richter, die gestern Italien verurteilten, sind hingegen der Meinung, daß es ein „Recht“ auf eugenische Selektion gibt.
Beim Straßburger Richterspruch fällt zunächst auf, daß der Europäische Menschenrechtsgerichtshof bereits eine Entscheidung fällte, noch bevor das Ehepaar den ordentlichen Rechtsweg in Italien beschritten hatte. Normalerweise kann der EuGHm erst angerufen werden, wenn der Rechtsweg im eigenen Staat ausgeschöpft ist.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Beide Seiten haben drei Monate Zeit, Einspruch dagegen einzulegen. Es kann daher von einer Großen Spruchkammer wieder aufgehoben werden, sobald Italien seinen Einspruch eingebracht haben wird. Dies war bereits in der Vergangenheit der Fall. Erst jüngst war Österreich wegen des Verbots der heterologen Insemination durch einen Richtersenat des Menschenrechtsgerichtshofes verurteilt worden, die Verurteilung dann aber durch die Berufungsinstanz aufgehoben worden. La Grande Chambre erkannte das Recht der einzelnen Staaten an, diese sensible Frage selbst zu regeln. Deshalb entschied die Berufungsinstanz, daß ein Land, das die heterologe Insemination verbietet, kein Menschenrecht verletzt. Die gängige Rechtsprechung zeigt, daß die Grand Chambre den politischen Aktivismus der Richter der Erstinstanz einbremst.
Selbst bei einer Bestätigung des Urteils durch die Berufungsinstanz wäre eine Verurteilung nicht zwingend verbindlich. Die Anerkennung und Umsetzung von Urteilen hat sich in den vergangenen Jahren zwar immer stärker durchgesetzt, entspricht jedoch einem einseitigen freiwilligen Akt der einzelnen Staaten. Straßburg hat nicht die Macht, ordnungsgemäß zustandegekommene Gesetze einzelner Staaten ganz oder auch nur teilweise aufzuheben.
Das italienische Staatsgesetz 40/2004 spiegelt die Absicht des Gesetzgebers wider, jede Form der Eugenik auszuschließen. Es geht daher nicht darum, fruchtbaren Ehepaaren gesunde Kinder zu verschaffen, indem durch eugenische Auswahlverfahren so lange Embryonen gezeugt und ausgesondert werden, bis der gewünschte Embryo gefunden ist. Das italienische Gesetz beschränkt grundsätzlich die künstliche Befruchtung auf die Einsetzung von maximal drei Embryonen, während es in anderen Staaten keine Beschränkung gibt und damit der verbrauchende Effekt höher liegt. Dem italienischen Gesetzgeber ging es darum, im Rahmen abgesteckter Grenzen unfruchtbaren Paaren dabei zu helfen, ihren Kinderwunsch zu erfüllen bei möglichster Wahrung der Interessen aller Beteiligten, auch des Embryos. Der Unterschied zwischen der Absicht des Gesetzes und der Forderung des klagenden Ehepaars ist enorm.
Der Straßburger Richtersenat begründet seine Verurteilung unter anderem damit, daß die italienische Gesetzgebung nicht kohärent sei. Diese untersagt die künstliche Befruchtung als Instrument der eugenischen Selektion, erlaubt aber durch das Staatsgesetz 194, dem berüchtigten Abtreibungsgesetz von 1978, die Tötung eines ungeborenen Kindes, bei dem eine genetische Krankheit festgestellt wurde. Offiziell zielt das Abtreibungsgesetz nicht auf eine eugenische Funktion ab. Auch in Italien ist Abtreibung durch die beliebig dehnbare Auslegung der sozialen und psychologischen „Unzumutbarkeit“ eines „ungewollten“ Kindes ein Massenphänomen. Das Abtreibungsgesetz 194 sei in Italien „jedoch eine heilige Kuh, wie in anderen westlichen Staaten“, so der Europaabgeordnete und Vorsitzende der italienischen Bewegung für das Leben Carlo Casini.
Die Schlußfolgerung der Straßburger Richter erster Instanz aus der Inkohärenz in der Gesetzgebung richtet sich automatisch gegen die ungeborenen Kinder.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Wikicommons
„bei möglichster Wahrung der Interessen aller Beteiligten, auch des Embryos“
Wie kann ein Verbund aus 8 Zellen ein Interesse haben? Ohne Gehirn hat er weder Bewustsein noch Empfindungen und schon gar kein Interesse. Er kann sich also auch nicht in seiner (Menschen-)Würde verletzt fühlen, weil er nicht fühlen kann.
Wenn die Nicht-Bewusstheit des Lebensinteresses die Tötung rechtfertigt, dann würde das auch Säuglinge, geistig Schwerbehinderte, Menschen im Koma etc. betreffen.
Ist Duriel wie ein Hagelschlag auf die Welt gekommen?
Oder hat ihn der Storch gebracht??
Auch die besagten 8 Zellen sind Mensch. Was denn sonst?