(Vatikan) Der amerikanische Dominikaner, Kurienerzbischof Augustine Di Noia OP, wurde gestern zum Vize-Präsidenten der Päpstlichen Kommission Ecclesia Dei berufen. Die überraschende Ernennung erfolgte zu einem Zeitpunkt, an dem die Versöhnungsgespräche zwischen dem Heiligen Stuhl und der Priesterbruderschaft St. Pius X. einen Rückschritt zu erleben scheinen. Die Ernennung stieß, abgesehen vom Überraschungseffekt, auf geteilte Reaktionen. Von offizieller Seite der Piusbruderschaft wurde sie jedenfalls begrüßt, wie die Stellungnahme des deutschen Distriktoberen Pater Franz Schmidberger zeigt. Und dies, wie es scheint, durchaus mit gutem Grund. Feststeht, daß Erzbischof Di Noia ein Vertrauensmann von Papst Benedikt XVI. ist. Ihm scheint die Aufgabe zuzufallen, die letzten Hürden für eine Versöhnung zwischen Rom und Econe aus dem Weg zu räumen.
Noch als Präfekt der Glaubenskongregation holte ihn Joseph Kardinal Ratzinger 2002 im Auftrag von Papst Johannes Paul II. aus den USA an die Römische Kurie und dies gleich als Untersekretär an sein eigenes Dikasterium. Genau am Tag, an dem – noch unbestätigt – aus dem Generalhaus der Piusbruderschaft durch Indiskretionen eine mögliche Ablehnung der zuletzt von Kardinal Levada übergebenen Fassung der „Doktrinellen Präambel“ durchsickerte, wollte Papst Benedikt XVI. durch die Berufung von Msgr. Di Noia die Kommission Ecclesia Dei stärken. Die Ernennung scheint in direktem Zusammenhang mit dem bereits angekündigten Ausscheiden von Kardinal Levada aus dem aktiven Kuriendienst zusammenzuhängen. Kardinal Levada wird in den nächsten Monaten als Präfekt der Glaubenskongregation und damit auch als Präsident von Ecclesia Dei ausscheiden.
Pater Federico Lombardi, der Pressesprecher des Vatikans, betonte gestern gegenüber Journalisten, daß die Ernennung von Erzbischof Di Noia ein Zeichen der besonderen Wichtigkeit und der Sensibilität der von der Kommission behandelten Frage sei und nicht als Zeichen irgendeiner Schwierigkeit zwischen dem Heiligen Stuhl und der Piusbruderschaft gelesen werden dürfe.
Das Amt eines Vize-Präsidenten gab es seit 2009 nicht mehr, seit die Kommission Ecclesia Dei der Glaubenskongregation integriert wurde. In der Presseerklärung der Glaubenskongregation zur Ernennung heißt es, daß diese ein „Zeichen des pastoralen Entgegenkommens des Heiligen Vaters für die traditionalistischen Gläubigen in Einheit mit dem Heiligen Stuhl“ ist, aber auch „seines großen Versöhnungswunsches mit den nicht in Einheit mit dem Stuhl Petri stehenden traditionalistischen Gemeinschaften“.
In der Stellungnahme wird zudem darauf verwiesen, daß der der neue Vize-Präsident als namhafter Theologe dem „Vorrang der Hermeneutik der Erneuerung in der Kontinuität und der richtigen Interpretation des Zweiten Vatikanischen Konzils“ besondere Aufmerksamkeit gewidmet habe. „Einem Bereich von zentraler Bedeutung für die Gespräche zwischen dem Heiligen Stuhl und der Priesterbruderschaft.“
Papst Benedikt XVI. kennt Erzbischof Di Noia persönlich sehr gut. 2009 ernannte er ihn zum Sekretär der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung, die er neu organisierte. Unmittelbar nach seiner Ernennung am 26. Juni 2012 gab Msgr. Di Noia dem Catholic News Service ein Interview. Darin nahm er auch zu den Indiskretionen rund um ein angebliches Schreiben von Pater Christian Thouvenet, des Sekretärs von Msgr. Fellay, des Generaloberen der Piusbruderschaft, vom 25. Juni, Stellung, wonach der jüngste Entwurf der „Doktrinellen Präambel“, die Msgr. Fellay am 13. Juni von Kardinal Levada übergeben wurde, „inakzeptabel“ sei. Wörtlich sagte der neue Vize-Präsident von Ecclesia Dei: „Die Gespräche gehen inzwischen seit drei Jahren weiter, aber der Heilige Vater will eine Sprache oder eine Weise finden, um alle zu versöhnen. Wir müssen alle I‑Tüpfelchen setzen und denen von der Bruderschaft helfen, eine Formel zu finden, um ihre theologische Integrität zu bewahren. Die Einigung ist nahe, man muß ihr nur einen letztes Anstoß geben.“
Als Untersekretär der Glaubenskongregation war Erzbischof Di Noia aktiv und erfolgreich daran beteiligt, eine kanonische Form für die zur vollen Einheit mit Rom zurückkehren wollenden Anglikaner zu finden.
In seinem Interview mit CNS betonte der neue Vize-Präsident von Ecclesia Dei im Zusammenhang mit der Lesart des Zweiten Vatikanischen Konzils, daß entscheidend sei, die Standpunkte der liberalen Konzilsteilnehmer nicht zu berücksichtigen. Stattdessen seien die Konzilsdokumente im Licht der Tradition zu lesen, denn „wenn es der Heilige Geist ist, der die Kirche leitet, dann können die Dokumente nicht im Widerspruch zu dem gelesen werden, was vorher gesagt wurde“.
Kardinal Levada bleibt weiterhin Präsident der Päpstlichen Kommission Ecclesia Dei und Msgr. Guido Pozzo deren Sekretär. Die Gewichtsverschiebung innerhalb der Kommissionsspitze scheint jedoch offensichtlich.
Das für Anfang Juli einberufene Generalkapitel der Piusbruderschaft dürfte unterdessen einigermaßen bewegt über die Bühne gehen. Sofern das bisher weder dementierte noch bestätigte Schreiben von Pater Thouvenet echt sein sollte, hat sich am Verhältnis der Bruderschaft gegenüber Msgr. Richard Williamson nichts geändert. Bereits bei der letzten Oberenkonferenz im Oktober 2011 in Albano Laziale forderte Msgr. Fellay seinen Mitbruder im Bischofsamt auf, zu Hause zu bleiben. Für das Generalkapitel habe er ihm nun offizielles Teilnahmeverbot erteilt. Die Marginalisierung von Msgr. Williamson setzt sich damit fort. Der Generalobere der Piusbruderschaft reagiert damit auf „anhaltenden Ungehorsam“ des in England lebenden Williamson. Es scheint aber vor allem eine Reaktion auf jene Minderheit in der Piusbruderschaft zu sein, die seit Monaten die Gespräche durch Indiskretionen und die Verbreitung von irritierenden Meldungen die Gespräche mit Rom zu sabotieren versuchen. Eine Gruppe in der Bruderschaft stimmte zwar den Gesprächen zu, aber offensichtlich von vornherein mit der Absicht, keine Einigung haben zu wollen. Eine Position, gegen die Msgr. Fellay mehrfach deutlich Stellung bezog. Es scheint daher nicht mehr ausgeschlossen, daß es innerhalb der Piusbruderschaft bereits vor der Einigung mit Rom zu einer „Aufräumaktion“ durch Abbrechen einzelner Teile kommen könnte, die eigentlich erst für die Zeit nach der Einigung erwartet wurde. Jener Teile, die einer Einigung mit Rom prinzipiell ablehnend gegenüberstehen.
Die Piusbruderschaft wird auf dem Generalkapitel ein Resümee aus den bisherigen Gespräche ziehen und danach dem Heiligen Stuhl die Antwort auf die am 13. Juni übergebene Formulierung mitteilen. Sowohl Rom als auch Econe haben in den vergangenen Tagen betont, daß die Gespräche weitergehen werden. Ob mit Kurienerzbischof Di Noia der Eisbrecher ernannt wurde, dem der Durchbruch gelingt?
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Messa in Latino
Bischof Fellay hatte mehrfach betont, der Papst wünsche die Versöhnung mit der Piusbruderschaft, ohne Verlust der Identität. Er selbst habe keine persönliche Begegnung mit ihm gehabt, wisse das aber von nahen Mitarbeitern des Heiligen Vaters.
Es wurde kolportiert, der Heilige Vater habe seine Antwort an Rom positiv aufgenommen.
Indem Kardinal Levada dann wieder auf der Präambel vom 14. September 2011 bestand, schien es, als habe er einen Rückschlag erlitten. Sedisvakantistische Kreise und ehrlich Besorgte warfen dem Papst wieder vor, er stelle eine Falle, in die Msgr. Fellay hineingehe.
Ich selbst habe mehrfach die Frage gestellt: Was will Rom? Ich weiß jetzt: Am redlichen Bemühen des Heiligen Vaters zweifle ich nicht. Mit der Ernennung von Kurienerzbischof Di Noia hat der Papst eine klare Antwort gegeben. Und die Einschätzung von Bischof Fellay ganz klar bestätigt.
Bei der Desinformation im Internet, dem ständigen Anheizen der Gerüchteküche, werte ich diese Fakten positiv.
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Ein gutes Zeichen…
So wertet es wohl auch Pater Schmidberger laut FAZ.
„…Der Distriktobere der Bruderschaft in Deutschland, Schmidberger (…) bezeichnete es als ein „gutes Zeichen“, dass der Papst am Dienstag den amerikanischen Erzbischof Joseph Augustine Di Noia am Dienstag zum Vizepräsidenten der Kommission „Ecclesia Dei“ ernannt hat. ..“
siehe
http://m.faz.net/;fitScript=0/aktuell/politik/ausland/wiederaufnahme-in-die-kirche-piusbrueder-offenbar-weiter-unschluessig-11801199.html
Das klingt doch mal gut … ich bleibe optimistisch, sowohl was eine Einigung anbelangt, als auch was das Zusammenbleiben der 4 Bischöfe betrifft.
Marius Augustin
Wenn die Piusbruderschaft ein Angebot von Rom bekommt, das ihr Wirken sichert und von Bischöfen weitgehend unabhängig ist, dann trifft sie im deutschsprachigen Raum auf eine Kirche, die zersetzt und zerstört ist. Und dieser Prozess geht weiter. Ich verweise nur auf den aktuellen Kampf von Priestern und Laien der Diözese Trier gegen das Generalvikariat, das fördert, dass die Religionslehrer atheistisch indoktriniert werden. Von bischöflichen Ordinariaten aus geht der Kampf gegen den katholischen Glauben, in Deutschland brauchen sich militante Atheisten nicht zu bemühen, die Kirchensteuerkirche bekämpft den Glauben von innen. Nicht nur von bischöflichen Ordinariaten aus geht diese Selbstzerstörung.
Hoffentlich schreckt das die Piusbruderschaft nicht ab. Gerade in dieser elenden Situation der Kirche wird sie gebraucht!
„Es geht um das Wohl der Kirche und das Heil der Seelen“ ist einer ihrer Grundsätze. Den „Konzilsbischöfen“ scheint es – mehr oder weniger – darum nicht zu gehen.
S.E. Bischof Fellay verfolgt absolut die Linie S. E. Erzbischof Lefebvres.
S. E. Erzbischof Lefebvre war ein, wie es HHP Pfluger beschrieb, ein absolut pragmatisch denkender Mann der Kirche.
Er warnte nicht nur vor den modernistischen Tendenzen, sondern ebenso vor dem (Crypto?)-Sedesvakantismus.
S. E. Erzbischof Lefebvre wäre sicher nicht über Disziplinlosigkeit und Indiskretionen innerhalb der Priesterbruderschaft Sankt Pius X. erfreut gewesen.
Die große schweigende Mehrheit der Priesterbruderschaft Sankt Pius X und der mit ihr verbundenen Gläubigen steht hinter S.E. Bischof Fellay und seiner Position.
Im Moment scheinen beide (Liberalismus und Sedesvakantismus) eine sonderbare Union eingegangen zu sein.
„Wenn die Piusbruderschaft ein Angebot von Rom bekommt, das ihr Wirken sichert und von Bischöfen weitgehend unabhängig ist, dann trifft sie im deutschsprachigen Raum auf eine Kirche, die zersetzt und zerstört ist. ..“
Dem ist absolut zuzustimmen.
Predigt S.E. Bischof Bernard Fellay, 29 Juni 2012 anläßlich der Priester- und Diakonatsweihen an. in Ecône.
http://www.dici.org/multimedia/sermon-de-mgr-bernard-fellay-29-juin-2012-a-econe-suisse/
KORREKTUR DES KOMMENTARS. Danke.
In Ausschnitten sagt S.E Bischof Fellay in etwa:
S.E. Bischof Fellay bestätigt letztendlich, daß der zuletzt von Kardinal Levada übergebene Text so nicht annehmbar sei.
Wie bereits Pater Schmidberger angedeutet hatte, hätten progressistische Kräfte Veränderungen vorgenommen am Text vorgenommen, die nicht akzeptabel seien.
In Rom gebe es zwei Lager, progressistischen Kräfte und Kräfte, die eine Korrektur zulassen möchten.
Das mache die ganze Situation schwierig und man leide darunter.
Das Ganze ähnele einem Ping-Pong-Spiel, bei dem Depeschen hin und her geschickt würden.
Er drückte den Wunsch aus, die Gespräche fortzuführen. Es sei normal, sich nicht „mit allem Komfort“ an eine „un-normalen“ Situation zu gewöhnen.
Man befinde sich eben nicht in einer „nomale“ Situation.
Man wolle, natürlich unter Wahrung aller notwendigen Voraussetzungen und Garantien für die Priesterbruderschaft Sankt Pius X.., eine Übereinkunft finden, um der katholischen Tradition in der Kirche wieder zu dem ihr gebührenden Recht zu verhelfen.
Das keineswegs die Annahme des Modernismus zu tun.
Es sei eine sehr schwierige Situation, die Spannungen von allen Seiten sei sehr sehr groß.
Man wolle in Treue das Werk S.E. Erzbischof Lefebvres zum Wohl für die gesamte Kirche fortführen.
Zuletzt betont er die Notwendigkeit der Heiligung der Priester, wie es ebenfalls Rom anmahne.
(Natürlich sollte man erst die offizielle Übersetzung und den gesamten Kontext abwarten, die Übersetzung könnte natürlich fehlerhaft sein. Bitte um Verständnis, falls Fehler aufgetreten sein sollten. danke) .)
Pater Renaud de la Motte spricht im aktuellen Mittleiungsblatt Apostol ( (Languedoc-Roussillon, France) vom Geist der Revolution von 1789 innerhalb bestimmter Kreise der Priesterbruderschaft.
Die Indiskretionen seien ein Skandal für die Gläubigen.
http://www.laportelatine.org/district/prieure/fabregu/bulletin/apostol57.pdf
Sehr guter Text!