(Ontario/Rom) Für Diskussionen sorgt eine jüngst bekannt gewordene Aussage des Generaloberen der Priesterbruderschaft St. Pius X., Msgr. Bernard Felley über die „Feinde der Kirche“. Bischof Fellay kam in Kanada auf den Stand der Einigungsgespräche zwischen der von Erzbischof Marcel Lefebvre gegründeten Bruderschaft und dem Heiligen Stuhl zu sprechen. Dabei machte er in jenen Gruppen, die sich am lautesten einer kanonischen Anerkennung der Bruderschaft durch Rom widersetzten, die „Feinde der Kirche“ aus.
Rede Fellays über Einigungsgespräche mit Rom – Seit halbem Jahr Stillstand
Bekanntlich schien im Frühjahr 2012 eine Einigung zwischen den beiden Seiten bereits erreicht, als sich schlagartig das Blatt wendete. Seit der Piusbruderschaft im Juni vom damals abtretenden Präfekten der Glaubenskongregation, William Kardinal Levada, die Neufassung der „Doktrinellen Präambel“ übergeben wurde, die sie unterzeichnen sollte, herrscht Stillstand.
Der neue Vize-Präsident der Päpstlichen Kommission Ecclesia Dei, der amerikanische Kurienerzbischof Agustine di Noia bemüht sich, die in den vergangenen Jahren geschaffenen Kontakte nicht abbrechen zu lassen und die Gespräche wieder in Gang zu bringen. Ganz anders der gleichzeitig ernannte neue Präfekt der Glaubenskongregation, Kurienerzbischof Gerhard Ludwig Müller. Der als Vorsitzender von Ecclesia Dei auch direkter Vorgesetzter di Noias ist. Ende November bezichtigte der ehemalige Bischof von Regensburg die „Traditionalisten“ generell und undifferenziert der „Häresie“.
Gegenseitige Häresie-Vorwürfe überschatten Einigungsfrage
Der Anschuldigung war umgekehrt derselbe Vorwurf vorausgegangen. Noch ehe die Ernennung Müllers zum Glaubenspräfekten offiziell bekanntgegeben worden war, beschuldigte ihn einer der vier Bischöfe der Piusbruderschaft, der Spanier Msgr. Alfonso de Galarreta, in drei Punkten Dogmen der katholische Kirche geleugnet zu haben und damit der Häresie.
Das Klima ist seither auf ganz persönlicher Ebene schwer gestört und überschattet die Frage. Es erschwert, die Handlungsweise der Akteure genau zu bewerten. Was ist von inhaltlichen oder institutionellen oder sogar von persönlichen Momenten bestimmt?
„Wer widersetzte sich am stärksten einer Einigung? Die Feinde der Kirche“
Am 28. Dezember 2012 sagte Bischof Fellay im kanadischen New Hamburg in Ontario während eines fast zweistündigen Referats: „Who, during that time, was the most opposed that the Church would recognize the Society? The enemies of the Church. The Jews, the Masons, the Modernists, …“ (Wer hat sich während dieser Zeit am meisten widersetzt, daß die Kirche die Bruderschaft anerkennt? Die Feinde der Kirche. Die Juden, die Freimaurer, die Modernisten).
Jüdische Organisationen und Journalisten kritisierten wiederholt, zum Teil sehr scharf die katholische Kirche und Papst Benedikt XVI. für dessen Gesprächsbereitschaft gegenüber der von ihnen als „antisemitisch“ bezeichneten Piusbruderschaft. Traditionsverbundene Kreise sind davon überzeugt, daß die jüdische Kritik zwar die Bruderschaft beim Namen nennt, aber in Wirklichkeit die katholische Kirche meint und gegen diese als Druckmittel eingesetzt werde.
Stichwort Juden: Vatikan-Sprecher Lombardi distanziert sich
Vatikan-Sprecher Pater Federico Lombardi distanzierte sich am Montag vor Journalisten von der Äußerung Fellays über das Judentum: „Es ist unmöglich über die Juden als Feinde der Kirche zu reden.“ Das Bekenntnis des Vatikans zum katholisch-jüdischen Dialog sei „eindeutig und wohlbekannt“, so Lombardi. Nichts sagte der Vatikan-Sprecher zu den anderen von Bischof Fellay genannten „Feinden der Kirche“, den Freimaurern und den Modernisten, die gegen eine Einigung zwischen der Bruderschaft und dem Heiligen Stuhl Widerstand geleistet hätten.
Dabei hatte der amerikanische Distrikt der Piusbruderschaft bereits am 5. Januar in einer Presseerklärung die Aussage des Generaloberen präzisiert. Es sei „selbstverständlich“, heißt es darin, daß der von Bischof Fellay gebrauchte Begriff „Feinde“ einem religiösen Konzept folgte und sich auf jede religiöse Gruppe oder Sekte bezog, die sich der Mission der katholischen Kirche und ihren Anstrengungen widersetzt, ihren Zweck, das Heil der Seelen, zu erreichen.
Piusbruderschaft präzisierte, was Fellay mit „Juden“ meinte
Dieses religiöse Konzept, so die Erklärung weiter, beruhe auf den Worten Jesu im Matthäus-Evangelium: „Wer nicht für mich ist, ist gegen mich“. Der Hinweis auf die Juden, so der Distrikt, habe die Anführer der jüdischen Organisationen gemeint und nicht das jüdische Volk, wie es hingegen von den Medien interpretiert wurde. Die Piusbruderschaft beklagte in der Aussendung, daß ihr ständig der „falsche Vorwurf“ des Antisemitismus gemacht werde. Sie sieht darin den Versuch, „ihre Botschaft zum Schweigen zu bringen“.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: CNA