(Peking) Seit zwei Tagen halten die Katholiken in der Kathedrale von Tangshan Totenwache am Sarg von Bischof Paul Liu Jing-he. Der Diözesanbischof von Yongping (Lulong) ist am vergangenen 11. Dezember verstorben. Die Totenwache gilt nicht nur dem Gebet für den ehemaligen Oberhirten. Die Gläubigen halten auch Wache, um die Leiche vor einem Zugriff der chinesischen Polizei zu schützen. Bischof Liu Jing-he soll, wie es auch seinem Wunsch entspricht, auf dem katholischen Friedhof begraben werden. Die Behörden wollen ihn jedoch in einem allgemeinen Friedhof begraben, um ihn „unsichtbar“ zu machen. Der Bestattungsort wird zum Kampf zwischen Romtreue und Regimehörigkeit.
Katholiken empört über behördliche Einmischung
Die Spannung in der Diözese ist hoch. Die Gläubigen sind empört und empfinden die Einmischung des Regimes sogar in der Frage des Bestattungsortes als Störung der Totenruhe. Am Mittwoch mußten alle Pfarrer der Diözese im staatlichen Büro für Religionsangelegenheiten erscheinen. Erwartet wurden sie dort auch von hohen Funktionären der örtlichen Sicherheitsbehörden. Vorgeladen wurden sie wegen eines offenen Briefes, den sie in den Tagen zuvor verbreitet hatten. Die Internetseite der Diözese, auf der der Brief ebenfalls veröffentlicht wurde, ließ die Religionsbehörde abschalten. Die Telefone der Priester werden überwacht.
Die Gläubigen erwarten sich daher einen gewaltsamen Versuch der Polizei, in die Kathedrale einzudringen und die Leiche des toten Bischofs zu rauben.
Vom regimehörigen zum romtreuen Bischof – Der schwierige Weg von Bischof Liu Jing-he
Bischof Pauul Liu Jing-he, der am Mittwoch der Vorwoche im Alter von 92 Jahren verstorben ist, war ein „patriotischer“ Bischof. Er war durch das kommunistische Regime, aber ohne die Zustimmung des Papstes ernannt und 1981 geweiht worden. Für die katholische Kirche gilt die Diözese Yongping (Lulong) bereits seit 1948 als vakant. Bis 1983 gab es noch einen Apostolischen Administrator, der jedoch keinen Zugriff auf die Diözese hatte.
Das kommunistische Regime setzte eigenmächtig, allerdings unregelmäßig seit 1958 eigene Bischöfe ein. So 1981 auch Paul Liu Jing-he. Der unrechtmäßig geweihte Bischof versöhnte sich unter Papst Benedikt XVI. jedoch mit Rom und wurde zu einem aufrechten Glaubenszeugen in einem Land, in dem die Kirche schwerer Verfolgung ausgesetzt ist. Er widerstand dem politischen Druck der Kommunistischen Partei, aber auch der regimehörigen Patriotischen Vereinigung, in die das Regime die chinesischen Katholiken zwingen möchte. Gegen alle Versuche ihn zu zwingen, unrechtmäßige Bischofsweihen vorzunehmen oder an solchen teilzunehmen, setzte er sich erfolgreich zu wehr.
Wunsch an der Seite des ersten Bischofs von Yongping begraben zu werden
In seinem Testament legte er ausdrücklich fest, im katholischen Friedhof von Lulong begraben zu werden, wo auch der erste und bisher einzige katholische Ordinarius von Yongping, der niederländische Lazzarist Msgr. Ernst Geurst begraben liegt. Geurts war von 1899–1924 Apostolischer Vikar von Ostzhili, wozu auch Yongping gehört. Nach der Teilung des großen Vikariats war er von 1924 bis zu seinem Tod am 21. Juli 1940 Apostolischer Vikar von Yongping. Auf dem Friedhof wurden seit 1924 zahlreiche Priester und Ordensleute begraben. Der Wunsch von Bischof Liu Jing-he war es, durch die Bestattung an der Seite von Bischof Geurst und neben den Brüdern im Priesteramt die Einheit mit Rom und die Präsenz der romtreuen Kirche zu unterstreichen.
16 Jahre Gefängnis und Konzentrationslager
Bischof Paul Liu Jing-he war am 30. Dezember 1920 als Sohn einer katholischen Familie in Tanghan geboren worden. Nach dem Besuch katholischer Schulen trat er in das Priesterseminar ein und wurde 1945 in Peking zum Priester geweiht. Zunächst wirkte er in der Pfarrseelsorge in Lulong und Tangshan. Bereits Anfang 1946 wurde er erstmals von den Kommunisten verhaftet. Nach 14 Monate Gefängnis erfolgte im März 1947 die Freilassung. 1954 folgte die zweite Verhaftung. Diesmal muß er zwei Jahre im Gefängnis verbringen. 1966 wird nach dem Ausbruch der „Großen Proletarischen Kulturrevolution“ ein drittes Mal verhaftet. Nach drei Jahren Haft wird er zwar offiziell aus dem Gefängnis entlassen, landet aber in einem Konzentrationslager, offiziell „Verbesserungslager durch Arbeit“ genannt, in dem er neun Jahre „Umerziehung“ über sich ergehen lassen muß. In dieser Zeit wird der Lagerhäftling als Arbeiter in einem Textilbetrieb, einem Chemiewerk und in einem Steinbruch eingesetzt. Alle Unternehmen sind staatlich und mit dem Lagerkomplex verbunden.
Er unterwirft sich schließlich dem Regime und wird Mitglied der Patriotischen Vereinigung. 1979 deshalb aus dem KZ entlassen, beginn eine steile regimetreue Karriere. 1981 von Peking zum Bischof von Yongping (Lulong) gemacht, benutzt ihn das Regime als katholisches Aushängeschild. Er ist von 1983–2003 Abgeordneter des sechsten bis neunten erweiterten Parlaments und von 1992–1998 stellvertretender Vorsitzender der Patriotischen Vereinigung. Schließlich beginnen Kontakte mit der Untergrundkirche und mit offiziellen Vertretern des Vatikans, die zur Aussöhnung mit Rom und dem Bruch mit dem Regime führen.
Text: Asianews/Giuseppe Nardi
Bild: Asianews
Braccio di ferro fra fedeli e governo per la sepoltura di mons. Liu Jinghe, vescovo di Tangshan
(Peking) Seit zwei Tagen halten die Katholiken in der Kathedrale von Tangshan Totenwache am Sarg von Bischof Paul Liu Jing-he. Der Diözesanbischof von Lulong ist am vergangenen 11. Dezember verstorben. Die Totenwache gilt nicht nur dem Gebet für den ehemaligen Oberhirten. Die Gläubigen halten auch Wache, um die Leiche vor einem Zugriff der chinesischen Polizei zu schützen. Bischof Liu Jing-he soll, wie es auch seinem Wunsch entspricht, auf dem katholischen Friedhof begraben werden. Die Behörden wollen ihn jedoch
Die Spannung in der Diözese ist hoch. Die Gläubigen sind empört und empfinden die Einmischung des Regimes sogar in der Frage des Bestattungsortes als Störung der Totenruhe. Am Mittwoch mußten alle Pfarrer der Diözese im staatlichen Büro für Religionsangelegenheiten erscheinen. Erwartet wurden sie dort auch von hohen Funktionären der örtlichen Sicherheitsbehörden. Vorgeladen wurden sie wegen eines offenen Briefes, den sie in den Tagen zuvor verbreitet hatten. Die Internetseite der Diözese, auf der der Brief ebenfalls veröffentlicht wurde, ließ die Religionsbehörde abschalten. Die Telefone der Priester werden überwacht.
Die Gläubigen erwarten sich daher einen gewaltsamen Versuch der Polizei, in die Kathedrale einzudringen und die Leiche des toten Bischofs zu rauben.
Bischof Pauul Liu Jing-he, der am Mittwoch der Vorwoche im Alter von 92 Jahren verstorben ist, war ein „patriotischer“ Bischof. Er war durch das kommunistische Regime, aber ohne die Zustimmung des Papstes ernannt und 1981 geweiht worden. Für die katholische Kirche gilt die Diözese Yongping (Lulong) bereits seit 1948 als vakant. Bis 1983 gab es noch einen Apostolischen Administrator, der jedoch keinen Zugriff auf die Diözese hatte.
Das kommunistische Regime setzte eigenmächtig, allerdings unregelmäßig seit 1958 eigene Bischöfe ein. So 1981 auch Paul Liu Jing-he. Der unrechtmäßig geweihte Bischof versöhnte sich unter Papst Benedikt XVI. jedoch mit Rom und wurde zu einem aufrechten Glaubenszeugen in einem Land, in dem die Kirche schwerer Verfolgung ausgesetzt ist. Er widerstand dem politischen Druck der Kommunistischen Partei, aber auch der regimehörigen Patriotischen Vereinigung, in die das Regime die chinesischen Katholiken zwingen möchte. Gegen alle Versuche ihn zu zwingen, unrechtmäßige Bischofsweihen vorzunehmen oder an solchen teilzunehmen, setzte er sich erfolgreich zu wehr.
In seinem Testament legte er ausdrücklich fest, im katholischen Friedhof von Lulong begraben zu werden, wo auch der erste und bisher einzige katholische Ordinarius von Yongping, der niederländische Lazzarist Msgr. Ernst Geurst begraben liegt. Geurts war von 1899–1924 Apostolischer Vikar von Ostzhili, wozu auch Yongping gehört. Nach der Teilung des großen Vikariats war er von 1924 bis zu seinem Tod am 21. Juli 1940 Apostolischer Vikar von Yongping. Auf dem Friedhof wurden seit 1924 zahlreiche Priester und Ordensleute begraben. Der Wunsch von Bischof Liu Jing-he war es, durch die Bestattung an der Seite von Bischof Geurst und neben den Brüdern im Priesteramt die Einheit mit Rom und die Präsenz der romtreuen Kirche zu unterstreichen.
Bischof Paul Liu Jing-he war am 30. Dezember 1920 als Sohn einer katholischen Familie in Tanghan geboren worden. Nach dem Besuch katholischer Schulen trat er in das Priesterseminar ein und wurde 1945 in Peking zum Priester geweiht. Zunächst wirkte er in der Pfarrseelsorge in Lulong und Tangshan. Bereits Anfang 1946 wurde er erstmals von den Kommunisten verhaftet. Nach 14 Monate Gefängnis erfolgte im März 1947 die Freilassung. 1954 folgte die zweite Verhaftung. Diesmal muß er zwei Jahre im Gefängnis verbringen. 1966 wird nach dem Ausbruch der „Großen Proletarischen Kulturrevolution“ ein drittes Mal verhaftet. Nach drei Jahren Haft wird er zwar offiziell aus dem Gefängnis entlassen, landet aber in einem Konzentrationslager, offiziell „Verbesserungslager durch Arbeit“ genannt, in dem er neun Jahre „Umerziehung“ über sich ergehen lassen muß. In dieser Zeit wird der Lagerhäftling als Arbeiter in einem Textilbetrieb, einem Chemiewerk und in einem Steinbruch eingesetzt. Alle Unternehmen sind staatlich und mit dem Lagerkomplex verbunden.
Er unterwirft sich schließlich dem Regime und wird Mitglied der Patriotischen Vereinigung. 1979 deshalb aus dem KZ entlassen, beginn eine steile regimetreue Karriere. 1981 von Peking zum Bischof von Yongping (Lulong) gemacht, benutzt ihn das Regime als katholisches Aushängeschild. Er ist von 1983–2003 Abgeordneter des sechsten bis neunten erweiterten Parlaments und von 1992–1998 stellvertretender Vorsitzender der Patriotischen Vereinigung. Schließlich beginnen Kontakte mit der Untergrundkirche und mit offiziellen Vertretern des Vatikans, die zur Aussöhnung mit Rom und dem Bruch mit dem Regime führen.