
(Rom) Einmal angestoßen, will die Gerüchteküche um größere personelle Umbauten an der Römischen Kurie nicht so schnell wieder verstummen. Die erste Gerüchtewelle rollte vor wenigen Tagen und berief sich auf eine „exotische“ Quelle, die katholische Wochenzeitung Herald des Erzbistums Kuala Lumpur in Malaysia bzw. dessen Online-Ausgabe Herald Malaysia Online. In der Regel sind es italienische Medien, die als erste gerüchteweise personelle Neuerungen berichten. Das gilt auch für die neuen Gerüchte, die heute von Fanpage.it verbreitet wurden. Sie betreffen die Nachfolge des Kardinalvikars von Rom, ein Amt, das seit 2008 Kardinal Agostino Vallini innehat.
Vallini, ein renommierter Jurist, der zuvor Präfekt der Apostolischen Signatur an der Römischen Kurie war und bis 2004 das suburbikarische Bistum Albano der Kirchenprovinz Rom leitete, war von 1989–1999 auch Weihbischof von Neapel.
Vallini wurde in Poli im Bistum Tivoli geboren und stammt damit aus Latium, dem Gebiet des alten Kirchenstaates. 2006 kreierte Papst Benedikt XVI. den 1940 geborenen Vallini zum Kardinal.
Da der Papst nicht selbst seine Aufgaben als Bischof von Rom wahrnehmen kann, ernennt er dafür einen Vikar, der ihn in allen die Diözese Rom betreffenden Angelegenheiten vertritt.
Kardinalvikar Vallini vollendete bereits im Juni 2015 sein 75. Lebensjahr und bot Papst Franziskus seinen Rücktritt an. Spekulationen gehen davon, daß der Kardinal bis zum Ende des Heiligen Jahres der Barmherzigkeit im Amt bleiben wird. Auf seine Emeritierung weise hin, so Fanpage, daß Vallini seinen persönlichen Sekretär zusätzlich zum Pfarrer der römischen Stadtpfarrei San Roberto Belarmino ernannte, die übrigens die römische Titularkirche von Kardinal Jorge Mario Bergoglio vor seiner Wahl zum Papst war.

Erzbischof Bruno Forte
Laut Fanpage stehe als Nachfolger von Kardinalvikar Vallini der Erzbischof von Chieti-Vasto, Msgr. Bruno Forte, „in der Pole Position“. Erzbischof Forte wurde in jüngster Zeit als Sondersekretär der doppelten Bischofssynode über die Familie bekannt und nahm dabei eine umstrittene Rolle ein. Forte war bereits unter Benedikt XVI. für eine „gemäßigt progressive“ Position bekannt, die unter Papst Franziskus weit deutlicher zum Ausbruch kam. Von ihm stammen die heftig kritisierten Passagen zur Homosexualität im Zwischenbericht der Bischofssynode 2014.
Am vergangenen 2. Mai enthüllte der Erzbischof im Stadttheater von Vasto einige Details zu den Hintergründen des umstrittenen nachsynodalen Schreibens Amoris laetitia. Papst Franziskus habe ihm als Sondersekretär für die Abfassung des Synodendokuments folgende Anweisung erteilt:
„Wenn wir ausdrücklich von Kommunion für wiederverheiratet Geschiedene sprechen, wer weiß, was die uns dann für ein Casino [einen Wirbel] machen. Wir reden deshalb nicht direkt davon. Mach es so, daß die Prämissen gegeben sind, die Schlußfolgerungen ziehe dann ich.“

Bischof Giancarlo Bregantini
Als zweiter Stelle des „Dreiervorschlags“ nennt Fanpage Msgr. Giancarlo Bregantini, den Bischof von Campobasso-Bojano. Er hatte sich als Bischof von Locri-Gerace in Kalabrien italienweit einen Namen gemacht wegen seiner harten Verurteilung der ʹNdrangheta, der kalabresischen Mafia. Papst Benedikt XVI. versetzte den Bischof aus dem Stigmatinerorden 2007 aus Sicherheitsgründen nach Molise. Papst Franziskus beauftragte ihn die Meditationen für den Kreuzweg 2014 beim Kolosseum zu formulieren. Im Gegensatz zu Erzbischof Forte, wird Bischof Bregantini zu den „konservativsten“ unter Italiens Bischöfen gerechnet.
Bischof Marcello Semeraro
An dritter Stelle findet sich der Name von Msgr. Marcello Semeraro, der Bischof von Albano ist, wie es auch Kardinal Vallini war. Semeraro wurde erst unter dem derzeitigen Papst bekannt. Dieser ernannte ihn zum Sekretär des C9-Kardinalsrates zur Unterstützung des Papstes bei der Kurienreform und der Leitung der Weltkirche. Semeraro gilt als Papst-Vertrauter. Tatsächlich bemühte er sich seither auffallend und mit Nachdruck in der Öffentlichkeit die tatsächliche oder vermeintliche Position von Franziskus zu verteidigen. Dabei fiel er besonders durch einen scharfen Angriff gegen die dreizehn Kardinäle unter den Synodalen auf, die Papst Franziskus am Beginn der Bischofssynode 2015 einen Brief schrieben. Die Kardinäle brachten schwerwiegende Bedenken zum Ausdruck und äußerten den Verdacht, nur Statisten zu sein, während die Entscheidungen bereits getroffen seien. Als Diözesanbischof legte sich Bischof Semeraro zudem mit der Priesterbruderschaft St. Pius X. an, deren italienischer Distriktsitz sich in Albano Laziale befindet, dem Bischofssitz Semeraros.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Wikicommons/MiL