
(Brüssel) Eine katholische Klinik in Belgien wurde verurteilt, weil es das Euthanasiegesetz nicht angewandt hat. Ein Urteil mit schwerwiegenden Folgen.
In Löwen wurde ein Urteil gefällt in einem Verfahren, das seit vergangenem Januar andauert und einen Vorfall im Jahr 2011 betrifft. Die katholische St. Augustinus-Klinik wurde verurteilt, einen Schadenersatz von 6.000 Euro zu zahlen, weil es dem Wunsch einer Tochter nicht nachgekommen ist, die Mutter zu euthanasieren.
Katholische Klinik wegen Euthanasie-Verweigerung verurteilt
Mit dem Urteil wird von den Richtern katholischen Einrichtungen faktisch das Recht abgesprochen, sich der Euthanasie zu verweigern. Eine Verweigerung aus Gewissensgründen, die von der Direktion der Klinik geltend gemacht wurde, fand bei den Richtern kein Gehör.
Das Urteil bedeutet einen weiteren Schritt in Richtung Zwangseuthanasie. Wer kann sich bei Umsetzung des Richterspruchs in Belgien noch seines Lebens sicher fühlen? Jede Einrichtung, ob kirchlich oder privat, die sich der Tötung von Menschen verweigert, läuft Gefahr, bestraft zu werden. Der Druck, sich dem Gesetz des Stärkeren zu beugen, in diesem Fall dem Staat, wurde durch das Urteil für christliche Einrichtungen deutlich erhöht.
Die mit dem Urteil verhängte Summe könnte nur der Anfang sein. Eine Weigerung katholischer Einrichtungen, die Euthanasie zu praktizieren, könnte in der nächsten Runde zu schärferen Strafen führen. Wie andere Bereiche zeigen (Abtreibung, Pille danach, „Homo-Ehe“) ist ein regelrechter Kampf gegen die Gewissensfreiheit entbrannt.
Eine sich zunehmend ideologisierende Richterschaft zwingt dem Staat Gesetze auf und könnte auch katholische Einrichtungen gefügig machen wollen. Das Urteil von Löwen weist in diese Richtung.
Laut Statistischem Jahrbuch der Kirche betreibt die Katholische Kirche weltweit 5.305 Krankenhäuser, 17.223 Altersheime und Behinderteneinrichtungen sowie 9.882 Waisenhäuser. Einrichtungen, in denen sich die Kinder, Kranken und Alten sicher fühlen können sollen, auch wenn der Staat ringsum ungeborene Kinder durch Abtreibung und Kranke und Alte durch Euthanasie töten läßt.
Der Weg zum „ethischen“ und „nachhaltigen“ Staat, der in der Politik gerne erwähnt wird, entpuppt sich zunehmend als ein tödlicher Weg. Die Urteile und Parlamentsentscheide zur Legalisierung der Abtreibung haben vor 40 Jahren den ersten Schritt gesetzt.
In Belgien wurde die Euthanasie bereits vor 14 Jahren legalisiert. Das Land sieht sich als Avantgarde, weshalb es kaum mehr nennenswerten kulturellen Widerstand gegen die Unkultur des Todes gibt. Eine Änderung des Abtreibungs- und Euthanasiegesetzes erscheint derzeit aussichtslos. Der Kampf geht vielmehr um die Anerkennung eines Rechts auf Gewissensfreiheit und damit der Möglichkeit, des Einzelnen, sich aus Gewissensgründen der dominanten Todeskultur zu verweigern.
Ideologischer Kampf gegen die Kultur des Lebens
In Löwen war die 74 Jahre alte Mariette Buntjens an Krebs erkrankt. Die Leitung der katholischen St. Augustinus-Klinik weigerte sich, den Wunsch der Tochter zu erfüllen und die Mutter zu euthanasieren.
Es besteht der Verdacht einer ideologisch motivierten Klage. Im vergangenen Januar hatte der neue Erzbischof von Mecheln-Brüssel, Msgr. Jozef De Kesel, erklärt, daß keine katholische Einrichtung sich gezwungen fühlen müsse, das Euthanasiegesetz zu befolgen.
Kurz darauf brachte Nadine Engelen, die Tochter von Mariette Buntjens, eine Anzeige wegen der erwähnten Euthanasieverweigerung von 2011 ein, obwohl der Fall bereits Jahre zurücklag. Durch die Verweigerung der Euthanasie, so die Tochter, sei ihrer Mutter ein „moralischer und biologischer Schaden“ zugefügt worden.
Das zuständige Gericht gab ihr recht und erkannte nicht in der Tötung einen „Schaden“, sondern im Verhalten der katholischen Einrichtung. Man geht kaum fehl, wenn man dahinter einen Versuch sieht, eine nicht konforme Katholizität gefügig machen zu wollen.
Belgien ist nicht das einzige europäische Land, in dem die Gewissensfreiheit durch die Euthanasie bedroht ist. In den benachbarten Niederlanden, in denen es seit 2001 ein Euthanasiegesetz gibt, gilt das gleiche. Eine Weigerung aus Gewissensgründen ist im Gesetz nicht vorgesehen. Der jakobinische Staat betreibt „Zwangsbeglückung“.
Aus Kanada kommen ähnliche Meldungen. Das neue Euthanasiegesetz gilt als das schlimmste der Welt. Laut einem Bericht von Provita gibt es dort schwerwiegende Probleme, wenn Ärzte oder katholische Einrichtungen sich aus Gewissensgründen der Tötung von Menschen verweigern. Will Johnston, der Vorsitzende der Canadian Physicians for Life, einer Vereinigung von Ärzten für das Leben, machte jüngst auf den schwerwiegenden Mangel im Gesetz aufmerksam, das die Gewissensfrage mit keinem Wort erwähnt.
Die Lage sei sogar noch schlimmer, so Johnston: Das Gesetz zwinge einen Arzt, dem von einem Patienten der Wunsch nach Euthanasierung vorgebracht wird, die zuständigen Stellen zu informieren. Auf diese Weise mache er sich mitschuldig, weil er zwangsweise in den Euthanasieprozeß eingebunden wird.
Gleicher Ansicht ist der Rechtsanwalt Albertos Plizogopoulos: „Das neue Gesetz verletzt auf schwerwiegende Weise das Grundrecht auf Gewissensfreiheit, das von der kanadischen Rechtsordnung garantiert wird.“
In Kalifornien wurde jüngst ein Euthanasiegesetz beschlossen. Der Weg dahin folgte einem bekannten Schema. Ein spezieller Fall wurde von einer Euthanasie-Vereinigung medial geritten, die Euthanasie als Akt des Mitleids dargestellt und deren Verweigerung als Akt fehlenden Mitleids und der Diskriminierung. Die Euthanasie-Vereinigung feierte ihren Erfolg, gerade weil das neue Gesetz keine Möglichkeit der Verweigerung aus Gewissensgründen vorsieht. Ähnlich ist die Lage in den Staaten Washington, Oregon und Vermont.
Ein Blick auf andere europäische Staaten zeigt, daß die von den Euthanasie-Organisationen vorgebrachten Gesetzentwürfe nirgends eine Klausel vorsehen, mit der die Gewissensfreiheit anerkannt wird.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: righttolife.org.nz (Screenshot)