
(Rom) Die Pille danach NorLevo wird in Italien seit 4. März rezeptfrei an erwachsene Frauen abgegeben. Das chemische Präparat hat sowohl verhütende als auch abtreibende Wirkung.
Verhütende Wirkung hat NorLevo vor allem, je weiter entfernt sie vom Tag des Eisprungs eingenommen wird also zu einem Zeitpunkt, wo die Wahrscheinlichkeit schwanger zu werden, ohnehin geringer ist. Wird sie in unmittelbarer Nähe zum Zeitpunkt des Eisprungs eingenommen, ist eine abtreibende Wirkung nicht auszuschließen. Das Präparat könnte dann nicht die Befruchtung verhindern, sondern die Einnistung des Embryos in der Gebärmutter, was seinen Tod bedeutet.
Schwangerschaft und Kind als „Risiko“
Diese verhütende wie abtreibende Wirkung wird, wenn auch ziemlich verschleiert, auf dem Beipackzettel zu NorLevo angegeben. Die Pharmaindustrie wirbt für das Präparat mit dem Satz: „NorLevo kann das Risiko einer Schwangerschaft deutlich verringern“. Die Schwangerschaft und das Kind werden als „Risiko“ dargestellt. Die Aussage trifft die vorherrschende Grundhaltung.
Müssen minderjährige Mädchen, da die „Pille danach“ nur an volljährige Frauen rezeptfrei abgegeben wird, sich also mit einem ärztlichen Rezept beim Apotheker einfinden? Laut Gesetz theoretisch ja, doch kann die Bestimmung leicht umgangen werden. Es genügt, daß statt der Minderjährigen eine volljährige Freundin die Apotheke betritt und NorLevo rezeptfrei kauft.
„Die Entscheidung der zuständigen Behörde, ein Präparat zum freien Verkauf freizugeben, das den Tod von Tausenden von Kindern zur Folge haben kann, hat eine moralische und soziale Relevanz“, so Corrispondenza Romana.
Die Abtreibungsbefürworter waren mit der Parole ausgezogen, die Abtreibung der Illegalität zu entreißen, um die Gesundheit der Frau zu schützen. Das ungeborene Kind spielte für sie ohnehin keine Rolle. Es ging um Macht und freie Verfügbarkeit der Sexualität ohne Konsequenzen.
„Pille danach“ und Mifegyne entziehen Tötung Ungeborener jeder Erfassung
Da es eine solche aber nicht gibt, müssen jährlich allein in Italien, laut offiziellen Angaben, rund 100.000 ungeborene Kinder sterben. Die Pille danach „sozialisiert“ die Abtreibung noch mehr, da der Schritt zum Abtreibungsarzt und des externen Tötungseingriffs entfällt und durch die medikamentöse Tötung im stillen Kämmerlein durch die Mutter selbst ersetzt wird. Damit entfällt jede Erfassung. Keine Statistik kann die Anwendung der Abtreibungspille Mifegyne zählen, erst recht nicht eine Tötung durch die „Pille danach“. Die Anzahl der abgegeben Präparate dient bestenfalls als ungefährer Richtwert. Die Abtreibung soll damit jeder öffentlichen Diskussion entzogen werden.
In Italien ist die Abgabe der „Pille danach“ sogar gesetzeswidrig, da sie dem Abtreibungsgesetz 194 von 1978 widerspricht. Das Gesetz sieht vor, daß der gesamte Ablauf der Abtreibung in all seinen Etappen im Krankenhaus und damit unter ärztlicher Aufsicht stattfinden muß. Das bedeutet auch, daß die Abtreibung einer Kontrolle und Überwachung unterworfen sein sollte. Durch die Abgabe der „Pille danach“ und von Mifegyne ist das nicht der Fall.
Die „Pille danach“ banalisiert die Tötung eines ungeborenen Kindes noch mehr. Das gilt nicht für die gesetzliche und medizinische Kontrolle, sondern auch für das Bewußtsein der Frau. Der Gang zum Beratungstermin, der Gang zur chirurgischen Abtreibung hat eine andere psychologische Wirkung, vielleicht auch abschreckende Wirkung, als ein klammheimlicher Tötungsakt durch Schlucken einer Tablette in den eigenen vier Wänden.
Wenn die „Pille danach“ abtreibend wirkt, wird es der Frau nicht einmal bewußt. Sie bleibt im „Glauben“, ein verhütendes Präparat geschluckt zu haben.
„Diabolisches Instrument“
Die medikamentöse Abtreibung, ob gezielt (Mifegyne) oder als Nebenwirkung (Pille danach), „ist wirklich ein diabolisches Instrument“, so Corrispondenza Romana. Es ist bekannt, daß eines oder mehrere Gewehre von Hinrichtungskommandos mit Platzpatronen geladen wurden. Die Soldaten wußten nicht, wer ein Gewehr mit Platzpatronen und wer ein Gewehr mit scharfer Munition in der Hand hielt. Die Maßnahme sollte eine kleine Hintertür gegen Gewissensbisse offen lassen, die einem zum Tode Verurteilten das Leben zu nehmen hatten. Jeder Soldat konnte zumindest im Zweifel hoffen, daß er vielleicht mit Platzpatronen geschossen hatte.
Nicht anders ist es mit der „Pille danach“. Die Mädchen und Frauen nehmen sie ein, in der Hoffnung, daß sie verhütend wirkt. Selbst wenn sie von der möglichen abtreibenden Wirkung erfahren, können sie sich darauf hinausreden, daß es keine Gewißheit gibt, daß sie ihr Kind getötet haben.
Mit der Freigabe der „Pille danach“ erfährt das Phänomen Abtreibung eine weitere Ausbreitung. Die chirurgische Abtreibung erlebt einen Rückgang. In Italien wurden vor 30 Jahren jährlich fast 250.000 Kinder getötet, 2015 waren es weniger als 100.000. Die Gründe sind vielfältig. Dazu gehört der generelle Rückgang von Schwangerschaften, weil die Zahl einheimischer, europäischer Frauen im gebärfähigen Alter schrumpft und die Verhütungsmentalität einen Großteil der Frauen im physischen und psychischen Würgegriff hält. Hinzu kommt eine zunehmende Unfruchtbarkeit der einheimischen Bevölkerung in westlichen Staaten. Die Ursachen dafür sind unzureichend erforscht. Und schließlich entziehen Kryptoabtreibungen durch chemische Präparate den Abtreibungsärzten die Kundschaft. Die offizielle Statistik erfaßt diese Opfer aber nicht.
Abtreibungsmigration vom OP-Saal ins private Wohnzimmer
Konkret findet eine Abtreibungsmigration vom Operationssaal ins private Wohn- oder Schlafzimmer statt. In Ermangelung einer konkreten Erfassung, müssen Schätzungen genügen. In Italien werden sie mit 60.000–100.000 angegeben.
Gleichzeitig wurde das Recht auf Gewissensverweigerung ausgeweitet. Bis zum 4. März war ein Apotheker verpflichtet, einer Frau mit Rezept NorLevo auszuhändigen. Der Oberste Verwaltungsgerichtshof lehnte eine Verweigerung aus Gewissensgründen ab. Mit der rezeptfreien Abgabe muß der Apotheker nun nach seinem Gewissen entscheiden. Er kann aus Gewissensgründen die Abgabe verweigern. Der Gesetzgeber läßt erkennen, daß ihm bewußt ist, eine schlechte Handlung zu legalisieren. Gleichzeitig stellt sich die Frage, wie viele Apotheker von ihrem Recht auf Gewissensverweigerung Gebrauch machen werden.
In der Bundesrepublik Deutschland ist die „Pille danach“ seit März 2015 als „Notfallverhütung“ rezeptfrei zu haben. Damit wurde einer Freigabe durch die EU-Kommission Folge geleistet. Pro Familia, der bundesdeutsche Ableger der weltgrößten Abtreibungslobby Planned Parenthood, hatte mit Kampagnen für die Freigabe geworben. Politisch erfolgte ein Vorstoß für die rezeptlose Abgabe an Mädchen ab 14 Jahre – auch gegen den Willen der Eltern oder des Erziehungsberechtigten – auf einen gemeinsamen Antrag der grün-roten Landesregierung von Baden-Württemberg und der rot-grünen Landesregierung von Nordrhein-Westfalen. Die CDU verweigerte sich der Umsetzung auf Bundesebene, bis mit der EU-Freigabe auch dieser Widerstand hinweggefegt wurde. Ab 14 Jahren haben Mädchen uneingeschränkt Zugang zur „Pille danach“.
In Österreich ist die „Pille danach“ seit 2009 rezeptfrei zu haben. Die Initiative dazu ging auf SPÖ und Grüne zurück. Die rot-schwarze Bundesregierung stimmte dem zu, da die christdemokratische ÖVP keine klare Linie zum Thema hatte.
In der Schweiz ist die „Pille danach“ seit 2002 rezeptfrei erhältlich, kann aber vom Apotheker erst nach einem „ausführlichen Gespräch“ abgegeben werden. Was das konkret in der Praxis heißt, läßt sich schwer überprüfen.
Moralisch sorglose Vorreiter waren Frankreich und Portugal, wo die „Pille danach“ schon seit 1999 bzw. 2000 rezeptfrei zu bekommen ist. 2001 folgten Großbritannien, Belgien, Dänemark und Schweden.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Corrispondenza Romana
Die Namen der Präparate ändern sich (NorLevo in CH, Vikela in A, PiDaNa in D) der Preis für eine Pille beläuft sich auf rund 15 Euro. In Deutschland übernimmt die gesetzliche Krankenkasse die Kosten für die „Notfallverhütung“. Sowenig ist die Weitergabe des Lebens und das Leben selbst wert.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Corrispondenza Romana