
(Rom) Die Synoden-Nullrunde scheint längst der Vergangenheit anzugehören, zumindest für den Medientroß. Dieser beschäftigt sich lieber mit leichterer Kost, zum Beispiel dem Dauerbrenner, seit Luther eingedenk, von „finsteren Machenschaften im päpstlichen Rom“.
Mit der Ankündigung von zwei „Enthüllungsbüchern“, jenes von Gianluigi Nuzzi, wurde heute in Rom vorgestellt, berichteten einige Medien skandalträchtig über einen „Fondo Sante Messe“ (Fonds Heilige Messen), der bei der Vatikanbank IOR angesiedelt ist.
Der Fonds Heilige Messe
Der Fonds enthält 2,971 Millionen Euro. Laut statutarischem Zweck sollen aus dem Ertrag Meßstipendien finanziert werden. Im Jahr 2014 wurden aus der stolzen Summe aber lediglich bescheidene 35.000 Euro (1,178 Prozent) für den Stiftungszweck aufgewandt.
„Doch bei dieser Enthüllung handelt es sich nicht um ein Geheimnis. Das stand schon alles schwarz auf weiß im Jahresbericht 2014, der von der Vatikanbank IOR im vergangenen Frühjahr veröffentlicht wurde“, so der Vatikanist Sandro Magister.
Magister hatte damals im Artikel „Das IOR liest keine Messe mehr“ darüber berichtet.
Eine eigene Kommission entscheidet über die Ausschüttung der Fondsmittel an Priester zum Zweck der Meßzelebration. Diese Kommission besteht, neben Funktionären der Vatikanbank, vor allem aus dem päpstlichen Hausprälaten derselben, nämlich Msgr. Battista Ricca.
Der enge Kreis der Papst-Vertrauten
“Im engen Kreis der Mitarbeiter, die Papst Franziskus am nächsten stehen und die sein Vertrauen genießen, hat Msgr. Ricca einen absolut herausragenden Platz, auch als Direktor von Santa Marta“, so Magister.
Dafür spricht, daß Papst Franziskus ihn zu seinem persönlichen Delegaten für die Vatikanbank und zu derem Hausprälaten ernannte, obwohl der italienische Vatikandiplomat zeitgleich wegen homosexuellen Lebenswandels die Schlagzeilen der Medien füllte. Das Wochenmagazin L’Espresso titelte damals: „Der Prälat der Homo-Lobby“.
Auch Francesca Chaouqui und Msgr. Lucio Angel Vallejo Balda gehörten zum innersten Kreis der Papst-Vertrauten. Chaouqui öffnete sich die Türen bis in das Amtszimmer des italienischen Ministerpräsidenten. Sie stellte diesem und jenem führenden Politiker Privataudienzen beim Papst in Aussicht. Die Versprechungen konnte sie zwar meist nicht einlösen, doch im Rom der „oberen Zehntausend“ hatte sie sich ihren Platz erobert.
Schließlich fielen beide hinter den Vatikanischen Mauern in Ungnade und wurden sogar verhaftet.
Msgr. Ricca und der Satz, der wie kein anderer auf diesem Pontifikat lastet
„Ricca ist immer noch dort und genießt das Vertrauen des Papstes“, so Magister. Mit Msgr. Ricca und seinen homosexuellen Eskapaden in Uruguay hängt der umstrittenste aller Sätze von Papst Franziskus zusammen. Das Kirchenoberhaupt war zu Ricca befragt worden, als es die Antwort gab: „Wer bin ich, um zu urteilen?“.
Damit zurück zum Fonds Heilige Messen. Der Fonds hat sich in den vergangenen drei Jahren verdreifacht. Im selben Zeitraum schrumpften allerdings Neuzuwendungen auf ein Viertel. Die ohnehin nicht üppigen Ausschüttungen an zelebrierende Priester reduzierten sich auf ein Drittel. So steht es im Jahresbericht 2014 der Vatikanbank IOR.
Der Fonds bestand Ende 2011 aus 1,11 Millionen Euro. 2012 erfolgten Neuzustiftungen im Wert von 1,16 Millionen, 2013 von 610.000 und 2014 von 277.000 Euro.
Im selben Zeitraum sanken die Ausschüttungen an Priester von 92.000 2012 auf 59.000 2013 und 35.000 2014. Der Fonds ist praller gefüllt denn je, wird aber kaum für seinen Zweck genützt: Meßstipendien zur Zelebration von Heiligen Messen.
Die für die Ausschüttungen zuständige Kommission besteht aus IOR-Hausprälat Msgr. Ricca, dem IOR-Präsident, IOR-Generaldirektor und einem weiteren IOR-Funktionär.
Der Fonds Heilige Messen ist der bestdotierteste unter den vier IOR-Fonds für wohltätige Zwecke.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Feltrinelli