Aus der Handreichung Vorrangige Option für die Familie. 100 Fragen und 100 Antworten im Zusammenhang mit der bevorstehenden Bischofssynode über die Familie vom 4. bis 25. Oktober 2015 im Vatikan.
35. Frage: Wenn es schon nicht möglich ist, die Lehre als solche zu ändern, ist es dann wenigstens erlaubt, durch eine neue Pastoral die kirchliche Disziplin über die Familie zu modifizieren?
Antwort: Es hängt davon ab, was man unter „Disziplin“ versteht. Häufig bezeichnet dieser Begriff nur ein System von praktischen Regeln, die den Menschen in ihrem Denken und Tun behilflich sein sollen. In diesem Sinn kann sie geändert werden. Es stimmt, dass es in der Katholischen Kirche auf Vereinbarung beruhende und daher abänderbare disziplinarische Konventionen gibt; es gibt aber auch disziplinarische Regeln göttlichen Rechts, wie zum Beispiel die Zehn Gebote, die von der kirchlichen Obrigkeit nicht geändert werden können.
Was die Ehe und Familie betrifft, sind einige der geltenden disziplinarischen Normen göttlichen Ursprungs, bestätigt und vervollständigt durch Jesus Christus selbst und deshalb für die Kirche verbindlich; sie können von niemandem geändert werden, auch nicht vom Papst.
„Es ist jedoch unbedingt zu vermeiden, dass die pastorale Sorge als Gegenposition zum Recht missdeutet wird. Man sollte vielmehr von der Voraussetzung ausgehen, dass der grundlegende Berührungspunkt zwischen Recht und Pastoral die Liebe zur Wahrheit ist“ (Benedikt XVI., Sacramentum Caritatis, Nachsynodales Apostolisches Schreiben vom 22. Februar 2007, Nr. 29).
36. Frage: Sollte sich die Kirche in vielen moralischen Fragen nicht der Mentalität und der Praxis der Mehrheit der Gläubigen anpassen, die heute eine größere Flexibilität fordern?
Antwort: Die Kirche hat die mütterliche Aufgabe, die Gläubigen zum Heil zu führen, indem sie sie auch in ihrem Familienleben heiligt. Es sind also die Gläubigen, die sich den moralischen Lehren der Kirche anpassen und dadurch in ihrem Leben die von Jesus Christus gepredigten Wahrheiten verwirklichen müssen. Wie der emeritierte Erzbischof von Bologna, Kardinal Giacomo Biffi, richtig zu sagen pflegt, müssen die Hirten, deren Aufgabe es ist, ihre Herde zu weiden und die verlorenen Schafe zurück zur Herde zu bringen, darauf achten, dass sie sich nicht selbst verirren, wenn sie unklugen oder widerspenstigen Schafen nachlaufen.
Die Mehrheitsmeinung der Gläubigen stellt kein Kriterium der theologischen Wahrheitsfindung und schon gar keine „Quelle der Offenbarung“ dar. Hinzu kommt noch, dass die gegenwärtige öffentliche Meinung, auch die kirchliche, seit langem von Lobbies aus der Kulturszene und den Medien manipuliert wird, die eine radikale antichristliche Revolution betreiben. Der damalige Kardinal Ratzinger hat sich sehr ausführlich über die Ungültigkeit des Kriteriums der Mehrheit in moralischen Fragen geäußert.
Kardinal Müller schreibt: „Ein ernstes pastorales Problem besteht darin, dass manche heute die christliche Ehe ausschließlich anhand weltlicher und pragmatischer Kriterien beurteilen. Wer nach dem ‚Geist der Welt‘ (1 Kor 2,12) denkt, kann die sakramentale Natur der Ehe nicht begreifen. Auf dieses wachsende Unverständnis gegenüber der Heiligkeit der Ehe kann die Kirche nicht durch pragmatische Anpassung an das vermeintlich Unausweichliche reagieren; sie muss auf ‚den Geist, der aus Gott stammt‘ vertrauen (1 Kor 2,12)“ (Kardinal Gerhard Müller, Präfekt der Glaubenskongregation, Über die Unauflöslichkeit der Ehe und die Debatte in Bezug auf die zivil Wiederverheirateten und die Sakramente, in: In der Wahrheit Christi bleiben. Ehe und Kommunion in der katholischen Kirche, Echter Verlag, Würzburg 2014, S. 125).
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Angaben zur Handreichung:
Aldo di Cillo Pagotto/Robert F. Vasa/Athanasius Schneider: Vorrangige Option für die Familie. 100 Fragen und 100 Antworten im Zusammenhang mit der Synode. Vorwort von Jorge A. Kardinal Medina, Edizioni Supplica Filiale, Roma 2015, www. supplicafiliale.org
Die gedruckte Ausgabe in deutscher Sprache kann angefordert werden bei:
Deutsche Gesellschaft zum Schutz von Tradition, Familie und Privateigentum (TFP)
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