Aus der Handreichung Vorrangige Option für die Familie. 100 Fragen und 100 Antworten im Zusammenhang mit der bevorstehenden Bischofssynode über die Familie vom 4. bis 25. Oktober 2015 im Vatikan.
25. Frage: War die sexuelle Revolution nicht eine positive kulturelle Etwicklung, die den Menschen mehr persönliche Freiheit gebracht hat?
Antwort: Eine solche Auffassung von persönlicher Freiheit ist falsch und schädlich; die Freiheit wird dadurch als Willkür definiert und nicht mehr als die Fähigkeit des Menschen, sich aus freiem Willen für das Gute zu entscheiden.
In Wirklichkeit hat die sexuelle Revolution den Menschen nicht größere Freiheit, sondern vielmehr eine größere Versklavung gebracht, eine Abhängigkeit von ihren niedersten Instinkten, die sie wieder in die „Tiefen des Heidentums“ zurückführen; sie hat unter den Menschen eine Art Krieg aller gegen alle auf der Suche nach höchstmöglicher sexueller Befriedigung hervorgerufen (siehe F. López-Illana, Ehe, Trennung, Scheidung und Gewissen, in: Päpstlicher Rat für die Familie, Lexicon, Termini ambigui e discussi su famiglia, vita e questioni etiche, EDB 2006, S. 683–700).
Vom religiösen Standpunkt aus hat die sexuelle Revolution viele Menschen der von Gott geschaffenen natürlichen Ordnung, der durch Jesus Christus erwirkten Erlösung und der vom Heiligen Geist durch die Kirche geförderten Heiligung entfremdet. In Wirklichkeit bedeutet die sexuelle Revolution einen historisch gegenläufigen Prozess der Rückkehr zu alten heidnischen Sitten, durch den das sexuelle Vergnügen einen höheren Stellenwert bekommen hat als Pflichtbewusstsein und der Sinn für Verantwortung. Der sexuelle Akt wurde dadurch von der wahren Liebe getrennt und sein ursprünglicher und tatsächlicher Zweck der Zeugung von Kindern wurde zu einer lästigen Nebenerscheinung degradiert, vor der wir uns „schützen“ müssen (vgl. J.J. Pérez-Soba/S. Kampowski, ebd., Kap. 1).
26. Frage: Welcher Aspekt der sexuellen Revolution bedroht heute am schwersten die Familie?
Antwort: Ohne Zweifel ist es die Gender-Ideologie. Sie theoretisiert, dass der Mensch von Geburt an von einem anarchischen, „polimorph perversen“ Instinkt beherrscht wird, der zu jeglichem erotischen Objekt tendieren kann und für sich jede beliebige sexuelle Identität oder Rolle frei wählen kann (daher Gender = Genus = Geschlecht). Jeder hat also das Recht, frei ein Geschlecht unter vielen möglichen zu wählen, um es später eventuell durch ein anderes einzutauschen, entsprechend einer neuen „sexuellen Orientierung“.
Nach dieser Ideologie hat die sexuelle Verschiedenheit zwischen Mann und Frau, und daher ebenso zwischen Ehemann und Ehefrau und zwischen Vater und Mutter ihren Ursprung nicht in der Natur, sondern wird dem Menschen von einer willkürlichen „Kultur“ durch ein diskriminierendes und unterdrückerisches System aufgezwungen. Institutionen wie Familie, Schule und Kirche, die die Bildung und Erziehung der Kinder beeinflussen, gelten als Säulen dieses Systems und als Hindernisse für die Kinder auf ihrem Weg zu einer freien Entscheidung über ihre „sexuelle Orientierung“ und „reproduktive Rolle“.
Die Gender-Ideologie zielt darauf ab, die Kinder und die Erwachsenen „von diesem Unterdrückungssystem zu befreien“, um durch die „Dekonstruktion“ der sexuellen und reproduktive Rollenverteilung und der gesellschaftlichen Institutionen, besonders der familiären, schulischen und religiösen, eine „sexuell klassenlose Gesellschaft“ zu schaffen. Vertreter dieser Ideologie fordern daher, dass Schulprogramme und Programme der familiären „Umerziehung“ und der religiösen „Erneuerung“ das Weitergeben von Sitten und Glauben verbieten und durch die Lehren der Gender-Ideologie ersetzen sollen (vgl. O. Alzamora, Ideologia di genere: pericoli e portata (Gender-Ideologie: Gefahren und Tragweite), in: Päpstlicher Rat für die Familie, Lexicon cit. S. 545–560).
Wie man sieht, zielt diese Revolution – ausgerufen 1995 in Peking auf der 4. Weltkonferenz der UNO über die Frau – auf eine gefährliche, antichristliche, sexuelle, kulturelle und soziale Unterwanderung ab, die sich leider auch in vielen katholischen Kreisen eingeschlichen hat und im Moment mehr Reaktionen unter Eltern hervorruft als unter den Vertretern der Kirche.
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Angaben zur Handreichung:
Aldo di Cillo Pagotto/Robert F. Vasa/Athanasius Schneider: Vorrangige Option für die Familie. 100 Fragen und 100 Antworten im Zusammenhang mit der Synode. Vorwort von Jorge A. Kardinal Medina, Edizioni Supplica Filiale, Roma 2015, www. supplicafiliale.org
Die gedruckte Ausgabe in deutscher Sprache kann angefordert werden bei:
Deutsche Gesellschaft zum Schutz von Tradition, Familie und Privateigentum (TFP)
Gladiolenstrasse 11
60437 Frankfurt am Main
segreteria.supplicafiliale [a] outlook.com
www.tfp-deutschland.org
Text: Giuseppe Nardi
Bild: InfoVaticana