(Rom/Mexiko-Stadt) Heute erinnert die Kirche an die heiligen mexikanischen Märtyrer, die lieber ihr Leben gaben, als Christus zu verleugnen. Die katholische Kirche gedenkt heute des Priesters Don Cristobal Magallanes Jara und seiner 25 Gefährten, die 1927 von der freimaurerisch geführten Regierung hingerichtet wurden.
Don Cristobal wurde am 30. Juli 1869 in Totatiche geboren. Er war ein einfacher Priester und Missionar unter den Huicholen, einem Indio-Volk im Nordwesten Zentralmexikos. Dort übte er mit großem Einsatz sein Apostolat aus, besonders unter der Jugend, in der er zahlreiche Priester- und Ordensberufungen fördern konnte. Als das Seminar von Guadalajara geschlossen wurde, gründete er ein neues. So sehr sich die staatliche Verfolgung auch verschärfte: Don Cristobal gab nicht auf. Gerade wegen seines unerschütterlichen Durchhaltevermögens wurde er zum Symbol für die verfolgte Kirche. Deshalb mußte er sterben. Am 25. Mai 1927 wurde Don Cristobal von einem Exekutionskommando auf Befehl der mexikanischen Regierung an die Wand gestellt und erschossen. Papst Johannes Paul II. sprach ihn 2000 zusammen mit 25 Gefährten heilig.
Cristeros, ein unbekanntes Kapitel der Christenverfolgung
Die Geschichte der mexikanischen Cristeros ist die Geschichte vieler einfacher Menschen, die durch ihren Glauben zu Helden wurden. Sie haben ein leuchtendes Kapitel der Kirchengeschichte geschrieben, das aus verschiedenen Gründen kaum bekannt ist und offenbar in der Quarantäne bleiben soll, weil ihre Gegner von damals noch immer mächtig sind.
Die Heiligsprechung von Don Cristobal war Anstoß für den Spielfilm Cristiada (For Greater Glory), der erstmals die Aufmerksamkeit auf dieses Kapitel der Christenverfolgung lenkte. Ein Film, dessen Ausstrahlung seither nach Kräften behindert wird.
Das Verdienst von Cristiada ist es, dieses unbekannte Kapitel der Geschichte, den Aufstand des katholischen Volkes gegen ungerechte Gesetze der mexikanischen Regierung in den 1920er Jahren zu erzählen. Die einschneidenden Einschränkungen der Religionsfreiheit hatten bereits 1914 begonnen. Die liberale, von Freimaurern geführte Regierung begann den Klerus zu verfolgen und die freie Religionsausübung einzuschränken.
„El Turco“ verbot jede öffentliche Religionsausübung
Mit dem 14. März 1926 erreichte die Unterdrückung durch die von Staatspräsident Plutarco Elàa Callés geführte Regierung ihren Höhepunkt. Callés, genannt El Turco (Der Türke), mit höchsten Ehrungen der Freimaurerlogen ausgezeichnet, war ein sowjetfreundlicher Revolutionär, und das in einem zu 95 Prozent katholischen Land. Er ließ alle ausländischen Priester des Landes verweisen, schloß alle katholischen Schulen, Krankenhäuser, Waisen- und Kinderanstalten, Wohlfahrtseinrichtungen, Armenausspeisungen und natürlich alle Priesterseminare. Die Seminaristen wurden gefangengenommen und deportiert. Priester und Ordensleute durften nicht mehr als solche kenntlich sein.
Callés hob zahlreiche Diözesen auf und verbot jegliche Form öffentlicher Religionsausübung. Selbst ein Kreuzzeichen in der Öffentlichkeit konnte riskant werden. Die Verdrängung der Religion aus dem öffentlichen Raum setzte mit der Französischen Revolution ein.
Cristiada, der Film, der nicht gezeigt wird
Der Film von Dean Wright beginnt seinen Erzählstrang an dieser Stelle und schildert, was in den folgenden drei Jahren geschah. Es ist die Geschichte einer Elite von Intellektuellen, Priestern und Laien, die am 14. März 1925 nach unzähligen Bemühungen, mit dem Staatspräsidenten eine akzeptable Einigung zu finden und ihn von seinem radikalen kirchenfeindlichen Kurs abzubringen, die Nationale Liga zur Verteidigung der Religionsfreiheit gründete.
Die Liga entwickelte neue Strategien, um sich gewaltfrei den neuen Gesetzen zu widersetzen. Zuerst mit einer Petition, dann mit einem Boykott der Banken und aller staatlichen Produkte. Die Strategie war so erfolgreich, daß die Bank von Tampico und die Englische Bank in Konkurs gingen. Die Gewalttätigkeit von Callés und der mexikanischen Armee konnte dadurch nicht gestoppt werden.
Da kam es zum Aufstand und ein ganzes Volk stellte sich an die Seite dieser katholischen Elite, ein Volk, das nichts anderes forderte, als weiterhin seinen Glauben leben und bekennen zu können. Das ist der Film, der auf zahlreichen historischen Fakten beruht. Bauern, Landarbeiter, Handwerker, die anfangs mehr mit Knüppel und Sensen bewaffnet waren als mit Gewehren, gelang, was anfangs niemand für möglich gehalten hätte: sie konnten den organisierten und ausgebildeten Regierungstruppen die Stirn bieten.
„Viva Cristo Rey“ Schlachtruf, Motto und Bekenntnis der Cristeros
Das Heer der Cristeros war ein ganz ungewöhnliches Heer, entstanden aus einer Notsituation, das in vielem an katholische Volkserhebungen gegen den Terror der Jakobiner und die Napoleonische Herrschaft in Europa erinnert von Frankreich über Italien, Spanien und mit dem Tiroler Oberkommandanten Andreas Hofer bis in den deutschen Sprachraum hinein. Bewaffnet mit Pistolen und Kreuzen, stürzten sich die Cristeros mit dem Ruf „Viva Cristo Rey“ (Es lebe Christus König) in den Kampf. Ein Schlachtruf, der neben der Muttergottes von Guadalupe ihre Fahnen zierte. Daher auch ihr Name Cristeros.
Die Historiker berichten, daß diese Waffenträger eines unerschütterlichen Glaubens zwischen einer Schlacht und der anderen die Heilige Messe feierten und die Beichte ablegten. Selbst die Schichten der Wachmannschaften und anderer Dienste waren so eingeteilt, daß jeder täglich eucharistische Anbetung halten konnte. Unmittelbar vor dem Kampf bekreuzigten sich die Cristeros mit der Aufforderung: „Beten wir für uns und für sie“, ihre Gegner.
Die Cristeros gehorchten Rom und legten widerwillig die Waffen nieder – sie ahnten das Morden
Das war der entscheidende Unterschied, der die Cristeros von den liberalen und damals philosowjetischen Freimaurern unterschied, so wie er hundert Jahre zuvor die Katholiken von den Jakobinern unterschied: Sie kämpften nicht gegen ein Regime, um ein anderes Regime aufzuzwingen. Sie kämpften keinen revolutionären Kampf, um die Machthaber zu stürzen und an deren Stelle zu treten. Sie kämpften einen Kampf, um weiterhin öffentlich bekennen zu können, was sie waren: Katholiken. Aus diesem Grund legten sie 1929 in Gehorsam gegenüber Rom, aber widerwillig die Waffen nieder, als ein Waffenstillstandsabkommen unterzeichnet wurde, weil sie genau wußten, daß die Regierung sie verfolgen, an die Wand stellen oder am nächsten Strommasten aufhängen würde. Und so kam es auch. Die Grausamkeit der in blutiger Rachsucht entlang der Freileitungen aufgeknüpften Cristeros wird mit der Niederschlagung des Spartakus-Aufstandes durch Marcus Licinius Crassus verglichen.
Der Tabubruch Benedikts XVI. – „Das Blut der Märtyrer ist der Same für neue Christen“
Im Film wird José Luis Sánchez del Rio gezeigt, der mit 14 Jahren zum Fahnenträger der Cristeros wurde. Von Regierungstruppen gefangengenommen und gefoltert, weigerte er sich standhaft die Worte „Muerte a Cristo Rey“ zu wiederholen, mit denen man ihm Leben und Freiheit versprochen hatte. Am 10. Februar 1928 wurde er von einem Exekutionskommando erschossen. Er starb mit dem Ruf „Via Cristo Rey“. 2005 erfolgte im Auftrag von Papst Benedikt XVI. in Guadalajara seine Seligsprechung zusammen mit zwölf weiteren Märtyrern, in jener Stadt, in der die Christenverfolgung am brutalsten wütete.
Bei seinem Besuch in Guadalajara 2012 vollzog Benedikt XVI. den Tabubruch und sprach öffentlich den in Mexiko offiziell so lange verpönten Schlachtruf der Cristeros aus, ihr Glaubensbekenntnis „Viva Cristo Rey“. Verpönt, weil die Nachfolger Callés Mexiko bis Ende des 20. Jahrhunderts durch die faktische Einheitspartei Partido Revolucionario Institucional (PRI), Mitglied der Sozialistischen Internationale, beherrschten.
Tertullian schrieb: „Das Blut der Märtyrer, ist der Same für neue Christen“. Heute besteht in Gudalajara das größte Priesterseminar der Welt mit mehr als 1.200 Seminaristen, die sich auf das Priestertum vorbereiten. Im Juni 2012 wurde in der Seminarkirche erstmals wieder die Heilige Messe im überlieferten Ritus zelebriert. Mehr als 300 Seminaristen nahmen daran teil.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Tempi/