(Rom) Papst Franziskus sprach im vergangenen Dezember bei seiner Diagnose der „Krankheiten“ an der Römischen Kurie auch von der Notwendigkeit zur „Selbstironie“. In diesem Sinn sind die folgenden Zeilen zu lesen.
„Wenn du einen Seminaristen, einen Priester, eine Nonne, eine Novizin mit einem langen, trübsinnigen Gesicht siehst, die den Eindruck erwecken, dass über ihrem Leben eine völlig durchgeweichte Decke ausgebreitet worden wäre, eine dieser schweren Decken … die dich nach unten zieht … dann stimmt irgend etwas nicht! Aber ich bitte euch: niemals Schwestern, niemals Priester mit einem Gesicht wie ‚in Essig eingelegte Chilischoten‘, niemals! Die Freude, die von Jesus kommt. Denkt: wenn ein Priester – ich sage Priester, das gilt aber auch für Seminaristen – wenn ein Priester, eine Nonne, freudlos ist, dann sind sie traurig, dann könnt ihr denken: ‚Aber das ist ein Fall für den Psychiater‘.“
Von „essigsauer“ bis „Totengräbermiene“
Diese Worte sagte Papst Franziskus bei einer Begegnung zu Seminaristen, Novizen und Novizinnen am 6. Juli 2013 in Rom. „Ist es ein Problem, das damit zu tun hat, dass sie unbefriedigt sind? Das ja! Aber was ist der Kern dieses Mangels an Freude? Es ist ein Problem, das mit dem Zölibat zusammenhängt. Ich erkläre das. Ihr, ihr Seminaristen, Ordensleute weiht eure Liebe Jesus, einer großen Liebe; das Herz gehört Jesus, und das bringt uns dazu, das Gelübde der Keuschheit, das Gelübde des Zölibats abzulegen. Aber das Gelübde der Keuschheit und das Gelübde des Zölibats endet nicht in dem Augenblick, in dem das Gelübde abgelegt wird, es geht weiter …“
In der Weihnachtsbotschaft an die Römische Kurie nannte der Papst am 22. Dezember 2014 als 12. Krankheit: „Die Krankheit der Totengräbermiene. Es ist die Krankheit der Mürrischen und Griesgrämigen, die meinen, um seriös zu sein, müsse man ein trübsinniges, strenges Gesicht aufsetzen und die anderen – vor allem die, welche man niedriger einstuft – mit Strenge, Härte und Arroganz behandeln. In Wirklichkeit sind theatralische Strenge und steriler Pessimismus oft Symptome von Angst und mangelndem Selbstvertrauen. Der Apostel muss sich bemühen, ein freundlicher, unbeschwerter, begeisterter und fröhlicher Mensch zu sein, der Freude verbreitet, wo immer er sich befindet. Ein von Gott erfülltes Herz ist ein glückliches Herz, das Freude ausstrahlt und alle in seiner Umgebung damit ansteckt: Das sieht man sofort! Verlieren wir also nicht jenen fröhlichen, humorvollen Geist, der sogar zur Selbstironie fähig ist und der die Menschen auch in schwierigen Situationen liebenswürdig sein lässt. Wie gut tut uns eine großzügige Dosis gesunden Humors! Es wird uns sehr nützlich sein, oft das Gebet des heiligen Thomas Morus zu beten: Ich bete es jeden Tag, es tut mir gut.“
Am 4. März ließ sich Papst Franziskus bei der Generalaudienz mit einer Gemeinschaft von Priestern und Seminaristen photographieren. Nun fragt sich der Blog Call me Bergoglio polemisch, was es denn mit der Miene des Papstes auf den Bildern auf sich habe: „Totengräbermiene?“, „Ein Gesicht wie in Essig eingelegte Chilischoten?“, „Theatralische Strenge?“ Ein Leser ergänzte die Frage: „Gehören die Priester und Seminaristen vielleicht einer bestimmten Richtung an?“
Vielleicht war Papst Franziskus einfach nur müde. Wir wissen es nicht und wollen gerne Letzteres annehmen. Das wäre dann eine Mahnung in der Mahnung, mit Worten und der Zuweisung von Pathologien sorgsam umzugehen.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Photovat.com