(Rom) Kardinal Raymond Leo Burke, Kardinalpatron des Souveränen Malteserordens, wurde am Donnerstag von Papst Franziskus in Audienz empfangen.
Der US-amerikanische Kardinal, Jahrgang 1948, wurde nach Abschluß seines Theologiestudiums an der Gregoriana in Rom 1975 von Papst Paul VI. zum Priester geweiht. In den USA war er in der Seelsorge und in der Ausbildung tätig, promovierte dann an der Gregoriana in Kirchenrecht und kehrte 1984 in die USA zurück, wo er in der Seelsorge und als Vize-Kanzler seiner Heimatdiözese in Wisconsin wirkte. Wegen seines Rufs als exzellenter Kirchenrechtler holte ihn Papst Johannes Paul II. als Ehebandverteidiger an den Obersten Gerichtshof der Apostolischen Signatur nach Rom.
1994 folgte die Ernennung zum Bischof seiner Heimatdiözese La Crosse, 2003 die Berufung zum Erzbischof von St. Louis und 2008 durch Papst Benedikt XVI. die Ernennung zum Präfekten des Obersten Gerichtshofs der Apostolischen Signatur in Rom und damit zum Dikasterienleiter an der Römischen Kurie.
Am 10. November 2014 gab das Presseamt des Heiligen Stuhls im Tagesbulletin bekannt, daß Kardinal Burke am 8. November als Präfekt der Apostolischen Signatur abgelöst und zum Kardinalpatron des Souveränen Malteserordens ernannt wurde.
Der verhältnismäßig junge Kurienkardinal wurde damit als Dikasterienleiter abgesetzt, aus der Römischen Kurie entfernt und auf einen Ehrenposten ohne Anteil an der Kirchenleitung abgeschoben. Diese ungewöhnliche Degradierung hatte sich bereits im September abgezeichnet. Kardinal Burke selbst war es, der entsprechende Hinweise bekanntmachte.
Bestrafung und Entfernung aus Kirchenleitung und Bischofssynode
Der amerikanische Kardinal hatte sich wie kein anderer Kardinal der Katholischen Kirche in den vergangenen Monaten kritisch zur Amtsführung, zu Gesten, Entscheidungen und Aussagen von Papst Franziskus geäußert. Als Dikasterienleiter war Kardinal Burke von Amts wegen Synodale der Bischofssynode über die Familie. Dort spitzte sich der Konflikt zu, als er offen von „Manipulation“ und „Verrat“ sprach und Papst Franziskus vorwarf, durch die Art, wie er die umstrittenen Themen der Bischofssynode handhabt, „eine Menge Schaden angerichtet“ zu haben. Im Oktober 2015 folgt der zweite, entscheidende Teil der Bischofssynode. Durch seine Entfernung aus der Römischen Kurie kann Kardinal Burke nicht mehr von Amts wegen teilnehmen. Nur der Papst persönlich könnte ihn noch zum Synodalen ernennen, was als sehr unwahrscheinlich gilt.
Alle Beobachter, egal welcher Richtung, sahen in der Absetzung eine Bestrafung des Kardinals. Bereits im Herbst 2013 hatte Papst Franziskus den Einfluß des amerikanischen Kardinals auf die Kirchenleitung erheblich beschnitten, indem er ihn aus zwei Kongregationen entfernte. Vor allem Burkes Einfluß auf Bischofsernennungen in den USA, den dieser unter Papst Benedikt XVI. hatte, wurde gänzlich beseitigt. Unter den Kardinälen, die sich zur Verteidigung des Ehesakraments der Kasper-Fraktion widersetzten, war Kardinal Burke der eigentliche Motor. Durch seine Entfernung aus der Kurie wurde damit der Orthodoxie der dynamische Kopf genommen.
Erst zwei Monate nach der Degradierung empfing Papst Franziskus seinen Kritiker. Vor der einschneidenden Personalentscheidung kam es zu keiner Aussprache zwischen dem Papst und dem Kardinal. Franziskus hatte dem Kardinal bisher nur eine Audienz gewährt, die am 11. Juni 2013 stattfand. Über den Inhalt der gestrigen Begegnung wurde bisher nichts bekannt.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: MiL