(Rom) Die israelische Universität Bar Ilan verlieh Papst Franziskus den Award of Distinction für seine „warmherzige Haltung“ gegenüber dem Staat Israel. Von palästinensischer Seite gab es empörte Kritik.
Am Montag wurde eine Delegation der Tel Aviver Universität von Papst Franziskus in Audienz empfangen. Es handelte sich um eine offizielle Audienz, die im Bulletin des Heiligen Stuhls bekanntgegeben wurde. Anlaß des Besuchs in Rom war die Überreichung eines Ehrentitels, den die Universität dem katholischen Kirchenoberhaupt verlieh.
Mit dem Award of Distinction wollte die Universität den Einsatz des Papstes für den christlich-jüdischen Dialog, die Völkerverständigung, die Menschenrechte und seine „warmherzige Haltung“ gegenüber dem Staat Israel auszeichnen, wie Universitätspräsident Daniel Herschkowitz ausführte.
Die Palästinensische Autonomiebehörde protestierte offiziell gegen den Besuch und die Auszeichnung. Der palästinensische Außenminister Riyad al-Maliki brachte das Mißfallen der Regierung über den Besuch zum Ausdruck. Andere Palästinenservertreter wurden noch deutlicher, wie die israelische Tageszeitung Haaretz berichtete. Die Universität stehe der israelischen Rechten nahe und unterstütze die radikale Siedlerbewegung. Diese Seite versuche, Papst Franziskus für ihre Ziele zu vereinnahmen.
Universität benannt nach Rabbi Meir Berlin, Anführer des religiösen Zionismus
Die Bar-Ilan-Universität mit Sitz in Ramat Gan bei Tel Aviv wurde 1955 gegründet. Mit ihren fast 30.000 Studenten ist sie die größte Universität des Landes. Benannt ist sie nach Rabbi Meir Bar-Ilan (ursprünglich Meir Berlin), einem Anführer des religiösen Zionismus. 1911 wurde er Generalsekretär der zionistischen Misrachi-Bewegung, 1925 Vorstandsmitglied des Jüdischen Nationalfonds. Im Jahr darauf übersiedelte er nach Israel. Von ihm stammt unter dem Motto „Eretz Israel“ die Forderung nach einem Groß-Israel, das territorial durch die heutigen Grenzen des Staates Israel noch nicht erfüllt ist. Nach seinem Tod 1949 in Jerusalem wurde von der amerikanischen Misrachi-Bewegung die Gründung der Universität vorangetrieben.
Preisüberreicher ist Vertreter des politischen Arms der radikalen Siedlerbewegung
Universitätspräsident Daniel Herschkowitz ist Mathematiker und Rabbiner in Haifa. Von 2008–2012 war er erster Vorsitzender der von ihm mitbegründeten politischen Partei haBajit haJehudi (Jüdisches Heim). Sie vertritt einen jüdisch-zionistischen Nationalismus, lehnt die Errichtung eines eigenen Palästinenserstaates ab und unterstützt die jüdische Siedlerbewegung im besetzten Palästinensergebiet, die durch ihre Siedlungstätigkeit einen Anspruch auf weitere Gebiete schaffen will, die außerhalb der von der UNO festgelegten Grenzen Israels liegen. Das Jüdische Heim gilt als politischer Arm dieser jüdischnationalistischen Bewegung.
Die Partei entstand aus einem Zusammenschluß verschiedener israelischer Rechtsparteien des religiösen Zionismus. Herschkowitz vertrat die Partei von 2009–2013 als einer von drei Knessetabgeordneter im israelischen Parlament und war von 2009–2013 Minister für Wissenschaft, Technologie und Raumfahrt der zweiten Regierung Netanjahu.
Bei den Parlamentswahlen 2013 konnte das Jüdische Heim die Zahl der Abgeordneten von drei auf zwölf vervierfachen und gehört auch heute der israelischen Regierungskoalition an. Die Knesset zählt 120 Abgeordnete. Das Jüdische Heim stellt seither vier Minister im dritten Kabinett Netanjahu, darunter die Zuständigkeiten für religiöse Angelegenheiten und den Siedlungsausbau.
Der Heilige Stuhl gab keine Stellungnahme zur Audienz und zur Preisverleihung ab.
Text:Giuseppe Nardi
Bild: Wikicommons/Betlehem Schaukasten