(Paris) Ein Bürgermeister schenkt zum Schulbeginn den Schulkindern eine Schultasche. Im gender-sozialistischen Frankreich wird daraus eine Staatsaffäre mit Sexismusvorwurf. Warum? Die Schultaschen der Mädchen sind rosa, die der Jungen blau.
Joà«lle Ceccaldi-Raynaud ist Bürgermeisterin der 45.000 Einwohner zählenden Stadt Puteaux in der àŽle-de-France. Gegen sie ist eine landesweite politische Kampagne im Gange. Die erste Bürgerin fördere nicht die „Geschlechter-Gleichheit“, wie sie sich die sozialistische Regierung auf ihre Fahnen geschrieben hat. Die UMP-Politikerin gibt jedoch nicht klein bei, sondern verteidigt ihre Entscheidung.
Bürgermeisterin Ceccaldi-Raynaud schenkte allen 3.900 Kindern, die in Puteaux die Grundschule besuchen, einen Rucksack, wie er heute bei Schülern als Schultasche beliebt ist. Rosa Schultaschen für die Mädchen, blaue Schultaschen für die Jungen. In ersteren befand sich eine kleine Ausstattung, um sich Schmuck zu basteln, in letzteren ein Baukasten für einen Roboter. Die Kinder sind begeistert. Die Bürgermeisterin wurde hingegen landesweites Diskussionsthema und Opfer einer sozialistischen Kampagne: Ihr wird Sexismus vorgeworfen.
Gender-Ideologen sofort zur Stelle
Joà«lle Ceccaldi-Raynaud ist seit zehn Jahren Bürgermeisterin. Vor ihr war Vater Charles Ceccaldi-Raynaud 35 Jahre Bürgermeister von Puteaux. Es ist alte Tradition, die Schulkinder und deren Familien zum Schulbeginn zu einer Feier zu laden. Seit mindestens fünfzehn Jahren werden die Kinder dabei beschenkt: mit einer Schultasche. Es gehe darum, soziale Unterschiede auszugleichen und unnötiges Rangdenken unter Schülern zu vermeiden, begründet das Rathaus die sozialpolitisch motivierte Bildungsinitiative.
Am Tag nach der diesjährigen Feier füllten sich die Internetblogs feministischer Organisationen hingegen mit abfälligen, ja verächtlichen Wortmeldungen gegen die Bürgermeisterin. Die Geschenke wurden als „sexistisch“ beschimpft. In Windeseile erreichte die Polemik die sozialen Netzwerke und das Büro der Familienstaatssekretärin Laurence Rossignol. Die „engagierte Feministin“ (Wikipedia) und vormalige Senatorin gehört seit April 2014 der sozialistischen Regierung von Premierminister Manuel Valls an.
Rossignol giftete aus ihren Amtsräumen, die „schönen und rosafarbenen Schultaschen für die Mädchen besagen, daß noch viel Arbeit zu erledigen ist“. Sie meinte damit, bis eine wirklich durchschlagende gender-ideologische Umerziehung der Franzosen erreicht sei.
Der linke Journalist Christophe Grébert, bereits Kritiker von Charles Ceccaldi-Raynaud und Gegenkandidat von Joà«lle Ceccaldi-Raynaud um das Bürgermeisteramt, beschuldigt die Bürgermeisterin, „dumme und idiotische Klischees“ zu fördern.
„Sexistische Klischees“?
Jean-Francois Martin, Vize-Bürgermeister der seit 2001 sozialistisch regierten Hauptstadt Paris, sprach von „sexistischen Klischees“. Indirekt meldete sich auch die neue Bildungsministerin Najat Vallaud-Belkacem, vormals Frauenrechtsministerin, zu Wort. Sie ermahnte die Kommunalverwaltungen, verpflichtet zu sein, „die Geschlechter-Gleichheit zu fördern“.
France Télévisions, die regierungsnah geführte öffentlich-rechtliche Fernsehanstalt Frankreichs, führte einen Frontalangriff und stellte die Denkweise der Bürgermeisterin als „überholt“ dar: „Wäre es vor einigen Jahren geschehen, bevor die Frage der Geschlechter-Stereotype öffentlich diskutiert und diese an den Schulen berechtigterweise in Frage gestellt wurden, könnte man von mangelndem Bewußtsein und fehlender Reife sprechen. Im Jahr 2014 aber …“.
„Unnütze Polemiken“
Bürgermeistern Ceccaldi-Raynaud sieht in den linken Angriffen eine Bestätigung ihrer Entscheidung: „Meine Entscheidung war absolut richtig. Es war eine politische Entscheidung, um allen Familien den gleichen Zugang zur Schulausstattung für ihre Kinder zu verschaffen“. Diese Entscheidung wurde „gemeinsam mit den Schuldirektionen“ getroffen, so die Bürgermeisterin. Wer sie auf die Farbwahl ansprach, dem antwortet sie kurz angebunden: „Diese Initiative gibt es seit mindestens fünfzehn Jahren. Es ist traurig so unnütze Polemiken zu erleben.“
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Tempi/UMP Puteaux