(Paris) Frankreichs sozialistischer Staatspräsident stattete der Großen Pariser Moschee einen Besuch ab, um sich die Stimmen der moslemischen Wähler bei den Kommunalwahlen im März zu sichern. Alle Staatspräsidenten der damals beteiligten Welt ehren die Gefallenen der Kriege, besonders jetzt, da sich der Ausbruch des Ersten Weltkrieges vor hundert Jahren nähert. Nur Hollande bringt es zustande, auch die Gefallenen nach ihrer Religionszugehörigkeit in zwei Klassen zu unterteilen und nur die Moslems unter ihnen zu ehren, nicht aber die Christen.
Hoher Besuch in der Großen Moschee von Paris
Am Dienstag begab sich der französische Staatspräsident in die Große Moschee von Paris, um ein Denkmal für die rund 70.000 moslemischen Soldaten zu enthüllen, die aus den Kolonialgebieten Frankreichs für die Grand Nation gefallen sind. Die Moschee im maghrebinischen Stil war nach dem Ersten Weltkrieg als Anerkennung für die gefallenen Moslems errichtet worden und verlieh erstmals dem Islam Sichtbarkeit in Paris.
„Die Republik hat eine Schuld ihnen gegenüber“, sagte Hollande und leitete damit gleich in die Gegenwart über: „Der Islam und seine Botschaft der Offenheit sind in Frankreich perfekt vereinbar mit den Werten der Republik“. Dabei vergaß das sozialistische Staatsoberhaupt nicht hinzuzufügen, daß „Diskriminierungen, die Ungleichheit und der Rassismus bekämpft“ werden müßten, denn sie würden die Grundlage von „anti-islamischen Worten und Taten“ bilden.
Wahlkampfauftritt
Die Tageszeitung Le Figaro kommentierte, daß die grundsätzlich löbliche Initiative, für das Land Gefallene zu ehren, in Wirklichkeit den nahenden Kommunal- und Europawahlen geschuldet sei. Mehr als 80 Prozent der moslemischen Wählerschaft in Frankreich wählte 2012 Hollande. Die Stimmung soll sich durch eine ungünstige Wirtschaftsentwicklung und die „Homo-Ehe“ geändert haben. Hollandes sozialistische Parteistrategen befürchten den Verlust von bisher sicher geglaubten Stimmen.
Die Ehrenbekundung für die für Frankreich gefallenen Moslems war ein langgehegter Wunsch der Moslemverbände an der Großen Moschee. Hollande schob den Termin immer wieder hinaus. Die nahenden Wahlen ließen ihn nun aktiv werden.
Keine Ehrung für gefallene Christen
In Frankreich ist eine Diskussion entbrannt darüber, warum Hollande die Gefallenen in zwei Kategorien unterteilt. Einmal in Moslems, ihrer Religionszugehörigkeit nach, und einmal in Franzosen ohne Religionszugehörigkeit. Eine Ehrung der Katholiken, die für Frankreich gefallen sind und die die Zahl der Moslems um ein Vielfaches übertreffen, steht nicht auf dem Programm der Präsidialkanzlei. In einer lebhaften Debatte auf verschiedenen Blogs fragen sich viele Franzosen, ob nur Moslems eine Religion haben dürfen. Moslems dürfen laut Hollande Franzosen und Moslems sein. Katholiken oder Protestanten dürfen hingegen nur Franzosen sein, aber keine Christen. Ein Blogger fragte: „Wird Francois Hollande nun auch die Kathedrale Notre Dame in Paris besuchen, um den katholischen Soldaten die Ehre zu erweisen, die für Frankreich im Ersten Weltkrieg gefallen sind? Die Antwort kennen wir bereits. Sie lautet wegen der Aversion des Staatspräsidenten gegen das Christentum natürlich: ‚Nein‘.“
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Avignon pour Hollande