(Berlin) Die Zeiten, in denen linksradikale Aktivisten, sprich, künftige grüne und sozialdemokratische Minister gegen den Springer-Konzern und deren konservatives Flaggschiff, die Tageszeitung „Die Welt“ demonstrieren mußten, sind längst Vergangenheit. Das Blatt, das einst dem Reichsteil am verhaßtesten war, der den Daumen rechts hat, ist unter Axel Springers Nachfolger Mathias Döpfner bis zur Unkenntlichkeit verblaßt. Daß es dennoch immer eine Steigerungsform gibt, stellte „Die Welt“ mit einem Artikel von Sascha Lehnartz unter Beweis. Allerdings eine „Steigerung“ nach unten. Mit bürgerlichem, gar christlichem Denken hat der Beitrag „Gegner der Gender-Theorie stürmen Büchereien“ so wenig zu tun, wie ein sowjetischer Agitprop-Funktionär mit einem katholischen Meßdiener.
Katholiken werden „muslimischen Extremisten“ gleichgestellt
Lehnartz läßt zumindest niemanden im unklaren, wie er denkt. Mit dem Artikel macht sich der ehemalige FAZ- und SZ-Redakteur zum Einpeitscher für die neue Gender-Ideologie und zum Hetzer gegen die katholische Kirche. Bereits in der ersten Zeile stellt er klar, was Katholiken für ihn sind, nämlich „Extremisten“. Die Verunglimpfung scheint ihm noch nicht ausreichend, weshalb er gleich nachliefert, was man sich unter „Extremisten“ vorzustellen hat, nämlich „muslimische Extremisten“, die er in einem Atemzug nennt. Gläubige Katholiken mutieren durch Lehnartz Wortvermittlung in der Vorstellung der Leser zu islamistischen Terroristen, so jedenfalls die Intention des homophilen Autors.
Sascha Lehnartz Zorn über französischen Widerstand gegen Gender-Ideologie
Den Zorn Lehnartz entfachte der sich in Frankreich regende Widerstand gegen die Gender-Ideologie, die Staatspräsident Hollandes kathophobe Sozialistentruppe bereits Kindergartenkindern staatlich einimpfen will. Eine Umerziehung, die „Welt“-Autor Lehnartz nachdrücklich zu teilen scheint. So macht er den Protest besorgter Eltern gegen die verordnete und mit Steuergeldern finanzierte Belieferung der Schul- und Kindergartenbibliotheken mit neuen „gender-gerechten“ Büchern zur Forderung nach „Reinigung von Büchern, die ihren Vorstellungen von Moral nicht entsprechen“. Eine veritable Verdrehung der Tatsachen, um es gelinde auszudrücken.
Millionenprotest von Manif pour tous wird als Protest „rechtsextremer Grüppchen“ verunglimpft
Für Lehnartz ist die Gender-Theorie nur ein „Gespenst“. Ein in der sozialistischen Regierungspolitik Frankreichs allerdings so handfestes „Gespenst“, daß es die Bürger auf die Barrikaden treibt. Für den „Welt“-Autor sind die Gegner der Gender-Ideologie allerdings allesamt „katholische und muslimische Extremisten“, „erz-konservative katholische und muslimische Kreise“, deren „sexuelle Phantasien befeuert“ werden, „reaktionäre und rechtsextreme Grüppchen“, die sich alle bereits im Widerstand gegen die „Homo-Ehe“ getroffen hätten. Aus der Bürgerrechtsbewegung Manif pour tous, die Millionen Franzosen auf die Straße bringt, um gegen den Angriff auf die Familie durch die Legalisierung der „Homo-Ehe“ zu protestieren, werden bei Lehnartz „katholische, reaktionäre, rechtsextreme Grüppchen“. Es geht eben nichts über gute Kenntnisse der Mathematik. Auch „Die Welt“ berichtet zuweilen lieber über irgend ein politisch korrektes Grüppchen von fünfzig Demonstranten, als über die 500.000 Teilnehmer der jüngsten Manif pour tous-Kundgebung am 2. Februar in Paris. Was das Volk wissen soll und was nicht, bestimmen die Redaktionen.
Die Mariage pour tous („Homo-Ehe“) war bereits Gegenstand früherer Artikel von Sascha Lehnartz und er wußte dabei gar viel „Positives“ über die homosexuelle Lust zum Heiraten zu berichten. Man weiß eben, wo man zu stehen hat. Inzwischen auch in der Redaktion der Tageszeitung „Die Welt“.
„Reaktionäre“, „ideologischer Putztrupp“: Lehnartz als Agitprop-Lehrling im 2. Bildungsweg
Die Gender-Ideologie ist für Lehnartz nur eine harmlose Übung. Sie abzulehnen hingegen der untrügliche Beweis einer „reaktionären“ und „extremistischen“ Gesinnung. Die Elterninitiative Printemps francais, die dazu auffordert, die Kinder einen Tag im Monat nicht zur Schule zu schicken, um damit gegen die sozialistische Umerziehungspolitik zu protestieren, wird bei Lehnartz natürlich zur „rechtsextremen Bewegung“.
Von „ideologischen Putztrupps“ weiß Lehnartz zu berichten. Kritik an der ideologischen Zwangsumerziehung wird zur „Aggression“, Kritiker werden zu „Aggressoren“ umgeschrieben. Lehnartz geriert sich als sozialistischer Regierungssprecher Hollandes in Deutschland, so punktgenau verteidigt er dessen jakobinische Weltbeglückung. Offensichtlich als Überzeugungstäter. So darf der masonisch-sozialistische Bildungsminister Vincent Peillon im Klageton beteuern, daß doch alles halb so wild sei und die Regierung „keineswegs die extremst-konstruktivistische Version der Gender-Theorie“ vertrete, sondern doch nur die „Gleichberechtigung“ zwischen den Geschlechtern. Manif pour tous spricht von einer bedenklichen sozialistischen Gleichheits-Obsession, statt die gleiche Würde aller Menschen anzuerkennen.
Ewiger Kampf zwischen freimaurerischem „Licht“ und klerikaler „Finsternis“
Die Opfer-Täter-Rolle wird dialektisch verkehrt, worin sich die politische Linke bekanntlich meisterhaft versteht. Lehnartz folgt beflissen. Und so werden die „weltverbessernden“ Zwingherren zu Opfern und die nicht länger duldende Bürgerschaft zu „reaktionären“ Tätern. Die Linke als eigentliches Opfer „reaktionärer“ Kräfte im ewigen Ringen des freimaurerischen „Lichts“ gegen die klerikale „Finsternis“. So sieht man sich selbst am liebsten. Voltaire wäre beglückt über Lehnartz, weshalb er im Beitrag ja auch nicht fehlen darf. Der Autor zitiert Frankreichs Kulturministerin Aurélie Filipetti: „Es ist Zeit, an Voltaire zu erinnern und den Geist der Aufklärung, um derartige skandalöse Angriffe auf die Demokratie und die Freiheit zu verurteilen.“ Die Tochter eines geeichten Kommunisten, die ihren eigenen politischen Weg über die Grünen zu Hollandes Sozialisten fand, weiß wovon sie spricht.
Jakobinischer Machtanspruch einer ideologischen Minderheit
Lehnartz stört sich keineswegs am ebenso aggressiven wie zweifelhaften Demokratieverständnis der regierenden Sozialisten. Bereits die Jakobiner waren der Überzeugung, daß nur sie „die Nation“ vertreten, egal ob sie selbst nur eine Minderheit darstellen und die Mehrheit des Volkes anderer Meinung ist. Gleiches gilt heute für Frankreichs Sozialisten, die gerade einmal 29,3 Prozent der Wählerstimmen vertreten, doch mit absolutem Machtsanspruch herrschen.
So ist letztlich zweierlei staunenswert am devoten Artikel von Sascha Lehnartz: Einmal, daß eine solch einseitige Huldigung anFrankreichs Sozialisten in der Tageszeitung „Die Welt“ erscheinen konnte. Zum anderen der eigentliche Grundtenor des Artikels, der eine verbissene Verunsicherung erkennen läßt, die allenthalben Frankreichs Gender-Ideologen wegen des heftigen Widerstandes befallen zu haben scheint, der ihnen vom Volk entgegenschlägt. Schließlich stehen die Europawahlen vor der Tür.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Die Welt (Screenshot)