(Vatikan) Das Interview des Atheisten Eugenio Scalfari mit Papst Franziskus wurde von der offiziellen Internetseite des Vatikans gestrichen. Das am 1. Oktober 2013 von der Tageszeitung La Repubblica veröffentlichte Interview löste teils heftiges Unverständnis und Kritik unter Katholiken an einigen Aussagen des Papstes aus, die im Widerspruch zur kirchlichen Lehre stehen oder in ihrer Aussage zumindest zweideutig sind. Kernpunkt der Kritik war unter anderem die Aussage von Papst Franziskus über das autonome Gewissen („Jeder hat eine eigene Vorstellung von Gut und Böse“) und die Ablehnung von Bekehrungen („Proselytismus Riesendummheit“, „ich will Sie nicht bekehren“).
Das Interview wurde kurz darauf vollinhaltlich von der offiziösen Tageszeitung des Vatikans, dem Osservatore Romano übernommen. Ebenso erfolgte die kommentarlose Veröffentlichung auf der Internetseite des Heiligen Stuhls. Damit entstand der Eindruck, das Interview sei Teil des ordentlichen Lehramtes des Papstes. Dem beugt nun die Löschung vor.
Was bleibt, sind anderthalb Monate unnötige Verwirrung über die Autorität dieses Interviews. Was ebenso bleibt, ist das selbst Verwirrung stiftende Interview, das der Papst – wie nun geklärt ist – als Privatperson gab. Damit bleibt auch die Frage, ob ein Papst überhaupt als Privatperson Interviews geben und Aussagen tätigen soll. Seine Vorgänger scheinen triftige Gründe gehabt zu haben, dies nicht zu tun. Das Scalfari-Interview hat sie bestätigt.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Una Fides
Wie schön, daß es bei Papa Bergoglio so etwas wie eine Privatperson gibt, die eine andere Meinung vertritt als die offizielle Version. Welche ist nun der echte Franziskus? Welche ist ein Fake? Werden im Vatikan nun Ereignisse umgeschrieben wie bei Orwells „1984“? Welch ein Jammertal der vollkommen unnötigen Verwirrung tut sich hier für die Gläubigen auf. Wie unglaublich unprofessionell doch dieses Pontifikat ist. Oder vielleicht ist es einfach nur professionell unruhestiftend, wer weiß.
Die „Privatperson“ durfte aber wochenlang auf der Vatikanwebsite ihre offizielle „Meinung“ sogar unter der Rubrik „päpstliche Ansprachen“ vertreten und zwar in allen dort üblichen Sprachen. Ich konnte es zunächst nicht glauben, habe es aber mehrmals mit eigenen Augen gesehen.
Ansonsten würde ich dazu neigen, ihrem letzten Satz zuzustimmen.
“ Wie unglaublich unprofessionell doch dieses Pontifikat ist.“
In gewisser Hinsicht könnte sich das Pontifikat einmal als höchst professionell erweisen, je nach dem, welches Ziel es hat.
Also ich erinnere mich noch sehr gut daran, dass Papst Benedikt mehrere Interviews geführt hat, die im Fensehen ausgestrahlt oder in Buchform publiziert wurden. Und auch er hatte ja mit dem Seewaldschen Interview und seiner angeblichen Aussage zu Kondomen und Strichern eine ziemliche Bauchlandung hingelegt. Bekannt sind auch die Flugzeug-Interviews Papst Johannes Pauls, die er vor und nach Pastoralreisen der Journaille zu gewähren pflegte. Auch sie wurden meist publizistisch ausgeschlachtet. Insofern kann man wirklich nur raten, Päpste sollten es tunlichst vermeiden, Interviews zu geben.
und was soll uns das sagen ? Dass Papst Bergoglio sich keine Sorgen machen soll und weiter so unsägliche Äußerungen machen soll. diese anschließend bestätigen um dann nach Wochen zu behaupten, es sei doch alles nicht so gemeint gewesen?
Sei nur die Privatmeinung des Papstes in seiner Freizeit gewesen, daß die Kurie wie Lepra am Körper der Kirche sei? Dann sollte die Sala Stampa bei künftigen Papstverlautbarungen immer dazu veröffentlichen, ob diese innerhalb oder außerhalb seiner „Dienstzeiten“ getätigt wurden.
Erklären Sie doch mal, worin die angebliche Bauchlandung Benedikts XVI mit den Kondomen für Stricher bestand- oder die angebliche Ausrutscher Johannes Pauls II ?
Und es war noch nie ein gutes Argument zu sagen , der XY hat das auch gemacht, deshalb darf ich auch…( auch wenn Kindergartenkinder das glauben) .man landet ganz schnell in einer Sackgasse.
Das mit den Kondomen war nicht in sich selbst missverständlich – das haben die Medien bewusst missverstanden. Man konnte das doch ohne Probleme nachlesen und sehen, was er wirklich autorisiert hatte. Und: der Vatikan hat das offiziell richtiggestellt!
Davon abgesehen kann ich bei Benedikt nicht sehen, dass er missverständlich war. Er hat eine klare, brillante Sprache. Was er sagte, war kritikwürdig. So hat er zum Beispiel in seinem Jesusbuch ausdrücklich gesagt, er schreibe das nicht als Papst, sondern als Joseph R. Jedem stehe es frei, seine Ausführungen zu diskutieren. Viele können ihm das Wasser nicht reichen – das hat manche Debatte schon im Keim erstickt, aber das liegt auf einer anderen Ebene.
F. ist einfach chaotisch – jenseits der Problematik, dass einem, sobald man eine öffentliche Person ist, auch öffentlich das Wort im Munde herumgedreht wird. Und F. redet einfach zu viel. Zu viel, zu viel Unklares, man bekommt den Eindruck, dass er theologisch kein Konzept, dafür aber ein paar Stichwörter hat („Zärtlichkeit Gottes“, „Ränder“, „Demut“, „Armut“), die auf jeden Fall sentimentale Gefühle wecken, deren Sinn aber nicht klar ist.
Sie wissen doch, verehrte@zeitschur, dass ich, was die Beurteilung Benedikts angeht, mit Ihnen da vollkommen einer Meinung bin! Aber das mit den Kondomen war doch zumindest missverständlich ausgedrückt. Ich glaube im Grunde auch gar nicht, dass Benedikt das wirklich zu Seewald gesagt hat. Ebenso die in diesem Buch enthaltene theologisch-kirchenrechtlich unhaltbare Aussage, er, Papst Benedikt, hätte die Exkommunikation der Pius Bischöfe nicht vorgenommen, wenn er von Williamsons Holocaust-Interview gewusst hätte. Also bitte!? Aus welchem Grund wurden denn die Pius Bischöfe exkommuniziert? Weil sie unerlaubt geweiht wurden und damit im Sinne Roms dem Papst ungehorsam waren oder etwa weil sie krude Thesen zum Holocaust vertraten? Über persönliche Auffassungen zu historischen Fragen hat der Papst nun wirklich nicht zu befinden. Das Benedikt also solchen Mist von sich gegeben haben soll, kann ich nicht glauben und denke, ohne es zu behaupten, der Seewald hat das Buch selber geschrieben und Benedikt hat kurz drübergeschaut, ein paar Anmerkungen gemacht, sein placet zur Veröffentlichung gegeben und dabei diese Stellen übersehen.
Ach werter @Orlando furioso, lesen sie meinen Kommentar doch bitte noch einmal genau und sie werden feststellen, dass ich damit allein zu der Frage im obigen Artikel Stellung beziehe, ob Päpste Interviews gewähren sollten. Ich verneine das, mehr nicht! Dass ich damit etwa das Skandalinterview Scalfaris rechtfertige oder Franziskus zum „Weiter so!“ ermutere, ist ihre ziemlich schräge Unterstellung!
Naja – aber immerhin. In der ganzen Misere ist das wenigstens ein gutes Zeichen…