(London) Die Schulsexualerziehung und Jugendsexualaufklärung außerhalb des Elternhauses im weitesten Sinn gehört zu den heiligen Kühen der 68er und der Katholiken, die nur eines sein möchten, nämlich „modern“. Einwände, die gerade von katholischer Seite vorgebracht wurden, zum Beispiel der Vorrang des Elternrechts vor Schule und Staat, wurden in den Wind geschlagen. Entsprechend will man auch nicht mit den objektiven Ergebnissen der Sexualaufklärung konfrontiert werden. Die Frage war immer zuallererst eine ideologische Frage.
Großbritannien hat eine der aggressivsten Formen staatlicher Sexualaufklärung. Bereits in der Volksschule werden die ABC-Schützen nicht nur mit dem Einmaleins, sondern auch mit Sexualität malträtiert. Obwohl es nun seit Jahrzehnten immer intensivere, immer frühere und immer ideologischere Schulsexualerziehung gibt, durch die ganze Generationen von Schülern geschleust wurden, ist das Ergebnis desaströs.
Die Abtreibungsrate, die gesenkt werden sollte, so zumindest die offizielle Behauptung, indem die vorpubertären Kinder bereits perfekt über alle Verhütungsmittel „aufgeklärt“ sind und Zugang zu diesen haben, ist genauso so hoch wie in den ersten Jahren nach ihrer Legalisierung im Jahr 1967 als die „freie Liebe“ die Abtreibungen in die Höhe schnellen ließ. Für das Jahr 2011 meldete das Gesundheitsministerium 189.931 Abtreibungen. 36 Prozent davon ließen Frauen durchführen, die bereits mindestens eine Abtreibung hinter sich hatten. Das Abtreibungssystem kostet das britische Gesundheitswesen jede Woche eine Million Pfund. Und das sind nur die direkten Kosten. Die Folgekosten sind für die Volkswirtschaft gar nicht bezifferbar. Jahrzehnte der Kondomisierung der Schüler und Jugendlichen haben daran nichts geändert. Lord David Steel, ehemaliger Vorsitzender der Liberaldemokratischen Partei Großbritanniens und „Vater“ des britischen Abtreibungsgesetzes bereut heute seine damaligen Entscheidungen:
Das ist ein wachsendes und absolut unerwünschtes Problem. Das war nicht das Ziel meiner Reform. Ich wollte nicht, daß die Abtreibung zu einer Verhütungsmethode wird.
Josephine Quintavalle, die bekannteste britische Lebensrechtlerin antwortete auf Lord Steels Reuebekenntnis:
Wenn sie 1967 wirklich nicht dachten, daß es so enden würde, dann sind sie wirklich naiv.
Es gibt aber noch ein weiteres schwerwiegendes Problem, wie jüngst die Public Health England (PHE) bekanntgab. Die sexuell übertragbaren Krankheiten erreichen unter jungen Erwachsenen Höchstwerte, vor allem Infektionskrankheiten, die durch Chlamydien verursacht werden. 2012 wurde in Großbritannien bei einer halben Million Menschen eine sexuell übertragbare Krankheit diagnostiziert. Das entspricht einer Zunahme um fünf Prozent gegenüber 2011. Die höchsten Zuwachsraten weisen junge Menschen unter 25 Jahren auf. Anders ausgedrückt: jene, die am Intensivsten den staatlichen Sexualerziehungsprogrammen ausgesetzt waren, haben die meisten Geschlechtskrankheiten. Chlamydiose und Gonorrhoe weisen eine Zunahme von 21 Prozent auf.
In Großbritannien wie außerhalb bleiben Homosexuelle die Risikogruppe Nummer Eins für Geschlechtskrankheiten. Das Vancouver Coastal Health (VCH) und das British Columbia Centre for Disease Control (BCCDC) haben eine neue Studie veröffentlicht, die besagt, daß die sexuell übertragbaren Infektionskrankheiten unter homosexuellen und bisexuellen Männern in der Gegend von Vancouver neue Rekordwerte erreicht haben. Laut Studie war die Infektionsrate in den vergangenen 30 Jahren nie so hoch wie heute.
Die Tatsache, daß sich die Studie nur auf den Raum Vancouver bezieht, sollte nicht in die Irre führen. In ganz Kanada nahm, so eine weitere Studie (Report on Sexually Transmitted Infections in Canada: 2008) die Zahl der an Syphilis erkrankten Homosexuellen zwischen 1999 und 2008 um 870 Prozent zu. Eine von der Wissenschaftszeitschrift Lancet veröffentlichte Studie besagt zudem, daß der Großteil der homosexuellen Beziehungen ein signifikanter Risikofaktor für eine Krebserkrankung ist.
Aber zurück zu Großbritannien. Politiker und jene, die von den Steuermillionen für die Aufklärungsprogramme profitieren, beharren trotz des Totalversagens der staatlichen Sexualaufklärung mit Scheuklappen auf dem eingeschlagenen Weg. Die Ärztin Gwenda Hughes etwa ist weiterhin der Meinung: „Ständige Investitionen in Programme um das Bewußtsein für die sexuelle Gesundheit zu erhöhen, ist von vitaler Bedeutung“. Italien, mit einigen Millionen Einwohnern mehr als Großbritannien, hat im Vergleich keine staatlichen Sexualaufklärungsprogramme und ist deutlich von den britischen Infektionsraten bei Geschlechtskrankheiten entfernt.
Mit Lucetta Scaraffia, die zum Thema einen Aufsatz im Osservatore Romano veröffentlichte, kann man sagen, daß die katholische Kirche wie immer recht hat. Die Frage ist, wie diese Erkenntnis „aufgeklärten“ Regierungspolitikern zumal noch im nicht-katholischen Raum vermittelt werden kann. Scaraffia wurde für ihren Artikel in den verschiedenen sozialen Netzwerken mit Spott überhäuft. Was sie schrieb, ist aber die Wahrheit, wenn auch eine unbequeme Wahrheit.
Man versteht nicht, warum die westlichen staatlichen Institutionen weiterhin ein magisches Vertrauen in die Wirksamkeit der Sexualaufklärung hegen. Nach Jahren der Kurse, die sich natürlich auf die Verhütungsmethoden konzentrierten, haben wir gesehen, wie in vielen Ländern, das bekannteste ist Großbritannien, die Jugendlichen weiterhin frühzeitigen ungeschützten Sexualverkehr betreiben und unter Jugendlichen Schwangerschaften und Abtreibungen zunehmen. Inzwischen ist es offensichtlich, daß es absolut nicht genügt, ihnen zu erklären, wie ein Verhütungsmittel zu gebrauchen ist und wo sie leichten Zugang dazu finden, um diese Tragödien zu verhindern.
Das Problem liege viel weiter oben, es gehe um die Erziehung selbst und damit letztlich um die Familie. Italien, wo es keine Zwangsschulsexualerzierhung gibt, sei ein Land, in dem Jugendliche in deutlich geringerem Maß Gefahr laufen, mit einer Geschlechtskrankheit infiziert zu werden oder zu früh schwanger zu werden. Es gehe darum, so Scaraffia, daß die Jugendlichen nicht einfach „mit einer Schachtel Kondome in der Hand als einzigem Schutz gegen ihre Leidenschaften und ihre Fehler sich selbst überlassen werden“. Die erschreckenden Ergebnisse staatlicher Sexualaufklärung bestätigen, daß die katholische Kirche mit ihrer Lehre und ihrer geduldigen und aufmerksamen Erziehung richtig liege. Es gehe um Erziehung, Erziehung zu einem wahren und verantwortungsbewußten Verständnis des Lebens und der Sexualität, es gehe auch um die nötige Warnung vor möglichen Gefahren, die Leben gefährden oder vernichten können. Das eigene und das anderer. Eine Erziehung, die vor allem und an erster Stelle in der Familie geschieht. Damit können staatliche Sexualerziehungsprogramme nicht mithalten. Der Freundeskreis Maria Goretti (FMG) mit Sitz in München ist seit Jahren der Überzeugung, daß die staatlichen Sexualaufklärungsprogramme und zwangsweise Schulsexualerziehung nicht Verhinderer sondern Ursache für viele Fehlentwicklungen sind. Die Zahlen geben ihm recht, auch wenn Politik, Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und Bildungsministerien nichts davon hören wollen.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: UCCR