(Rom) Die Frage ist noch nicht ausreichend beantwortet, von welcher theologischen Strömung Papst Franziskus geprägt ist. Das hängt zu allererst mit der geographischen Entfernung zu Argentinien zusammen und den mangelnden Kenntnissen der kirchlichen und theologischen Situation in dem lateinamerikanischen Land, wie insgesamt auf dem Halbkontinent, der für Europäer nach wie vor in erster Linie als exotisch wahrgenommen wird.
Einen ersten Versuch, die Frage zu beantworten, unternahm bereits der traditionsverbundene Historiker Roberto de Mattei (hier sein Beitrag). Einen weiteren versucht nun der Vatikanist Sandro Magister. Ihm geht es darum, auf die seit dem Konklave vielfach anklingende Gleichsetzung eines Papstes aus Lateinamerika mit der Befreiungstheologie zu antworten. Wie bereits de Mattei stößt auch Magister dabei auf den Jesuiten und Karl Rahner-Schüler Juan Carlos Scannone, einen Vertreter der „Volkstheologie“.
Diese wird als nicht-marxistischer Zweig der Befreiungstheologie betrachtet und ist als „Argentinische Schule“ der Befreiungstheologie bekannt. Pater Scannone gehört zur sogenannten „Befreiungsphilosophie“. Er lieferte 1972 einen Beitrag zum Sammelband des 2. Argentinischen Philosophiekongresses, der unter dem Motto Hacia una filosofàa de la liberación latinoamericana (Für eine lateinamerikanische Philosophie der Befreiung) stand.
Mit den eigentlichen Befreiungstheologen verbindet Scannone die Tatsache, wie diese ein Liberacionista (Vertreter der Befreiung) zu sein. Die Antwort auf die Frage, wie sich Lateinamerika politisch, sozial und kulturell emanzipieren, sprich „befreien“ könnte, fiel allerdings grundverschieden aus.
Die Versuche der Befreiungstheologen und anderer, den neuen Papst zu vereinnahmen, seien, so Magister, daher zum Scheitern verurteilt. Der Papst sei anders, als sich viele in ihrem verklärten Lateinamerikabild vorstellen. Dies zeige die Forderung nach rechtlichem Schutz für das Leben, wie sie der Papst zum Ausdruck brachte mit seiner Grußbotschaft und Solidarisierung mit dem Marsch für das Leben vom 12. Mai in Rom und der Aufforderung die europäische Petition One of us-Einer von uns zu unterstützen. Dem entspreche sein Widerstand als Erzbischof von Buenos Aires und Primas von Argentinien gegen die Legalisierung der Abtreibung und der „Homo-Ehe“.
In diesen Forderungen sehe der Papst, so Magister, einen Angriff des Antichristen und eine „imperialistische Auffassung von Globalisierung“ am Werk, die er vor wenigen Jahren in einem Vorwort zu einem Buch als „gefährlichsten Totalitarismus der Postmoderne“ bezeichnete. Der Papst sei für den Dialog zwischen den Menschen, weil es diesen des Friedens wegen brauche. Mit dem „Fürst der Welt“ könne es allerdings keinen Dialog geben. „Nie!“, so Papst Franziskus in einer seiner jüngsten Predigten.
Bergoglio, Revolutionär sui generis
von Sandro Magister
Die Befreiungstheologen loben ihn, doch zwischen ihm und ihnen liegt ein Abgrund. Die Progressisten versuchen ihn zu vereinnahmen, er aber hält sich von ihnen fern. Der wirkliche Franziskus ist ganz anders als viele ihn sich vorstellen.
In den fortdauernden Flitterwochen mit der veröffentlichten Meinung hat sich Papst Franziskus auch das Lob des Barrikadentheologen und Ex-Franziskaners, des Brasilianers Leonardo Boff erworben: „Franziskus wird der Kirche eine Lektion erteilen. Wir gehen raus aus einem eisigen und dunklen Winter. Mit ihm kommt der Frühling.“
In Wirklichkeit hat Boff schon vor langem seine Kutte abgelegt, geheiratet und die Liebe zu Marx hat er durch die ökologistische zu Mutter Erde und Schwester Sonne ersetzt. Er ist aber immer noch der bekannteste und am häufigsten zitierte Befreiungstheologe.
Als Jorge Mario Bergoglio, kaum drei Tage nach seiner Wahl zum Papst eine „arme Kirche und für die Armen“ ausrief, schien seine Aufnahme in die Reihe der Revolutionäre eine gemachte Sache.
In Wirklichkeit gibt es einen abgrundtiefen Unterschied zwischen der Sichtweise der lateinamerikanischen Befreiungstheologen und der Sichtweise dieses argentinischen Papstes.
Bergoglio ist kein Autor zahlreicher Bücher. Was er aber geschrieben hat, ist mehr als ausreichend, um zu verstehen, was er im Sinn hat, wenn er darauf beharrt, sich unter das „Volk“ zu mischen.
Die gemeinhin bekannte und von Rom verurteilte Befreiungstheologie kennt er sehr gut, er sah ihre Entstehung und ihre Ausbreitung, auch unter seinen Mitbrüdern. Er hielt sich jedoch immer von ihr fern und dies in einem deutlichen Widerspruch. Auch zum Preis, sich im eigenen Orden isoliert zu sehen.
Die Theologien, die für ihn Bezugspunkt sind, waren weder Boff noch Gustavo Gutierrez oder Jon Sobrino, sondern der Argentinier Juan Carlos Scannone, auch er ein Jesuit. Scannone war der Griechischlehrer Bergoglios. Als Antwort auf die drängende soziale Frage, die in Lateinamerika durch das Vordringen des Marxismus und die in diesem Kontext entstehende Befreiungstheologie explosiv wurde, entwickelte Pater Scannone eine „Volkstheologie“ oder „Theologie des Volkes“, die sich auf die Kultur und die Religiosität der normalen Bevölkerung, vor allem der Armen konzentriert, auf deren traditionelle Spiritualität und ihre Sensibilität für Gerechtigkeit.
Pater Scannone, heute 81 Jahre alt, gilt als der bedeutendste lebende argentinische Theologe, während über das, was von der Befreiungstheologie bleibt, Kardinal Bergoglio bereits 2005 mit den Worten urteilte: „Nach dem Zusammenbruch des ‚real existierenden Sozialismus‘ sind diese Richtungen in der Verwirrung versunken. Unfähig sowohl zu einer radikalen Neuformulierung als auch zu neuer Kreativität haben sie wegen Trägheit überlebt, auch wenn es noch heute nicht an jenen fehlt, die sie auf anachronistische Weise noch immer vorantreiben möchten.“
Dieses vernichtende Urteil Bergoglios gegen die Befreiungstheologie findet sich in einer seiner wichtigsten Veröffentlichungen: dem Vorwort zu einem Buch über die Zukunft Lateinamerikas, das sein engster Freund an der Römischen Kurie, der Uruguayer Guzman Carriquiry Lecour, der Generalsekretär der Päpstlichen Kommission für Lateinamerika verfaßte. Carriquiry Lecour, verheiratet, mit Kindern und Enkelkindern, ist der ranghöchste Laie, der an der Kurie tätig ist.
Nach der Meinung Bergoglios hat der lateinamerikanische Kontinent bereits einen Platz in der mittleren Liga in der Weltordnung erreicht und wird in der Zukunft noch mehr Gewicht gewinnen. Dieses Lateinamerika ist aber auch gerade in dem gefährdet, was das wichtigste Element seiner Identität ist, dem Glauben und der „katholischen Weisheit“ seines Volkes.
Die gefährlichste Bedrohung sieht er in dem, was er „jugendlichen Progressismus“ nennt, einen Enthusiasmus für den Fortschritt, der sich in Wirklichkeit gegen die Völker und Staaten richtet, gegen ihre katholische Identität: „in engem Zusammenhang mit einer Staatsauffassung, die weitgehend ein militanter Laizismus ist“, so Kardinal Bergoglio.
Am Sonntag, den 12. Mai brach der Papst eine Lanze für den rechtlichen Schutz des ungeborenen Lebens in Europa. In Buenos Aires, was man sich vergessen sollte, leistete er erbitterten Widerstand gegen die Legalisierung der Abtreibung und der „Homo-Ehe“. In der weltweiten Ausbreitung solcher Gesetze sieht er „eine imperialistische Auffassung von Globalisierung“, die „den gefährlichsten Totalitarismus der Postmoderne darstellt“.
Es handelt sich für Kardinal Bergoglio um einen Angriff, der das Zeichen des Antichristen trägt, wie im Roman Der Herr der Welt, den Bergoglio gerne zitiert. Der Roman stammt vom anglikanischen Konvertiten Robert H. Benson (1871–1914). Benson, der Sohn des anglikanischen Erzbischofs von Canterbury und selbst anglikanischer Pastor, konvertierte 1903 zum katholischen Glauben und wurde katholischer Priester.
In seinen Predigten ist die ungewohnt häufige Erwähnung des Teufels nicht eine bloß rhetorische Floskel. Für Papst Franziskus ist der Teufel eine reale, handelnde Größe, er ist „der Fürst der Welt“, den Jesus für immer besiegt hat, der aber noch frei ist, Böses zu tun.
Papst Franziskus ermahnte vor wenigen Tagen in einer Predigt: „Der Dialog ist zwischen uns notwendig, für den Frieden. Aber mit dem Fürsten der Welt kann es keinen Dialog geben. Nie.“
Text: Settimo Cielo
Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Settimo Cielo
Vielen Dank für diesen Beitrag!
Bei Papst Benedikt hat es ungefähr ein Jahr gedauert, bis mir aufgegangen ist, welch großes Geschenk des Hl. Geistes er für uns ist. Ja, damals war ich mit meinen 62 Jahren auch „noch nicht reif fürs Internet“
Dank katholisches.info und kath.net sehe ich mich nun bestens informiert.
Schon die ersten Worte unseres Hl. Vaters haben bei mir die „Irritationen“ durch sein Verhalten ganz massiv gedämpft: Keine roten Schuhe, aber „beten wir füreinander“. Der Teufel ist hinter seinem, von Theologen erzeugten Nebelvorhang wieder sichtbar gemacht usw. Die Befreiungstheologie war ja schon vorher durch Kardinal Ratzinger enttarnt worden. Der oben zitierte Ausspruch von 2005 trifft ja nicht nur für die Befreiungstheologen zu, sondern in etwas modifizierter Form ebenso auf die stockkonservativen 65-er-Fundamentalisten. Dabei ist hier konservativ als vom „Geist des Konzils“ angerichteter Eintopf zu sehen.
Beten wir für einander.
Ich glaube, daß dieses Handeln der Welt mehr Segen bringen kann, als das egoistische Beten für eigene Interessen. Die Armen brauchen keine Waffen, um machtvoll zu wirken, aber die Gesinnung von Heiligen wäre sehr hilfreich.
Ich gehe, wie Sie, gerne auf beiden Nachrichten-Seiten spazieren.
Beide müssen sich nicht zwangsläufig als Konkurrenz sehen, sondern als Ergänzung.
Papst Franziskus ist wohl ein Marienverehrer und das freut mich sehr.
Auch bezeichnet er den Teufel als das, was er in Wirklichkeit ja auch ist: Teufel.
Selbst mein Sohn, erklärter Agnostiker, sagte schon, das viele Böse und Destruktive in der Welt könne man kaum anders als mit der Existenz Satans erklären.
Mit Papst Franziskus habe ich in einigen Punkten noch so meine Probleme.
Es ist die mangelnde Klarheit in seinem eigenen Lebensumfeld, das mir zu schaffen macht.
Ich bin bestrebt, diese Hürden zu überwinden, sobald er sich zu diesen Punkten einmal erhellend für alle äussern würde.
Das wäre sicher auch für andere sehr hilfreich!
Ja, Sie haben recht: Beten wir füreinander!
„Mit Papst Franziskus habe ich in einigen Punkten noch so meine Probleme.
Es ist die mangelnde Klarheit in seinem eigenen Lebensumfeld, das mir zu schaffen macht.“
Wier meinen Sie das?? Das klingt irgendwie, als habe er „Frauengeschichten“ oder sonstwas Unwürdiges“. Aber davon ist doch rein gar nichts bekannt. Selbst seine anfangs etwas diffus aussehende „Rolle“ während der argentinischen Militärdiktatur wurde ja längst zu seinen Gunsten geklärt. Und alle, die ih in Argentinien seit Jahrzehnten kennen, erklären, was für ein vorbildlicher, tief gläubiger Priester Bergoglio war.
Ach, wie lange ist das her. Früher mal, da haben sich Katholiken nicht den Kopf zerbrochen, von welcher Theologie der Papst geprägt ist. Darauf wären sie nie gekommen. Dass der Papst an die Wirkkraft Satans glaubt, das war so selbstverständlich, dass niemand das besonders erwähnt hätte. Welcher Theologe Bezugspunkt für den Papst ist, wer hat danach gefragt? Der katholische Glaube war Bezugspunkt für den Papst, wenn ich das mal einfach sagen darf. Und er hat den Glauben verkündet, mit Autorität.
Aber damals gab es noch keinen ‚Glaubenspluralismus‘ in der Kirche. Der Glaube war einheitlich. Es gab auch keinen „Volksglauben“- Was ist ein „Volksglaube“? Die Armen hatten jedenfalls früher keine „eigene Spiritualität“, der Knecht war so katholisch gläubig wie sein Herr. Es gab unterschiedliche Vereinigungen, natürlich. Akademiker stellen mitunter andere Fragen als Arbeiter, sicher.
Aber es gab früher mal nur einen katholischen Glauben. Man konnte seinen Katechismus aufschlagen oder das Dogmatik-Lehrbuch, ein Heiligen-Leben lesen oder eine Enzyklika des Papstes. Es ging immer um den einen Glauben. Ob man nun in Buenos Aires lebte oder in Buxtehude.
Ach, das ist so lange her…
Sie haben ja so recht!!
Dann müssen Sie „früher“ in einer gänzlich anderen Welt gelebt haben als die meisten anderen. Sorry, aber diese total verklärende Sicht à la „Früher war alles gut, weil einheitlich katholisch“ erinnert doch sehr an die, welche immer weinselig ihr „Wir wollen unsren alten Kaiser Wilhelm wiederhaben“ angestimmt haben…
Wer hat gesagt, früher war alles gut, Sie Dunkelkatholik? Die Kirchengeschichte ist auch eine Geschichte ihrer Krisen. Aber nicht nur das. Es gab eine organische Entfaltung des Glaubens, die jedoch nie den früheren Glauben obsolet machte. Deshalb veralten große Heilige des Mittelalters nie, sie bleiben stets aktuell, auch wenn diese Zeit unwiderruflich vorbei ist.
In der katholischen Kirche gab es nie GLAUBENSPLURALISMUS. Den hat Johannes XXIII. offiziell zugelassen in seiner Eröffnungsrede zum 2. Vat. Konzil. Als er hoffnungslos naiv-optimistisch verkündete, Häresien, Irrlehren müssen nicht mehr bekämpft werden, sie erledigen sich von selbst, wenn die Kirche nur die Lehre verkündet.
Das Ergebnis ist allseits bekannt…
Papst Bergoglio ist theologisch nicht auf einen Nenner zu bringen. Er lässt sich nicht in eine der klassischen kirchenpolitischen Kategorien wie „progressiv“, „liberal“ oder „konservativ“ einordnen. Allerdings ist bislang auch noch kein roter Faden seines Pontifikats erkennbar und absehbar. Es stellt zudem die Frage, welche Agenda mit seiner Wahl zum Nachfolger Petri verbunden war und ist und was davon auf welche Weise umgesetzt werden soll. Ob Bergoglio tatsächlich das Format und das persönliche Charisma hat, die gegenwärtige Glaubenskrise wenigstens ansatzweise zu überwinden, wird sich erst noch herausstellen.
Cuppa sagt es: Es gibt nur eine wahre Theologie – es ist fürchterlich, wenn wir überhaupt die Frage nach der „richtigen“ Theologie stellen müssen. Ich kann – wie andere hier auch – bei F. keine klare geisltiche Linie erkennen. Eher bedient er Formeln, die der einen oder anderen theologischen Richtung so etwas wie „Stallgeruch“ vermittelt .
Genau das aber brauchen wir gerade nicht: wir brauchen jemand mit einer klaren, erkennbaren geistlichen Linie, über die wir nicht auch noch rätseln müssen. Das ist doch ein Armutszeugnis! (Verzeihung!) Bei Benedikt war das erheblich anders. Allerdings waren Jxxiii.. ganz schlimm Paul vi. und JP ii. ebenfalls in sich teilweise widersprüchlich, und es war schwer, eine Linie zu erkennen.
Der Schlingerkurs, den ebenso auch die deutschen Bischöfe bis zum totalen geistlichen Zusammenbruch pflegen werden wie’s aussieht, führt nur zur Irritation und dazu, dass keiner mehr weiß, um was es eigentlich geht. Die Idee, es gebe eine „Katholizität“ (= Weite) und einen vorkonziliaren „Katholizismus“ (= Enge) ist einfach nur Blödsinn. Man kann nicht nach allen Seiten hin offen sein. Ein solches Haus hat schlicht und einfach keine Mauern mehr und bricht über seinem Fundament zusammen. Und so sieht es derzeit aus. F. macht weiter wie seine Vorgänger (außer B.) und wird am Schluss in den Trümmern der Kirche in Rom sitzen und sehen, wie er noch davonkommt, ohne von den herabfallenden Brocken erschlagen zu werden. Entweder einer ist ergriffen und geführt vom Hl. Geist oder er schlingert hin und her. Man kann nicht zweien Herren dienen. Daher ist es gut, wenn man nicht zu leichtfertig vom Teufel redet – wer von uns bedürfte nicht der permanenten Hilfe des gesamten Himmels, um diesem Verkläger und Durcheinanderschmeißer nicht in die Hände zu fallen? Es ist eine abgrundtief böse Realität, der Teufel, ohne totale Hingabe an Jesus, ist der Kampf nicht zu bestehen. Das Reden über den Bösen bedeutet dann eher sein Heraufbeschwören! Das müsste F. doch wissen!
„Entweder einer ist ergriffen und geführt vom Hl. Geist oder er schlingert hin und her. Man kann nicht zweien Herren dienen.“
Und welchem „zweiten Herrn“ dient Papst Franziskus Ihrer Meinung nach??
Und noch etwas: hätte Benedikt während seines Pontifikats so oft den Teufel erwähnt, Sie wären die ersten gewesen, die darüber euphorisch gejubelt hätten. Was lernen wir daraus: wenn zwei das Gleiche tun, dann ist es nicht das Gleiche…
Woher wissen Sie denn wieder mal, was ich getan hätte – hätte? Sie dunkle Gestalt, sind Sie ein Wahrsager?
„Papst Bergoglio ist theologisch nicht auf einen Nenner zu bringen. Er lässt sich nicht in eine der klassischen kirchenpolitischen Kategorien wie „progressiv“, „liberal“ oder „konservativ“ einordnen“.
Gern, sehr gern, würde ich diesen Sätzen zustimmen. Weil sie die Situation treffend beschreiben.
Nur ist diese Situation einfach nur schlimm. In der katholischen Kirche, als sie sich noch heilsnotwendig, allein seligmachend verstand, von Jesus Christus gegründet, hatten Kategorien wie progressiv, liberal, konservativ überhaupt keinen Sinn. Gibt es EINE KONSERVATIVE, LIBERALE, PROGRESSIVE WAHRHEIT? Das ist Nonsens, absurd, bizarr. Kein Papst bis Pius XII. wurde jemals in eine solche Kategorie eingeordnet. War der Gottmensch Jesus Christus konservativ, liberal, progressiv? Meine Finger sträuben sich, das zu tippen, denn das ist Blasphemie.
Päpste können fromm oder unfromm, durchsetzungsfähig oder schwach, intelligent oder töricht, machtgierig oder demütig, eifrig oder lau, streng oder mild sein, das alles sind menschliche Eigenschaften. Mit diesen Eigenschaften können Päpste die Kirche stärken oder schwächen, doch die Wahrheit des Glaubens ist nicht DIREKT betroffen.
Sollten die Kategorien „progressiv, liberal, konservativ“ wirklich kirchenpolitisch klassisch sein, ist es mit dem Wahrheitsanspruch der katholischen Kirche zu Ende. Dann gibt es keine endgültig geoffenbarten Glaubenswahrheiten, dann ist die Wahrheit relativ, die katholische Kirche ist ein frommer Verein, der sich auf Jesu Christi zwar noch beruft, sich jedoch einbildet, er könne ihn jeweils der Zeit entsprechend interpretieren. In einem Verein kann man konservativ, liberal oder progressiv sein. Nur kann er dann nicht beanspruchen, heilsnotwendig zu sein. Man kann ihn ohne Gewissensnot verlassen.
Ich denke, das macht diese Kirchenkrise so bedrohlich. Die Wahrheit selbst steht auf dem Spiel.
Um es noch mal zu präzisieren: einerseits glaubt F., wir bräuchten den Dialog für den Frieden der Welt, andererseits aber kann es keinen Dialog mit dem Teufel geben („Der Dialog ist zwischen uns notwendig, für den Frieden. Aber mit dem Fürsten der Welt kann es keinen Dialog geben. Nie.“).
Ich würde zustimmen, wenn da nicht diese genauere Einschränkung des Dialogs wäre, dieses „für den Frieden“. Was soll das wieder heißen? Meint F. damit, dass man sozusagen taktiert und diplomatische, rhetorische Kräfte spielen lässt, den „Fürsten der Welt“ gewissermaßen übers Ohr haut?
Das ist wieder ein Beispiel für diese Widersprüchlichkeit, die ich meine:
Der Teufel ist für ihn also zum Beispiel in der Homogesetzgebung und der Abtreibung „aktiv“. Demnach glaubt er ja, es gebe Bereiche, in denen man einen Dialog führen könne, weil da der Fürst der Welt wohl doch nicht der Fürst der Welt ist. Und: man könne da Frieden schaffen durch „Dialog“.
Sagte nicht schon Jesus: „Beugt euch nicht mit Ungläubigen unter das gleiche Joch! Was haben denn Gerechtigkeit und Gesetzwidrigkeit miteinander zu tun? Was haben Licht und Finsternis gemeinsam? Was für ein Einklang herrscht zwischen Christus und Beliar? Was hat ein Gläubiger mit einem Ungläubigen gemeinsam?“ (2. Korinther 6) Dialog ja – aber nur i.S. der Mission um die Seelen!
Was F. will, ist ein rundes Quadrat – genau so wirkt seine „Theologie“. Sie folgt Jesus … und folgt ihm bewusst nicht!
Noch ein problematischer Punkt ist seine wirklich perfide Verteufelung des „jugendlichen Fortschrittsenthusiasmus“:
1. gehört Unreife nicht zur Jugend? Nicht die Jugend ist das größte Problem, sondern wir, die wir ihnen Mütterlichkeit und Väterlichkeit in Liebe und Reife verweigern!
2. kann ich – habe mit Jugendlichen zu tun durch meine Arbeit – bei der Jugend oft nur noch verzweifelten Materialismus wahrnehmen, unsichere Sehnsucht, klare Orientierung und Liebe durch uns Ältere zu erfahren.
Es sind die Alten, die stur auf dem Progressismus beharren!