(Menzingen/Vatikan) Der Generalobere der Priesterbruderschaft St. Pius X., Msgr. Bernard Fellay bekräftigte in einem offiziellen Rundschreiben an „Freunde und Wohltäter“, daß die Einigungsgespräche zwischen der Bruderschaft und dem Heiligen Stuhl weiterhin „am Ausgangspunkt“ stehen, in denen sie sich schon in den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts befanden. Die Bemühungen von Papst Benedikt XVI., die Bruderschaft in die volle Einheit mit Rom zurückzuführen, zwei Jahre dauernde lehrmäßige Gespräche und zuletzt neun Monate der Vorschläge und Gegenvorschläge brachten kein vorzeigbares Ergebnis.
Die Gespräche kamen im Juni 2012 zum Stillstand, als der damalige Glaubenspräfekt Kardinal Levada der Piusbruderschaft eine „Doktrinelle Präambel“ überreichte, deren Annahme zur Voraussetzung für die Anerkennung und die Zuerkennung eines kanonischen Status gemacht wurde. Konkret geht es dabei um die Rolle des Zweiten Vatikanischen Konzils und die ordentliche Form des Römischen Ritus.
Über die Berücksichtung von Änderungsvorschlägen der Piusbruderschaft gibt es auf beiden Seiten unterschiedliche Angaben. Jedenfalls erklärte die Bruderschaft die vorliegende Fassung nicht annehmen zu können. Seither ist es trotz einiger Versuche nicht gelungen, neue Bewegung in die Gespräche zu bringen. Zuletzt unternahm Kurienerzbischof Augustine Di Noia, seit Sommer 2012 Vize-Präsident der Päpstlichen Kommission Ecclesia Dei, einen solchen, der einer fast bedingungslosen Anerkennung nahekam. Di Noia hatte in einem Schreiben von einem Stillstand gesprochen, der nun erstmals offiziell auch von der Piusbruderschaft als solcher benannt wurde.
Der Generalobere schreibt darin, daß sich die Bruderschaft 2012 wegen des definitiven Einigungsvorschlags Roms über weite Strecken in einer „schwierigen Lage“ befand. Auf der einen Seite die kanonische Errichtung der Bruderschaft als Personalordinariat, auf der anderen Seite als Vorbedingung die Unterzeichnung der „Präambel“. Die Bruderschaft sei an der Frage fast zerbrochen. Auf der einen Seite jene, die die vatikanischen Bedingungen akzeptieren wollten, um endlich durch eine kanonische Anerkennung das Stigma des Ausgestoßenseins loszuwerden, auf der anderen jene, die jede Anerkennung des Zweiten Vatikanischen Konzils, in welcher Form auch immer für inakzeptabel hielten.
In seinem ausführlichen Schreiben vom 15. April erklärt Msgr. Fellay, daß die „Schwierigkeiten“ einerseits die von Rom gestellten Bedingungen waren, „die wir nicht unterschreiben konnten und auch heute nicht unterschreiben können“. Zum anderen aber auch wegen „einem Fehlen an Klarheit von Seiten des Heiligen Stuhles, das uns nicht erlaubte, den Willen des Heiligen Vaters genau zu kennen, noch, was uns zuzugestehen er bereit war“: Eine Unsicherheit, die jedoch mit dem 30. Juni 2012 zu Ende war, als Benedikt XVI. persönlich mit einem Brief, „der klar und ohne Zweideutigkeit die Bedingungen, die man uns für eine kirchenrechtliche Normalisierung auferlegen wollte, zum Ausdruck brachte“, das heißt die „vollständige Anerkennung des II.. Vatikanischen Konzils und der Messe Pauls VI.“
Damit aber sei jeder Verhandlungspielraum abgewürgt worden, so Fellay, der zum 50. Jahrestag des Zweiten Vatikanums die „unverändert gültige“ Analyse des Gründers der Bruderschaft, Erzbischof Marcel Lefebvre, bekräftigt.
“Ohne uns verwirren zu lassen durch die Dauer dieser schrecklichen Krise, noch durch die Anzahl der Prälaten und der Bischöfe, die die Selbstzerstörung der Kirche fortsetzen, wie Paul VI. dies eingestanden hat, fahren wir weiter, nach Maßgabe unserer Mittel laut hinauszurufen, daß die Kirche nicht ihre Dogmen, noch ihre Moral ändern kann. Man legt nämlich nicht Hand an diese ehrwürdige Einrichtung, ohne eine schreckliche Katastrophe heraufzubeschwören. Wenn gewisse mehr zufällige Veränderungen, die sich auf die äußere Form beziehen, vorgenommen werden müssen – wie dies in allen menschlichen Einrichtungen geschieht –, so können sie auf keinen Fall vorgenommen werden im Gegensatz zu den Prinzipien, die die Kirche in all den vergangenen Jahrhunderten geleitet haben.“
Der Generalobere listet dann die zentrale Kritikpunkts Lefebvres am Konzil auf: Ökumenismus, Kollegialität, verändertes Verständnis der päpstlichen Leitungsgewalt, Religionsfreiheit, Liturgiereform und interreligiöser Dialog.
Die Haltung des neuen Papstes zur Piusbruderschaft ist noch nicht bekannt.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Cantuale Antonianum