(Dublin) Wenn die Dampfwalze rollt, dann rollt sie. Jüngst bekam dies Irland zu spüren. Die Grüne Insel gehört zu den Ländern mit der geringsten Müttersterblichkeit. Sehr interessante Daten, da in Irland Abtreibung verboten ist (die Tötung des ungeborenen Kindes ist nur bei akuter Lebensgefahr für die Mutter erlaubt). Während in Irland auf 100.000 Frauen sechs an Komplikationen während der Schwangerschaft sterben, liegt die Sterblichkeitsrate in den „Abtreibungsparadiesen“, etwa dem benachbarten Großbritannien mit 12 Todesfällen doppelt so hoch und in den USA mit 21 Todesfällen sogar dreieinhalb Mal höher. Die positive Situation für Mutter und Kind in Irland ist hingegen mit jener Chiles vergleichbar, wo die Müttersterblichkeit sehr niedrig und die Tötung ungeborener Kinder verboten ist.
Die Lüge: Zusammenhang Abtreibungsverbot – Gefahr für Frauen
Eine solche Situation ist für die Abtreibungslobby natürlich sehr unangenehm. Ihr wichtigstes Propagandainstrument, mit dem sie in den vergangenen Jahrzehnten durch Desinformation Nebel warf und die Legalisierung der Abtreibung in zahlreichen Staaten durchsetzte, löst sich, betrachtet man wirklich die Fakten, im Nichts auf. Die Abtreibungsbefürworter behaupten, daß illegale Abtreibungen für die Gesundheit der Frauen schädlich seien. Deshalb müsse die Abtreibung legalisiert werden, um die Frauen nicht Kurpfuschern auszuliefern. Die Tötung der ungeborenen Kinder kommt im humanitären Kleid des Weges.
Irland provoziert Abtreibungslobby, die Kindestötung mit Zivilisation verwechselt
Irland provoziert die Abtreibungslobbyisten geradezu. Laut einer Meinungsumfrage vom Februar 2011 unterstützen 70 Prozent der Iren nämlich das geltende Abtreibungsverbot. Im April 2011 veröffentlichte Zahlen beweisen zudem, daß die Zahl irischer Frauen, die zur Abtreibung nach Großbritannien gehen, rückläufig ist. Die eigentliche Ohrfeige für die Abtreibungslobby erfolgte im vergangenen September, als in Dublin das Internationale Symposium zur Müttergesundheit stattfand, bei dem im Schlußdokument festgestellt wurde: „Abtreibung ist medizinisch nicht notwendig, um das Leben einer Mutter zu retten.“
Tod durch Infektionskrankheit für Abtreibungspropaganda mißbraucht
Die Reaktion darauf ließ nicht lange auf sich warten. Natürlich nahm kein überzeugter Kindermord-Anhänger diese Fakten positiv zur Kenntnis. Negativ offenbar sehr wohl. Die Abtreibungslobby und ihre Unterstützer nützten den Tod der 31-jährigen in Irland wohnhaften Inderin Savita Halappanavar aus für einen geballten medialen Angriff auf die irischen Bestimmungen zum Schutz des Lebens der Mütter und der ungeborenen Kinder. Die junge Frau sei vor wenigen Tagen an einer Blutvergiftung gestorben, nachdem ein Krankenhaus von Galway es abgelehnt hätte, an ihr eine therapeutische Abtreibung durchzuführen, die wegen eines gesundheitlichen Problems des ungeborenen Kindes gerechtfertigt gewesen wäre.
So zumindest das, was die meisten Medien umgehend verbreiteten und die harten Anklagen gegen Irland und seine Lebensschutzbestimmung zitierten. Wenn dem so gewesen wäre, wäre die Angelegenheit keine, denn die Ethischen Richtlinien für irische Ärzte sieht im Kapitel 21.4 die Möglichkeit vor, bei Lebensgefahr für die Mutter und sofern von der Mutter nicht ausdrücklich anders gewollt, eine Abtreibung durchführen zu können. Genau diese Prozedur wurde auch im Fall Savita Halappanavar angewandt, wie Daily Mail berichtete. Die Frau starb erst drei Tage, nachdem sie ins Krankenhaus eingeliefert wurde, zu einem Zeitpunkt als der Fötus bereits tot war. Die Todesursachen sind anderswo zu suchen. Die Fakten wurden jedoch durcheinandergewirbelt und soweit reduziert, daß eine Skandalschlagzeile und ein probates Propagandainstrument daraus wurde.
Verdächtige E‑Mail – Gezielte Desinformation durch Abtreibungslobby?
Dennoch wächst der Druck auf die irische Regierung, die geltende Rechtslage zu ändern und die Tötung ungeborener Kinder zu „liberalisieren“. Die Regierung ordnete nach dem medialen Massenbeschuß eine umgehend Untersuchung des Todesfalls an. Die italienische Tageszeitung Avvenire berichtete von einer verdächtigen E‑Mail, die zwischen Abtreibungsorganisationen hin und her ging, mit der eine wichtige Meldung in Sachen Abtreibung und Irland angekündigt wurde – und das bevor der am 28. Oktober eingetretene Tod von Savita Halappanavar der Presse bekanntgegeben wurde.
Die ganze Sache nimmt damit tatsächlich etwas undurchsichtige Töne an. Sam Coulter-Smith, der Direktor des Rotunda Hospital von Dublin und Berater für Gynäkologie und Geburtshilfe am Royal College of Surgeons erklärte, daß „dieser Fall wahrscheinlich nicht viel mit der Abtreibungsgesetzgebung zu tun hat“. Der Gentiker J. Clair Cloghroe sagte, daß die Frau wahrscheinlich an einer ESBL-Infektion gestorben ist, einer Bakterie, die sich unter Irland Bewohnern schnell ausbreitet. Es gehet im Todesfall Savita daher „vielmehr um eine unerwartete ESBL-Infektion als um ein Problem schlechter obstetrischer Behandlung“.
Katholische Ethik bester Schutz für Mutter und Kind, die gleichwertiges Lebensrecht besitzen
In den Stellungnahmen und Berichten verdächtiger und weniger verdächtiger Abtreibungslobbyisten und vor allem der Presse fehlte es nicht an Angriffen auf den katholischen Charakter Irlands. Laut dem Mann von Savita, auch er Inder und Hindu, hätten sich die Ärzte geweigert eine Abtreibung durchzuführen, was er darauf zurückführte, daß Irland eine „katholische Nation“ ist. Das Leid des Ehemannes, der einen Schuldigen für den Verlust seiner Frau sucht, ist schwer, seine Reaktion verständlich, wenn auch nicht fair. Vor allem wurde seine Reaktion von anderen umgehend ausgenützt. Seine Worte waren nämlich Wasser auf die Mühlen der Abtreibungsbefürworter und bedienten unter Journalisten weit verbreitete antikatholische Vorurteile. Die Ärzteschaft und das medizinische Personal der Universitätsklinik von Galway dementierten die Behauptungen des Ehemannes, daß die Entscheidungen über die medizinische Behandlung von ihrem katholischen Glauben bestimmt seien.
Irlands katholische Bischöfe erinnerten unterdessen in einer Erklärung, daß sowohl das Leben eines Kindes als auch jenes der Mutter gleichermaßen heilig sind. Die katholische Kirche hat daher nie gelehrt, daß das Leben des ungeborenen Kindes im Mutterleib jenem der Mutter vorzuziehen sei. Gleiches gilt jedoch auch umgekehrt, da beide das gleiche Recht zu leben haben. Da das ungeborene Kind sich selbst nicht verteidigen kann, sei dieses jedoch graduell schutzbedürftiger. Auch die Kirche hält einen Eingriff zum Nachteil des Kindes für rechtmäßig, wenn nur dadurch das Leben der Frau gerettet werden kann. Dies gilt auch nur dann, wenn der Tod des Kindes ein unvermeidlicher, nicht gezielt herbeigeführter Nebeneffekt der Behandlung ist, die stets darauf abzielen muß, das Leben beider zu retten. Wenn ein absehbares Risiko so groß ist, daß das Kind durch die Behandlung sterben wird, kann dies auch nur dann geschehen, wenn die Mutter dies nicht ausdrücklich in Absprache mit ihrem Mann ablehnt, um dem Kind das Leben zu retten.
Müttersterblichkeit in Abtreibungsparadiesen wie England doppelt so hoch wie in Irland
Die katholische Position zum Lebensrecht zeigt auch im konkreten Fall einen abgrundtiefen Graben zwischen jenen auf, die das Leben wirklich verteidigen und jenen, die einen tragischen Todesfall ausnützen, um durch die Legalisierung der Abtreibung Tausende von Toten hinzuzufügen. Fürwahr eine menschenverachtende Logik, die jedoch als Akt der Zivilisation mißdeutet wird.
Die Sprechen von Pro Life Campaign, Ruth Cullen erklärte: „Wir übermitteln unser tiefempfundenes Beileid dem Ehemann und der Familie von Frau Savita Halappanavar. Es ist verwerflich, daß jene, die die Abtreibung einführen wollen, den tragischen Tod von Frau Halappanavar ausnützen. Es ist von vitaler Bedeutung festzuhalten, daß Irland ohne legalisierte Abtreibung heute von den Vereinten Nationen und der Weltgesundheitsorganisation als führend in der Versorgung und im Schutz von schwangeren Frauen anerkannt ist und ein für Frauen wesentlich sichereres Land ist als Großbritannien und die Niederlande, wo die Abtreibung weitgehend frei zugänglich ist.“
Keine mediale Empörung über Frauen, die wegen Abtreibung sterben
Die Medien waren, sobald die Meldung über eine Presseagentur ins Netz ging, wie auf Knopfdruck bereit, die Kombination „Frau tot, weil Abtreibung verweigert“ unhinterfragt weiterzuverbreiten und breiten Raum zur Forderung einer Abtreibungslegalisierung einzuräumen. Wann berichten dieselben Medien jedoch über den Tod einer Frau durch legale Abtreibung? Man wird vergeblich suchen. Entsprechende Studien zur Müttersterblichkeit bleiben ebenso unbeachtet, wie solche zu den Folgen von Abtreibung, wie dem erhöhten Brustkrebsrisiko.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: UCCR