(Rom) Pater Alvaro Corcuera Martinez del Rio, der Generalobere der Legionäre Christi läßt aus “gesundheitlichen Gründen“ seine Funktionen ruhen. Vier Jahre nach dem Tod des Ordensgründers Marcial Maciel und zwei Jahre nach der von Papst Benedikt XVI. angeordneten kommissarischen Kontrolle der Ordensleitung, teilte der Generalobere mit einem am 9. Oktober 2012 datierten Brief seine Entscheidung mit.
Pater Alvaro Circuera hatte den von Papst Benedikt XVI. eingesetzten und mit allen Vollmachten ausgestatteten „Kontrolleur“ des Ordens, Velasio Kardinal De Paolis um Entbindung von seinen Aufgaben als Generaloberer des Ordens und als Geistlicher Leiter der Laienbewegung Regnum Christi gebeten. Der Päpstliche Delegat gewährte eine „Zeit der Ruhe aus gesundheitlichen Gründen“.
Ruhige, aber zielstrebige Reinigungsarbeit des Vatikans
Es handelt sich um einen weiteren Schritt auf dem schwierigen, aber notwendigen Weg, den Orden aus seiner schweren Krise herauszuführen, in die er durch den bekanntgewordenen skandalösen Lebenswandel des Ordensgründers geraten war. Der Vatikan sieht im Orden und den dazugehörenden Gemeinschaften viele gute Kräfte am Werk und will diesen einen Neubeginn ermöglichen. Dazu ist die Entmachtung der letzten noch von Maciel eingesetzten Ordensoberen notwendig. Ein Vorgang, den der Vatikan möglichst ohne großes Aufsehen, um den Orden zur Ruhe kommen zu lassen, aber zielstrebig durchzuführen gedenkt.
Pater Corcuera wird offiziell seine Funktionen bis zum nächsten ordentlichen Generalkapitel, das für Ende 2013 oder Anfang 2014 vorgesehen ist, beibehalten, aber nicht ausüben. In seinem gestern veröffentlichten Schreiben sagt der Generalobere zwar nicht „schwerkrank“ zu sein, aber nicht mehr über „die notwendige Gesundheit und Kraft zu verfügen“, um in der gebotenen Weise seinen Aufgaben nachzukommen.
Orden untersteht weiterhin päpstlichem Delegaten mit allen Vollmachten
Der Päpstliche Delegat Kardinal De Paolis betonte in einem Begleitschreiben, daß es sich nicht um einen Rücktritt handelt und ebensowenig ein neuer Generaloberer ernannt werde. Es handle sich um ein dem amtierenden Generaloberen gewährtes Sabbatjahr, der bis zum nächsten Generalkapitel im Amt bleiben werde.
Pater Concuera war noch zu Lebzeiten des Ordensgründers Maciel 2005 zu dessen Nachfolger gewählt worden. Bereits zuvor gehörte der 1957 in Mexiko-Stadt geborene Priester zu dessen Mitarbeitern. Ein Jahr nach Antritt seines Amtes als zweiter Generaloberer der Legionäre, zwang Papst Benedikt XVI. den Ordensgründer sein Leben zurückgezogen, in Gebet und Buße zu beenden.
Mit Rückzug von Pater Concuera gehört Marciel Maciel endgültig der Vergangenheit an
Der Mexikaner Concuera, bereits seit dem 14. Lebensjahr in Kontakt mit der Jugendorganisation der Legionäre Christi, trat im Alter von 22 Jahren dem Orden bei und wurde 1985 zum Priester geweiht. Er betonte stets vom Doppelleben des Ordensgründers nichts gewußt zu haben. „Ich denke, daß die Legion und das Regnum Christi den richtigen Weg bei der Erneuerung beschreiten, einen Weg des Kreuzes, hart und komplex, aber voll Hoffnung“, mit diesen Worten bekräftigte Pater Corcuera in seinem gestern bekanntgegebenen Brief den von Papst Benedikt XVI. angeordneten Weg der Reinigung und des Neubeginns für den Orden und die damit verbundenen Gemeinschaften und Organisationen.
Pater Carcueras war für zwölf Jahre zum Generaloberen gewählt worden. Seine Amtszeit wäre offiziell erst 2017 zu Ende gegangen. Kardinal De Paolis erklärte zum Rückzug: „Eine schmerzliche Entscheidung, die allen Leid verursacht, die aber das Beste für die Legion und für Pater Alvaro selbst ist.“
Deutscher Legionäre übernimmt Ordensleitung
Im vergangenen Jahr gab ein bekannter amerikanischer Legionär, Thomas Williams, bekannt, Vater eines Kindes zu sein. Pater Corcuera soll davon gewußt, aber geschwiegen haben. Es gibt deutliche Signale, daß der Vatikan eine vom Ordensgründer Maciel völlig unbelastete Ordensleitung einsetzen will, um dem Orden einen wirklichen Neubeginn zu ermöglichen. In diesem Zusammenhang sei bereits zu Jahresbeginn der Rückzug des damaligen Generalvikars, Pater Luis Garza Medina zu sehen und nun auch jener des Generaloberen.
Pater Sylvester Heeremann möglicher nächster Generaloberer
Neuer Generalvikar ist seit dem 16. Februar 2012 Pater Sylvester Freiherr Heeremann van Zuydtwyck. Der 1974 in Bad Neustadt an der Saale geborene und 2006 zum Priester geweihte Deutsche wird bis zum Generalkapitel nun auch die Aufgaben des Generaloberen wahrnehmen. Pater Heeremann gehört zu jener Gruppe führender Legionäre, die nie zum engeren Kreis des Ordensgründers Maciel gehörten und die sich früh und eindeutig von Maciel distanzierten. Dazu gehört auch der brasilianische Legionär Pater Deomar De Guedes Vaz, der von Kardinal De Paolis mit Pater Heeremann in das Generalat des Ordens berufen wurde. Aus dieser Gruppe will der Vatikan offenbar die nächste Führungsspitze rekrutieren. Pater Sylvester Heeremann gehört trotz seines jungen Alters zu den aussichtsreichsten Kandidaten, dritter Generaloberer der Legionäre Christi und erster Generaloberer des Neubeginns zu werden.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Vatican Insider