(Karaganda) Am Sonntag, den 9. September wird in Kasachstan die neue katholische Kathedrale von Karaganda geweiht. Die feierlicher Weihe erfolgt durch den Dekan des Kardinalskollegiums, Angelo Kardinal Sodano, den Papst Benedikt XVI. zu seinem Legaten für die Weihe ernannt hat. Am Samstag zelebriert Kardinal Sodano mit den Pilgern ein feierliches Hochamt in der alten Kathedrale. Um 18.00 Uhr folgt die Aufführung von Mozarts Requiem zu Ehren der Opfer des Konzentrationslagers Karlag von Karaganda. Am Sonntag findet mit Beginn um 11.00 Uhr das Pontifikale Hochamt mit der Weihe der neuen Kathedrale statt.
Idee und Planung der neuen Kathedrale gehen auf den Bischof von Karaganda, Erzbischof Jan Pawel Lenga, und den damaligen Weihbischof von Karaganda und heutigen Weihbischof des Erzbistums Astana, den Rußlanddeutschen Msgr. Athanasius Schneider zurück. Msgr. Schneider erteilte dem Künstler Rodolfo Papa den Auftrag zu einem 14teiligen Bilderzyklus für die Krypta über die Eucharistie. Der Eucharistie widmete Weihbischof Schneider bereits sein Buch Dominus est, das 2008 mit einem Vorwort von Malcolm Kardinal Ranjith im Vatikan-Verlag erschienen ist.
Anläßlich der bevorstehenden Weihe der Neuen Kathedrale veröffentlichte die Nachrichtenagentur Zenit ein Interview mit Weihbischof Schneider, dem Sohn von zu Sowjetzeiten nach Zentralasien deportierten Schwarzmeerdeutschen. Msgr. Schneider gehört dem zum Engelwerk gehörenden Orden der Regularkanoniker vom Heiligen Kreuz an.
Alte Kathedrale aus der Zeit der Verfolgung äußerlich nicht als Kirche erkennbar
Einer der Gründe für den Bau der neuen Kathedrale, so Schneider, sei es gewesen, „eine Kathedrale an einem würdigeren und sichtbareren Ort“ zu erhalten. Die alte Kathedrale war noch während der Zeit der Verfolgung errichtet worden, befindet sich am Stadtrand und ist äußerlich nicht als Kirche zu erkennen. „Eine Kathedrale an zentraler Stelle und in einem unverkennbar katholischen Stil erbaut, das heißt im neugotischen Stil, wird ein stilles aber auch mächtiges Zeichen und Mittel der Evangelisierung sein in einer Welt, in der die Katholiken gerade ein oder zwei Prozent der Bevölkerung ausmachen und die Mehrheit der Einwohner Moslems sind und es eine starke orthodoxe Minderheit gibt. Zudem gehört ein nennenswerter Teil der Bevölkerung keiner Religion an, das sind Mensche,n die Gott suchen.“
Neue Kathedrale im „unverkennbar katholischen Stil“ erbaut
Sowohl Architektur und Innengestaltung seien „mit der größtmöglichen Sorgfalt“ erfolgt, um die „wahre künstlerische Schönheit und gleichzeitig die Sakralität und den Sinn des Übernatürlichen“ darzustellen. Alles sei geeignet, „das religiöse Empfinden der Gläubigen und der Besucher zu fördern und die Verehrung der Heiligsten Dreifaltigkeit zum Ausdruck zu bringen“. Alles sei darauf ausgerichtet, die „Erfüllung des Ersten Gebots und den letzten Sinn der ganzen Schöpfung zu erleichtern: die Anbetung und Verherrlichung Gottes.“
Kathedrale Ort des Gedenkens und der Sühne für die „unzähligen Opfer des Kommunismus“
Zur historischen und geistlichen Bedeutung gehöre auch, daß „die neue Kathedrale ein heiliger Ort für das Gedenken an die unzähligen Opfer des kommunistischen Regimes ist“, so Bischof Schneider. Bei Karaganda befand sich eines der größten und schrecklichsten sowjetischen Konzentrationslager. Im Gulag Karaganda, besser bekannt auch einfach nur als Karlag, litten und starben Menschen aus mehr als 100 verschiedenen Völkern. „Gleichzeitig wird die neue Kathedrale auch eine Sühnegebetsstätte für die Verbrechen des atheistischen und kommunistischen Systems sein.“
Der Bau der neuen Kathedrale sei von den Behörden und der islamischen Gemeinschaft mit „Respekt für die katholische Kirche“ aufgenommen worden. Die Menschen fühlten sich geehrt, in ihrer Stadt ein so außergewöhnliches Gebäude von solcher architektonischer Schönheit und hoher kultureller Bedeutung zu erhalten.
„Glaube wird im Alten Europa wiederaufblühen, wenn Jesus der erste Platz eingeräumt wird“
Die Mittel zur Errichtung der Kathedrale, so Bischof Schneider, kamen „von den Brüdern und Schwestern des Alten Europa. Und das ist schön, denn es zeigt die brüderliche Solidarität“, ähnlich der Frühzeit der Kirche. „Der Glaube wird auch im Alten Europa wiederaufblühen, wenn Jesus wieder immer stärker in allem Vorrang bekommt.“
Zu den täglichen Problemen der Katholiken Kasachstans gehöre, der „Mangel an Priestern, die enormen Entfernungen zwischen den Pfarrgemeinden, der Mangel an Mitteln zum Bau von Kirchen, für soziale Werke und für Schulen, die Abwanderung der Jugend ins Ausland und einige bürokratische Hürden“.
Das Verhältnis zu den anderen christlichen Konfessionen sei „gut“. Es gebe Begegnungen mit den Bischöfen und Priestern der russisch-orthodoxen Kirche und Vertretern der protestantischen Gemeinschaften. „Wir haben gemeinsame Initiativen mit den orthodoxen und protestantischen Brüdern im Bereich des Lebensschutzes.“
Kathedrale ist sichtbare Lektion über die Wahrheit des katholischen Glaubens
Im Bau einer neuen Kathedrale mit einer „wirklich sakralen Ästhetik“ und wirklicher sakraler Kunst, spiegle sich auch die „erste Pflicht der Kirche“ wider: „Gott, dem fleischgewordenen Gott den ersten Platz, einen sichtbaren Platz, zu geben, da Gott sich sichtbar gemacht hat in der Menschwerdung und in der Eucharistie“. Dazu gehöre auch, ihm zu seiner Ehre eine künstlerische Schönheit anzubieten, „da Gott der Schöpfer aller Schönheit ist“ und ihm zu Ehren daher von den Gläubigen auch „wirklich schöne Werke“ dargebracht werden sollen. Weihbischof Schneider zieht den Vergleich mit der Sünderin, die Christus zu Ehren eine Vase voll Salböl bringt von großem Wert (Mk 14,4), um den Herrn zu salben. Eine Summe, für die eine ganze Familie ein Jahr leben hätte können. Die Anwesenden waren empört über eine solche Verschwendung. Jesus aber lobte diese heilige Verschwendung und sagte: „Sie hat mir gegenüber eine gute Tat vollbracht“ (Mk 14,6) „Wir sind auch zur ‚heiligen Verschwendung‘ für Jesus gerufen“, so Msgr. Schneider.
Viele Menschen haben bereits die neue Kathedrale besucht. Der Großteil waren nicht Katholiken, nicht einmal Christen. „Sie wurden von der Schönheit angezogen und äußerten sichtbar ihre Bewunderung. Einige nicht christliche Frauen haben sogar vor Rührung in meiner Anwesenheit geweint.“
„Einmal habe ich in einer halben Stunde einem jungen nicht-christlichen Paar die Kathedrale gezeigt und die künstlerischen und sakralen Details erklärt. Nachdem wir die Kirche verlassen hatten, sagte die junge Frau zu mir: ‚In dieser halben Stunde habe ich meine Seele gereinigt. Darf ich noch einmal alleine kommen?‘ Ich habe geantwortet: ‚Natürlich, Sie können kommen, so oft sie wollen.‘“ Die halbe Stunde, in der ich die sakrale und schöne Kunst erklärte war, so Bischof Schneider, „eine Lektion über die Wahrheit des katholischen Glaubens“.
Kirchenneubau ein Instrument der Evangelisierung
„Die Reaktionen fast aller Personen, die bisher die Kathedrale besucht haben, vor allem der Nicht-Christen, war so spontan: Bewunderung, Schweigen, Offenheit für das Übernatürliche. Ich konnte in diesen Fällen die Wahrheit feststellen, daß die menschliche Seele von Natur aus christlich ist, wie Tertullian sagte, das heißt, daß Gott der menschlichen Seele die Fähigkeit eingeschrieben hat, Ihn zu erkennen und zu verehren. Pflicht der Katholiken ist es, diese offenen Seelen zum Glauben und zur Anbetung des Übernatürlichen, zum Glauben und zur Anbetung Christi, der Allerheiligsten Dreifaltigkeit, die Seelen in den Himmel zu führen. In die großen Bronzeportale am Eingang der Kathedrale sind die biblischen Worte eingeschrieben: Domus Dei – porta caeli, ‚das ist das Haus Gottes, das ist das Tor zum Himmel‘.“ Diese Worte seien das „Motto“ der Kathedrale „für das sichtbare Werk der Evangelisierung“, so Bischof Schneider.
14-teiliger Eucharistischer Zyklus
Der 14-teilige Bilderzyklus der Krypta solle „in der Kathedrale auf tiefere Weise das Geheimnis der Allerheiligsten Eucharistie zum Ausdruck bringen, daß die Eucharistie geistlich die Kirche baut und die Kirche leben läßt bis ans Ende der Zeiten. Das wahre Fundament der Kirche ist die Eucharistie. Analog zu den 14 Kreuzwegstationen des Hauptschiffs stellen die 14 Bilder der Krypta die Eucharistie dar. „Die ganze Heilige Schrift kündigt uns den fleischgewordenen, den menschgewordenen Christus an. Christus machte sich zur Eucharistie und hat uns Sein Fleisch real hinterlassen, wirklich und substantiell gegenwärtig im eucharistischen Geheimnis.“ Der Bilderzyklus zeigt die bekanntesten eucharistischen Darstellungen: das Opfer Abels, das Opfer Melchisedeks, das Opfer Abrahams, das Osterlamm, das Manna in der Wüste, die Nahrung des Propheten Elia auf dem Weg zum Berg Gottes, der Tempel in Jerusalem, Betlehem als ‚Haus des Brotes‘, das Wunder bei der Hochzeit von Kanaa, die Brotvermehrung, die eucharistische Rede im Johannesevangelium, das Letzte Abendmahl, Emmaus, das Lamm des himmlischen Jerusalem.
Der „Eucharistische Zyklus“ sei Msgr. Schneiders besonderer „Traum“ für die Kathedrale gewesen. „Ich wußte, daß ohne den Zyklus etwas fehlt. Ich betete zum Herrn, daß er mir einen vor allem tiefgläubigen Künstler schickt, einen Künstler, der die Eucharistie liebt, einen Künstler, der für die Gläubigen auf wirklich heilige und erbauende Weise zu malen versteht. Über einen Bekannten lernte ich Professor Rodolfo Papa kennen. Als ich einige seiner religiösen Werke sah und mit ihm über den Glauben und die Eucharistie gesprochen hatte, wußte ich, daß das der Künstler war, den der Herr mir geschickt hatte. Meine Überzeugung bestätigte sich, als ich sein Buch über die Theologie der sakralen Kunst las, zu dem Kardinal Cañizares das Vorwort geschrieben hatte.“
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Catholic Kazakhstan/Diocese Karaganda