(Alexandria) Die koptische Tageszeitung al Watan veröffentlichte die Liste der 2594 Wähler. Damit tritt die Wahl des 118. Patriarchen von Alexandrien und Papstes des Stuhls des heiligen Markus der Koptischen Kirche in die entscheidende Phase. Die Wähler bestimmen den Nachfolger, des im vergangenen 17. März verstorbenen Patriarchen Shenouda III.
Die Gruppe der Wähler ist nicht nur groß, sondern auch bunt zusammengewürfelt. Zu ihnen zählen Metropoliten, Bischöfe und Mönche, Vertreter von Laienorganisationen, koptische Staatsvertreter, Honoratioren und Journalisten. Erstmals werden auch Vertreter der Kopten in der Diaspora an der Wahl des neuen Patriarchen teilnehmen. Ihr Gewicht könnte sogar maßgeblich sein. Ein Fünftel aller Wahlberechtigten kommt nicht aus Ägypten.
Die Bestimmung der Wähler bedeutet noch nicht, daß die Wahl des neuen Patriarchen unmittelbar bevorsteht. Die Wahlversammlung ist erst für November vorgesehen. Sie wird nicht direkt den Nachfolger Shenoudas III. wählen, sondern drei Namen bestimmen. Aus dem Kreis dieser Erwählten, wird der neue Patriarch durch das Los bestimmt werden. Dabei kommt ein uraltes Verfahren zum Einsatz, mit dem nach koptischer Vorstellung sichergestellt werden soll, daß letztlich der Wille Gottes zum Zuge kommt. Die Namen der drei Erwählten werden auf je ein Blatt geschrieben und in eine Silberurne gelegt. Ein Kind mit verbundenen Augen wird daraus ein Blatt mit dem Namen des neuen Patriarchen ziehen.
Seit Ende Mai gibt es eine vorläufige Kandidatenliste mit 17 Namen. Jeder von ihnen muß männlich und mindestens 40 Jahre alt sein, fünfzehn Jahre seines Lebens als Mönch gelebt haben und darf nie verheiratet gewesen sein. Durch viele Jahrhunderte hindurch durften nur Mönche zu Patriarchen gewählt werden, die somit abseits des Patriarchats lebten und nicht in die Angelegenheiten der Kirchenleitung involviert waren. Erst 1928, anläßlich der Wahl des 113. Patriarchen, wurde es auch Bischöfen erlaubt, zu kandidieren. Dennoch waren vier der letzten fünf Patriarchen Mönche.
Unter den 17 Kandidaten der provisorischen Liste werden vor allem dem 70 Jahre alten Metropoliten Bishoy, Sekretär des Heiligen Synod gute Chance eingeräumt. Erzbischof Bishoy blieb auf Distanz zum sogenannten „Arabischen Frühling“, der in Ägypten islamistische Parteien an die Macht brachte. Ebenso hegt er wenig Hoffnung durch einen koptisch-moslemischen Dialog zu Lösungen zu gelangen. Gute Aussichten werden auch Bischof Youanis nachgesagt. Der 52-Jährige war bereits Sekretär von Patriarch Shenouda III. und gilt als geistliche Führungsgestalt.
In den kommenden Wochen fällt Bischof Pachomius, der bis zur Wahl des neuen Patriarchen interim die Aufgaben des Patriarchen erfüllt, die Aufgabe zu, die endgültige Kandidatenliste festzulegen. Sie dürfte weniger Namen enthalten. Das Patriarchat wird von jedem Kandidaten eine Filmpräsentation herstellen, die exakt von gleicher Dauer sind und den koptischen Fernsehkanälen zur Ausstrahlung zur Verfügung stellen, damit sich die Wähler, aber auch alle koptischen Christen in Ägypten und in der Diaspora ein Bild von den Bewerbern machen können. Die 2594 Wähler verfügen sicher über andere Informationswege, jeder auf seine Weise, um die Entscheidung über den künftigen Patriarchen von Alexandrien und Papst der Kopten treffen zu können.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: coptissimo