Wie am 13. Juni bekannt wurde, beantragte der Heilige Stuhl bei der internationalen Domain-Adressenverwaltung ICANN (Internet Corporation for Assigned Names and Numbers) die Exklusivrechte für die New-generic Top-Level-Domain .catholic. Darüber und zu der künftigen Präsenz der katholischen Kirche im Internet führte Giuseppe Nardi ein Interview mit Msgr. Paul Tighe, dem Sekretär des Päpstlichen Rats für die Kommunikationsmittel.
Ging die Initiative für die neue TDL vom Päpstlichen Rat für die Sozialen Kommunikationsmittel aus?
Ja, der Antrag wurde von uns gestellt. Die Initiative dazu ging allerdings vom Staatssekretariat aus. Da es sich um ein Projekt für die gesamte Kirche handelt, wurden wir mit der konkreten Durchführung beauftragt. Das hängt auch damit zusammen, daß wir bereits über die Kontakte zu den Kommunikationsbeauftragten der verschiedenen Bischofskonferenzen verfügen.
Das Ansuchen betrifft die Endung .catholic in allen Sprachen und Schriftzeichen?
(Lacht). Das könnten wir uns kaum leisten. Wir haben den Antrag für die vier wichtigsten Schriftzeichen gestellt, das heißt für .catholic in lateinischer, arabischer, chinesischer und kyrillischer Schrift. ICANN verlangt als reine Bearbeitungsgebühr für jedes Ansuchen 185.000 Dollar. Wir haben daher mit dem Gesuch vier Mal 185.000 Dollar an Bearbeitungsgebühren bezahlt, insgesamt 740.000 Dollar.
Das ist viel Geld. Andererseits hatten wir keine Wahl. Die Gebühren werden von ICANN vorgeschrieben. ICANN will damit die Seriosität der Bewerber sicherstellen und Glücksritter oder Sammler von Internetadressen abschrecken. Letztlich konnten wir es uns nicht aussuchen. Wir sind aber bereit zu investieren, weil das Internet immer mehr an Gewicht gewinnt. Wenn man aber bedenkt, wieviel die Renovierung einer Kirche kostet, und wir hier von einer eindeutig identifizierbaren Präsenz der katholischen Kirche weltweit im Internet sprechen, dann ist die Investition auf jeden Fall gerechtfertigt.
Was waren genau die Gründe für die Bewerbung?
Zunächst könnte man sagen, um einem möglichen Mißbrauch vorzubeugen. Die TLD könnte jemandem in die Hände fallen, der kommerzielle Zwecke verfolgt oder noch ganz anderes. Es geht uns also darum, den Namen katholisch zu schützen. Bereits in den vergangenen Jahren mußten wir beobachten, wie verschiedene Domain-Adressen anderer gTLDs mit dem Bestandteil katholisch erworben wurden, von Personen oder Gruppen, die nichts mit der katholischen Kirche zu tun haben.
Noch wichtiger ist uns jedoch, daß die Präsenz der katholischen Kirche im Internet verstärkt werden soll. Dazu soll die gTLD .catholic einen entscheidenden Beitrag leisten. Es geht also um Präsenz und Authentizität. Wir wollen Präsenz zeigen und diese verstärken. Es soll aber sichergestellt werden, daß es sich dabei um eine authentische Präsenz handelt. Wo in der URL katholisch steht, soll auch die katholische Kirche zu finden sein.
Wir wissen, daß Jugendliche, je nach Bildungsgrad, heute 15 Stunden und mehr wöchentlich im Internet verbringen. Daß die Social Networks besonders von Jugendlichen genützt werden. Da wollen wir ansetzen. Die gTLD .catholic soll dabei helfen, eine weltweit koordinierte und authentische Präsenz zu gewährleisten.
Bis wann rechnen Sie mit einer Entscheidung durch ICANN?
Dazu kann ich noch gar nichts sagen. ICANN hat noch nicht entschieden, in welcher Reihenfolge die mehr als 1900 Anträge von mehr als 1300 Antragstellern behandelt werden sollen. Anfangs dachte man an eine Art digitaler Lotterie. Davon nahm ICANN inzwischen wieder Abstand. Wir dürfen wohl nicht mit einer Entscheidung vor Juni 2013 rechnen. Über den Ausgang will ich nicht spekulieren. Der Heilige Stuhl hat das Ansuchen exakt nach den Vorgaben von ICANN eingebracht. Wir warten nun auf die Entscheidung. Wir legen Wert auf Transparenz. Unsere Bewerbung kann daher bei ICANN öffentlich eingesehen werden.
Hat Ihr Dikasterium bereits Kriterien entwickelt, nach denen – bei einer positiven Entscheidung – die neuen Adressen der TLD .catholic vergeben werden sollen?
Sollte es eine positive Entsceidung durch ICANN geben, wird der Päpstliche Rat für die Sozialen Kommunikationsmittel in enger Zusammenarbeit mit einigen ausgewählten Bischofskonferenzen versuchsweise mit der Vergabe beginnen. Diese Vergabe wird in drei Stufen erfolgen: Der ersten Stufe sollen einige große Diözesen und Orden angehören. In der zweiten Stufe sollen einige große katholische Werke und Universitäten folgen. In der dritten Stufe weitere kirchliche Institutionen. An eine Vergabe an Einzelpersonen ist nicht gedacht. Die TLD .catholic wird nur im institutionellen Rahmen vergeben werden. Nach den ersten Erfahrungswerten soll eine schrittweise Ausdehnung auf die ganze Welt, sprich alle Diözesen, Orden, Gemeinschaften, Einrichtungen und so weiter erfolgen.
Wird auch der Heilige Stuhl und die Römische Kurie ihre Internetadressen ändern?
(Lacht) Das ist nicht vorgesehen. Der Heilige Stuhl ist ein souveräner Staat und verfügt als solcher mit der Endung .va über eine eigene ccTLD. Die Bewerbung um die ngTLD .catholic wurde nicht für den Heiligen Stuhl eingebracht, sondern für die Weltkirche als Ganze. Ob künftig eventuell auch den Einrichtungen des Heiligen Stuhls zusätzlich Paralleladressen zugewiesen werden, wurde noch nicht besprochen. Es ist aber denkbar, daß zum Beispiel Diözesen, die bereits über eine allgemein bekannte und konsolidierte Internetadresse verfügen, künftig Paralleladressen mit Weiterleitungsfunktion nützen werden.
Die Nützung der TLD .catholic, sofern sie uns zugesprochen werden sollte, wird insgesamt in erster Linie mit pastoralen Fragen zusammmenhängen. Auch unter diesem Aspekt ist unsere enge Zusammenarbeit mit den Bischofskonferenzen zu sehen.
Abschließend die Frage an den “Vize-Minister“ des Kommunikationsministeriums der katholischen Kirche, was er sich für sein Diakasterium wünschen würde.
Im Zusammenhang mit der TLD-Bewerbung wäre es unser Wunsch, daß durch die TLD .catholic auch schwächeren Diözesen, die kaum oder noch gar nicht im Internet vertreten sind, geholfen wird, ihre Internetpräsenz zu verstärken. Wir hoffen, daß stärkere Diözesen in diesem Sinn den schwächeren helfen können oder anders ausgedrückt, daß Diözesen der ersten Welt jenen in den Entwicklungsländern unter die Arme greifen.
Allgemein kann ich sagen, daß die katholische Kirche international gesehen über geradezu unglaubliche Ressourcen in der Kommunikation verfügt. Als zuständiger Päpstlicher Rat für die Kommunikationsmittel verfügen wir über das Privileg, einen weltweiten Überblick zu haben. Nun könnte ich aufzählen, über welche Medien: Zeitungen, Zeitschriften, Radio- und Fernsehsendern. Und es ist wirklich eine enorme Zahl. Die größte Ressource und darauf bezieht sich auch mein “unglaublich“ von vorhin, sind jedoch die vielen Personen, die professionell und mit großem Einsatz im katholischen Kommunikationswesen tätig sind. Das ist eine große Hoffnung für die Kirche und hier sehen wir die Aufgabe, Zusammenarbeit zu schaffen, die einzelnen Akteure zu vernetzen, so daß im großen Internet ein katholisches Netz entsteht. Das 1. Meeting katholischer Blogger 2011 im Vatikan war ein ausgezeichneter Moment dafür. Soeben war ich in den USA bei einer Catholic Media Convention, wo ich zahlreiche Blogger kennenlernen durfte. Der Päpstliche Rat sieht sich gewissermaßen als begleitender Schnittpunkt, um die verschiedenen Akteure in Verbindung miteinander zu bringen. Wir betrachten uns als eine Art Clearing House.
Interview von Giuseppe Nardi
Bild: PCCS