Monica e.V. erreichte bisher über Google viele Schwangere im Konflikt. Nicht wenige von ihnen hatten dabei bereits einen Schein von einer staatlich anerkannten Einrichtung, den Abtreibungstermin fest vereinbart und die Abtreibung stand häufig unmittelbar bevor. Die Frauen suchten nach Informationen und viele Fragen wurden nicht beantwortet. Diese Lücke kann Monica schließen. Über die Seite www.ungewolltschwanger.net, die über Google beworben wurde, können Schwangere im Konflikt Kontakt zu Monica aufnehmen. Nun wurde die Werbung seitens Google untersagt, einige Fragen an Jens Falk, Vorstand von Monica e.V.
Monica e.V. legt dieses Jahr erneut einen ausführlichen Tätigkeits- und Finanzbericht vor. Sie sind eine der wenigen Organisationen, die dies tut. Warum?
Wir möchten unseren Spendern und allen Interessierten zeigen, wofür die eingenommenen Mittel ausgegeben wurden. Der größte Teil unserer Einnahmen sind Spenden. Wir sind der Meinung, der Spender hat ein Recht darauf zu erfahren, wie viel wir eingenommen haben und was wir mit seinem Geld erreicht haben.
Es ist aber nicht nur ein Finanzbericht, sondern vor allem auch ein Tätigkeitsbericht. Wir legen detailliert dar, wie die Situation für Schwangere im Konflikt im Jahr 2011 aussah, und zeigen wie wir beraten haben.
Wie sah bzw. sieht denn die Situation aus?
Eine Schwangerschaft wird immer weniger als ein normales Ereignis wahr- und angenommen. Dies hängt mit vielen gesellschaftlichen Veränderungen zusammen.
Die gewöhnliche Familienkonstellation Vater, Mutter und Kinder kommt in unserer heutigen Gesellschaft immer seltener vor. Statt dessen finden sich vermehrt Singlehaushalte und häufige Partnerwechsel. Heutige Beziehungen sind nur noch von kurzer Dauer und wechselhaft. Werte und Normen, die für eine tragfähige Beziehung von großer Bedeutung sind, verschwinden. Wir erleben, daß sich in unserer Gesellschaft Kinder- und Familienfeindlichkeit immer mehr verbreitet. Wobei sich die Familienfeindlichkeit derzeit vor allem gegen die Frauen richtet.
Wie ist das konkret zu verstehen?
Wir haben heute eine Frauenfeindlichkeit die ihresgleichen in der Geschichte sucht. Frauen sollen nur noch funktionieren: als Sexobjekt, als Arbeitskraft. Für weibliche Interessen, und dazu zähle ich auch eine feste, faire und vertrauensvolle Beziehung mit Geborgenheit und Sicherheit, die für eine streß- und konfliktfreie Mutterschaft notwendig ist, ist kein Platz mehr in unserer Gesellschaft. Immer mehr Schwangerschaften gehen zeitgleich mit einem Konflikt einher. Das liegt daran, daß immer weniger Frauen im geschützten Rahmen, in einer auf Dauer ausgerichteten Ehe, schwanger werden.
Ein großer, wenn nicht der größte, Teil der Frauen die schwanger werden, sind vom ersten Tag an extremem Streß ausgesetzt: Ausgestattet mit einem Zeitarbeitsvertrag oder sogar ohne Ausbildung, in Beziehung mit einem Mann, der über keine Ausbildung oder nur über einen Zeitarbeitsvertrag verfügt, vielleicht sogar alleinstehend, ohne Freund. Hinzu kommt noch, daß sie von einem Umfeld umgeben sind, das eher Spaß möchte, als Verantwortung zu übernehmen. Frauen erleben heute eine radikale Ablehnung ihrer Schwangerschaft.
In vielen Fällen trauen sich Frauen eine Schwangerschaft nicht zu, vor allem die Frauen und auch Männer, die aus Trennungsfamilien stammen. Sie haben selbst erfahren, wie schwierig es ihre alleinerziehenden Eltern hatten, für die Familie Sorge zu tragen. Sie erinnern sich daran, wie wenig Zeit ihre Eltern für sie hatten, wie sie zwischen Mutter und Vater hin und her geschoben wurden und wie oft sie sich unerwünscht gefühlt haben. Somit ist es nicht verwunderlich, daß diese Menschen eher eine Abtreibung bevorzugen, um ihren Kindern das zu ersparen, was sie in ihrer Kindheit erlebt haben.
Schwangerschaft, Geburt, Muttersein wird immer öfter als etwas Unnormales, als etwas gegen die gesellschaftliche Normalität empfunden. Schwangerschaft und Kind ist für die heutige Gesellschaft ein Übel. Die Frau soll ganz schnell wieder nicht mehr schwanger sein, am besten ohne Kind. Bringt sie es doch zur Welt, soll sie trotzdem wieder ganz fix in die Situation zurück, in der sie vor der Schwangerschaft war. Das Kind, der Störfaktor, muß weg. Am besten fremdbetreut, von Anfang an, und nicht weil die Mutter es so will, sondern weil sie reale Existenzängste plagen und die Gesellschaft das von ihr erwartet.
Alle diese Kräfte wirken auf die Schwangere. Sie fühlt sich allein und verlassen. Sie lebt mit diesem Druck und nicht in einer Situation, in der sie sich tatsächlich frei entscheiden kann.
Zusammengefaßt: Sie meinen, Frauen erleben, daß ihre Schwangerschaft von Dritten unerwünscht ist.
Ja, wenn eine Frau einen festen Partner hat, der wirklich zu ihr steht, wenn sie selbstbewußt ist, keine finanziellen Sorgen haben muß, ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, daß sie sich für ihr Kind entscheidet.
Wie sieht Ihre Beratung aus?
Um besser zu verdeutlichen, warum wir in unserer Beratung so vorgehen, wie wir das tun, und nicht anders, möchte ich kurz die derzeitige Situation in Deutschland skizzieren. In der Öffentlichkeit werden immer wieder Auseinandersetzungen zwischen Lebensschützern und Abtreibungsbefürwortern wahrgenommen. Beide Seiten vermitteln uns den Eindruck für die Frauen zu kämpfen, ihnen helfen und nur ihr Bestes zu wollen.
In Wirklichkeit jedoch bleiben die ungewollt schwangeren Frauen mit ihrem Konflikt auf der Strecke. Genau dort möchten wir sie abholen. Wir wollen uns mit ihren Ängsten und Sorgen auseinandersetzen. Besonders wichtig ist uns dabei, Schwangeren im Konflikt die Möglichkeit zu eröffnen, sich wirklich frei zu entscheiden. Mit der Schwangeren gemeinsam zu erarbeiten, wo der tatsächliche Konflikt liegt. Was der Wunsch bedeutet „Ich will nicht mehr schwanger sein“ im Hinblick auf die Konsequenz „Ich habe abgetrieben“? Welche Lösungsmöglichkeiten eine wirkliche Perspektive für ihr Leben eröffnen? Kurz: Die Frau mit allen ihren Facetten und Sorgen in den Mittelpunkt der Beratung zu stellen. Das hat sich Monica e.V. zur Aufgabe gemacht.
Dies ist uns deshalb so wichtig, weil wir oft beobachten, daß Schwangere im Konflikt bereits nach ca. 20 Minuten einen Schein bekommen, jedoch kaum eine Beratung.
Daß kaum noch beraten wird und die staatlich anerkannten Beratungseinrichtungen nur noch Scheinausgabestellen sind, ist doch bekannt. Warum wird dagegen nichts unternommen?
Ich glaube nicht, daß eine wesentliche gesellschaftspolitische Kraft ein Interesse daran hat, dies zu ändern.
Und die Kirchen?
Die Kirchen sind, entgegen eindeutiger Wünsche des Vatikans, wie die Politik daran interessiert den jetzigen Zustand zu erhalten. Wir beobachten immer wieder, daß Schwangere im Konflikt, die eine kirchennahe Einrichtung aufsuchen, nach den ersten Kontaktminuten zu Abtreibungslobbyisten zum Scheinabholen geschickt werden. In einigen Bistümern verkünden kirchliche Einrichtungen auf ihren Webseiten sogar ganz offiziell die Zusammenarbeit mit Abtreibungslobbyisten.
Die Bischöfe kennen die „Beratungspraxis“ in ihren Einrichtungen, sie wissen ganz genau, was in den staatlich anerkannten Einrichtungen passiert. Daher werden Sie auch keinen Bischof finden, der offen und immer wieder massiv dagegen Stellung bezieht. Die von den Bischöfen jährlich abgehaltene „Woche für das Leben“ ist eher eine Wellnessveranstaltung, als ein wegweisender Impulsgeber für diejenigen, die wirklich helfen wollen und für Betroffene, die Hilfe benötigen. Gemeinsam mit dem ZdK führen die deutschen Bischöfe den Vatikan und jene an der Nase herum, die Schwangeren im Konflikt mit tatsächlicher Hilfe zur Seite stehen wollen.
Es gibt eine Menge Leute, die einer Schwangeren, die abtreiben möchte, die Schuld geben. „Sie ist außerehelich schwanger geworden. Und wenn sie jetzt auch noch zur Abtreibung gehen möchte …, da habe ich kein Verständnis.“
Ja, diese Meinungen sind uns bekannt. Menschen mit einer solchen Auffassung begreifen nicht, daß man nicht nur jenen helfen sollte, die den selben Glauben haben, sondern daß jedem geholfen werden muß. Eine solche Redensweise ist auch eine persönliche Ausrede, um Hilfe zu verweigern. Ich erkenne darin kein christliches Verhalten, eher das Gegenteil. Und da wäre auch noch: „Wer ohne Sünde ist …“
Sie haben viele Schwangere im Konflikt über Google-Anzeigen erreicht. Diese Anzeigen verbietet Ihnen Google nun.
Ja, Google schrieb uns wörtlich: „Google erlaubt keine Anzeigen zum Thema ‚Abtreibung‘ in Deutschland. Um die Anzeigen freizuschalten, entfernen Sie sämtliche Verweise auf Abtreibung aus Ihrer Anzeige und von Ihrer Website.“ Der Hinweis, daß wir Abtreibung nicht durchführen, daran nichts verdienen, sondern Schwangere im Konflikt beraten, änderte nichts an der Entscheidung von Google.
Die Entscheidung des größten Suchmaschinenbetreibers spiegelt den gesellschaftlichen Konsens wider. Abtreibung soll privat, unauffällig stattfinden. Über Abtreibung wird nicht gesprochen. Eine Frau soll für den Mann jederzeit als Sexualobjekt zur Verfügung stehen, sie soll als Arbeitskraft für die Wirtschaft da sein. Sie soll ihre weibliche Persönlichkeit bekämpfen. Hat sie damit einen Konflikt, ist dies ihre private Angelegenheit.
Ich sehe keine relevante politische oder gesellschaftliche Kraft, die nicht von der Fristenregelung begeistert ist. Dieser miese Kompromiß mit der Fristenregelung, der zwischen Abtreibungslobbyisten und den christlichen Kräften innerhalb der Unionsparteien geschlossen wurde, ist eine der höchsten und perversesten Formen der Frauenunterdrückung überhaupt. Kaum einer ist daran interessiert, die Fristenlösung abzuschaffen. Die Abtreibungslobbyisten sehen, daß keine wirkliche Beratung stattfindet. Ihr Ziel „freier Zugang zur kostenlosen Abtreibung“ ist somit erreicht. Und die „christlichen“ Kräfte können sagen: „Nach dem von uns beschlossenen Gesetz zählt die Entscheidung der Frau, es fand ja eine gestzliche Beratung hin zum Leben statt“.
Die Reaktion von Google ist, meiner Meinung nach, ein Ausdruck dieses Willens aller wesentlichen Kräfte unserer Gesellschaft, einschließlich Politik und Kirchenvertreter.
Es gibt aber auch einen klaren Vorteil an der Entscheidung von Google. Es erscheinen derzeit auch keine Anzeigen mehr von holländischen Abtreibungseinrichtungen.
Wie erreicht Monica e.V. nun Schwangere im Konflikt?
Wir haben verschiedene Strategien entwickelt und fahren mehrgleisig. Eine Weg ist die Aktion „Helft Monica“ (www.helft-monica.de).
Näher möchte ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht darauf eingehen. Ich möchte vermeiden, diese Wege jenen zu zeigen, die mit Abtreibung Geld verdienen.
Worauf sind Sie in Ihrer Arbeit besonders stolz?
Besonders stolz sind wir auf alle Frauen, die sich trotz des Druckes von außen, trotz eigener Ängste, für ihre Kinder entschieden haben. Es gibt keine Frau, die anschließend ihre Entscheidung bereut hat. Im Gegenteil, sie sind glücklich sich für ihre Kinder entschieden zu haben.
Wir bedanken uns ganz herzlich bei allen Spendern, die unsere Arbeit ermöglichen, bleiben Sie unserem gemeinsamen Anliegen treu.
Die Fragen stellte Linus Schneider
Bild: Flyer, der von Monica e.V. derzeit öffentlich verteilt wird.