Die Versöhnungsbereitschaft Fellays – Kann Spaltung der Bruderschaft verhindert werden?


(Vati­kan) Nach­dem der Hei­li­ge Stuhl und die Prie­ster­bru­der­schaft St. Pius X. das Tref­fen zwi­schen Kar­di­nal Wil­liam Leva­da und dem Gene­ral­obe­ren der Bru­der­schaft, Msgr. Ber­nard Fel­lay im Vor­feld strikt geheim­ge­hal­ten hat­ten, wer­den im Anschluß eini­ge Details bekannt.

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Der Prä­fekt der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on und Vor­sit­zen­de der Päpst­li­chen Kom­mis­si­on Eccle­sia Dei teil­te dem Gene­ral­obe­ren mit, daß der Papst Klar­heit wün­sche, ob die Prie­ster­bru­der­schaft in die vol­le Ein­heit mit dem Hei­li­gen Stuhl zurück­keh­ren wol­le oder nicht. Eine Ant­wort von Msgr. Fel­lay wird für die Zeit nach Ostern erwar­tet. Im gestern von Kar­di­nal Leva­da über­reich­ten Schrei­ben wird die Pius­bru­der­schaft erneut auf­ge­for­dert, die „Dok­tri­nel­le Prä­am­bel“ anzu­neh­men, die ihr am 14. Sep­tem­ber 2011 über­ge­ben wor­den war. Deren Annah­me macht der Hei­li­ge Stuhl zur Vor­aus­set­zung für die kano­ni­sche Aner­ken­nung der Bruderschaft.

Die „Prä­am­bel“ ver­langt im Kern die Unter­zeich­nung der Pro­fes­sio fidei, wie es von jedem ver­langt wird, der ein kirch­li­ches Amt über­nimmt. Es han­delt sich um die Aner­ken­nung des kirch­li­chen Lehr­am­tes in Fra­gen des Glau­bens und der Moral. Der sprin­gen­de Punkt, an dem sich die Bezie­hun­gen zwi­schen dem Hei­li­gen Stuhl und der Bru­der­schaft spie­ßen, ist jedoch das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil. Rom erwar­tet von den Lefeb­vria­nen, die Doku­men­te des Kon­zils im Licht der von Papst Bene­dikt XVI. ver­tre­te­nen Her­me­neu­tik der Kon­ti­nui­tät mit der Tra­di­ti­on zu lesen.

Die bis­he­ri­ge Ant­wort der Pius­bru­der­schaft auf die Dok­tri­nel­le Prä­am­bel wird von Rom als unge­nü­gend betrach­tet. Die offi­zi­el­le Stel­lung­nah­me des Hei­li­gen Stuhls ent­hält dra­ma­ti­sche Töne, wenn die Rede davon ist, daß die Pius­bru­der­schaft einen „Bruch“ ver­mei­den sol­le, der „schmerz­li­che und unvor­her­seh­ba­re Fol­gen“ hätte.

In den bei­den von Msgr. Fel­lay im Dezem­ber 2011 und Janu­ar 2012 Rom über­ge­be­nen Ant­wor­ten hat­te er die „Prä­am­bel“ nicht unter­schrie­ben, ohne jedoch den Dia­log abzu­bre­chen. Er such­te mehr zeit­li­chen Spiel­raum, der von Rom gewährt wur­de. Die deut­li­chen Wor­te in der nun­meh­ri­gen Reak­ti­on Roms wol­len eine Klä­rung her­bei­füh­ren. Der Gene­ral­obe­re der Pius­bru­der­schaft habe beim Gespräch gestern jedoch mehr Ver­söh­nungs­be­reit­schaft als bis­her erken­nen las­sen. Dies bestä­tigt auch der Vati­ka­nist Andrea Tor­ni­el­li. Im zwei­stün­di­gen Gespräch hin­ter ver­schlos­se­nen Türen habe Msgr. Fel­lay erklärt, „kein Pro­blem zu haben, die Pro­fes­sio fidei zu unter­schrei­ben“, so Tor­ni­el­li. Eben­so wenig habe er kei­ne Schwie­rig­kei­ten mit den in der Prä­am­bel genann­ten Grund­sät­ze. Das Pro­blem, so Fel­lay zu Kar­di­nal Leva­da sei­en nicht die Grund­sät­ze, son­dern deren Anwen­dung. In der Kir­che von heu­te wür­de gera­de die Treue zum Lehr­amt fehlen.

Der Dia­log ist damit nicht zu Ende. Die Türen Roms sind wei­ter­hin offen, die Mög­lich­keit zu einer Ver­söh­nung ist nach wie vor intakt. Nach Ostern muß die Pius­bru­der­schaft jedoch ihr Ja oder ihr Nein zu Rom sagen. Soll­te die Ant­wort posi­tiv aus­fal­len, liegt im Vati­kan bereits ein aus­ge­ar­bei­te­tes Ange­bot zur kano­ni­schen Errich­tung der Prie­ster­bru­der­schaft als Teil der katho­li­schen Kir­che bereit. Der Vor­schlag sieht einen von den Orts­bi­schö­fen unab­hän­gi­gen Sta­tus vor, wie ihn bis­her noch kei­ner tra­di­ti­ons­ver­bun­de­nen Gemein­schaft gewährt wur­de. Papst Bene­dikt XVI. möch­te damit der Bru­der­schaft ein von zu erwar­ten­den bischöf­li­chen Wider­stän­den unbe­rühr­tes Betä­ti­gungs­feld erschlie­ßen und die Inte­gra­ti­on der Bru­der­schaft in die katho­li­sche Kir­che begünstigen.

Soll­te die Ant­wort nega­tiv sein, wird Rom durch die Ableh­nung zur Kennt­nis neh­men, daß sich die Prie­ster­bru­der­schaft außer­halb der Gemein­schaft der katho­li­schen Kir­che stellt mit den damit ver­bun­de­nen „schmerz­li­chen und unbe­re­chen­ba­ren Folgen“.

Das Ver­hal­ten von Msgr. Fel­lay läßt erken­nen, daß nicht nur der Inhalt der „Dok­tri­nel­len Prä­am­bel“ das Pro­blem dar­stellt, son­dern min­de­stens eben­so, wenn nicht noch mehr gegen­sätz­li­che Stand­punkt inner­halb der Bru­der­schaft mit star­ken Pola­ri­sie­run­gen. Eine gute Hälf­te der Pius­bru­der­schaft, ange­führt vom Gene­ral­obe­ren selbst, wünscht die Ver­söh­nung mit Rom und die Über­win­dung einer Tren­nung, die als „Schmerz“ emp­fun­den wird. Sie betont die sicht­ba­re Ein­heit mit Petrus als zen­tra­len Aspekt des Glau­bens­be­kennt­nis­ses und möch­te „im statt­fin­den­den Kampf“ die Rei­hen des Pap­stes stär­ken. Eine star­ke Min­der­heit will hin­ge­gen den Sta­tus quo bei­be­hal­ten mit der For­de­rung, daß „Rom sich bekeh­ren“ sol­le, da die Bru­der­schaft die eigent­li­che katho­li­sche Kir­che repräsentiere.

Msgr. Fel­lay hät­te die Prä­am­bel bereits unter­schrei­ben und die Aus­söh­nung mit Rom voll­enden kön­nen. Der Preis dafür wäre jedoch die Spal­tung der Bru­der­schaft gewe­sen, wobei nicht genau abseh­bar ist, wie groß die sich abspal­ten­de Grup­pe sein könn­te. Msgr. Fel­lay bemüht sich ein sol­ches Sze­na­rio zu ver­mei­den oder zumin­dest in aus sei­ner Sicht erträg­li­chen Gren­zen zu hal­ten, um die Ein­heit der Prie­ster­bru­der­schaft zu bewah­ren. Kann die Spal­tung der Pius­bru­der­schaft jedoch nur um den Preis ver­hin­dert wer­den, die Ver­söh­nung mit Rom aus­zu­schla­gen? Msgr. Fel­lay könn­te daher zum Schluß kom­men, daß die Zeit für eine Ver­söh­nung noch nicht „reif“ sei. Sie könn­te aller­ings immer weni­ger reif sein, je län­ger die Tren­nung andau­ert. Bei der Ent­schei­dung der Obe­ren der Bru­der­schaft geht es auch im die Fra­ge, ob sie künf­tig aus dem Inne­ren der Kir­che her­aus an deren Erneue­rung mit­bau­en und damit auch ihre Les­art des Kon­zils durch­set­zen will oder ob sie außer­halb des kano­ni­schen Rah­mens blei­ben und sich selbst in jener Gestal­tungs­mög­lich­keit beschnei­det, die moder­ni­sti­sche Krei­se und Grup­pen bereit­wil­lig nützen.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Una Fides

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