(Warschau) Gegen eine angeblich „freiheitsfeindliche“ Gesetzgebung Ungarns finden europaweit Proteste statt, die dank durchorganisierter linker Netzwerke mit gewohnter medialer Unterstützung schnell organisiert sind. Es genügen wenige Stichwörter, um die linke Maschinerie in Bewegung zu setzen. Hinterfragt wird nicht. Der Gegner wird medial mundtot gemacht. „Wenn Polen dem einzigen katholischen Fernsehsender den Übergang vom frei empfangbaren analogen zum digitalen Fernsehen (ohne Satellit und ohne Kabelnetz) verweigert, dann kräht jedoch kein Hahn“, so der katholische Publizist Rodolfo Casadei.
Linke kämpft in Ungarn für Freiheit – in Polen gegen Freiheit
Während das umstrittene Mediengesetz der Regierung Orban in Ungarn keine benennbaren Benachteiligungen brachte, wurde in Polen dem einzigen katholischen Fernsehsender des Landes, TV Trwam mit Sitz in Thorn, eine digitale Sendelizenz verweigert. 2013 steigt Polen vom analogen zum digitalen terrestrischen Fernsehen um.
Am 19. Dezember vergab die polnische Medienbehörde KRRIT (vergleichbar den Landesmedienanstalten in der Bundesrepublik Deutschland und der KommAustria in Österreich) vier digitale Fernsehlizenzen. Die Vergabekriterien wurden von den vier ausgeschlossenen Bewerbern scharf kritisiert.
Am 11. Januar legte die Stiftung Lux Veritatis, Eigentümerin von TV Trwam (www.tv-trwam.pl) beim Verwaltungsgericht Warschau Einspruch gegen die Lizenzvergabe ein.
Am 18. Januar richteten sieben Abgeordnete zum Europäischen Parlament, die zwei polnischen Mitte-rechts-Parteien angehören, eine Anfrage an die Europäische Kommission. Die EU-Kommission wurde gefragt, was sie dazu sagt, daß die polnische Rundfunkregulierungsbehörde „Medien diskriminiert, weil sie katholisch sind“.
Am 30. Januar brachte der Vorsitzende der Oppositionspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS), der ehemalige Ministerpräsident Jaroslaw Kaczynski im polnischen Parlament einen Beschlußantrag ein, um die Mitglieder der KRRIT vor den Staatsgerichtshof zu zitieren, jener polnischen Gerichtsbarkeit, vor der sich Staatsvertreter zu verantworten haben.
Nach dem Aufschrei über Ungarn hätte man sich ähnliches mediales Interesse für Polen erwarten können. Doch weit gefehlt. Die Lizenzverweigerung in Polen wurde nicht als Anschlag auf die Presse- und Meinungsfreiheit gewertet, sondern von der linksliberalen Presse in das genaue Gegenteil verkehrt. Der Kampf gegen die Gesetzgebung in Ungarn und für die Diskriminierungspraxis in Polen werden zu ein und demselben „Kampf gegen die Reaktion“ stilisiert.
Diskriminierung in gerechten Kampf gegen die „Reaktion“ umgedeutet
Die linksliberale La Repubblica, das italienische Pendant der Süddeutschen Zeitung, titelte die Schlagzeile: „Keine digitale Sendefrequenz: Das liberale Polen fordert die polnischen Integralisten heraus.“ Im „Glanzblatt“ des linken Bürgertums liest sich die diskriminierende Ausgrenzung so: „Die Entscheidung der Rundfunkaufsichtsbehörde erfolgte nach strengen gesetzlichen Bestimmungen, die für alle gleich sind. Der ultrakonservative Fernsehsender erfüllt keine öffentliche Nützlichkeit. Er kassiert soviel Werbung, daß er sich sich problemlos selbst finanzieren kann. TV Trwam wird deshalb über Satellit senden und ein Abonnement einheben können.“
Die linke Presse mutierte vom „kritischen Gewissen“ gegen Ungarn zum „Amtsverteidiger“ für Polen. Mit der Begründung, der katholische Sender sei ohnehin „reich“, wird sein Ausschluß von der terrestrischen digitalen Sendeplattform gerechtfertigt. Der Ausschluß stellt jedoch eine echte Diskriminierung dar. Der Unterschied ist evident: Durch den freien, terrestrischen Zugang erreicht ein Sender 100 Prozent aller Fernsehteilnehmer ohne Zusatzkosten, durch den Satellitenempfang, der in Polen seit Jahren nur mehr eine untergeordnete und rückläufige Rolle spielt, bestenfalls 15 Prozent der Bevölkerung. Jeder Neuzugang ist zudem für den Fernsehteilnehmer mit Zusatzkosten zum Ankauf von Satellitenschüssel und Empfangsgerät verbunden.
Lizenz verweigert, weil katholischer Sender „zu arm“ oder „zu reich“?
Die polnische Rundfunkbehörde lieferte die exakt entgegengesetzte Begründung für die Ablehnung wie die linken Medien. Laut DPA „bezweifelt die Rundfunkbehörde, daß TV Trwam über ausreichend Finanzmittel verfügt, um den Sprung in das digitale Fernsehzeitalter zu schaffen“, wie es in einem tendenziösen, gegen TV Trwam gerichteten Artikel hieß.
Geldmangel als offizieller Grund für die Ablehnung wurde auch in der Beantwortung der parlamentarischen Anfrage der Europabgeordneten bestätigt. Pater Zdzislaw Klafka, der ehemalige Provinzial des Redemptoristenordens für Polen, der für die Zusammenarbeit zwischen TV Trwam und Radio Vatikan zuständig ist, bestätigte, daß die KRRIT der Meinung sei, daß die Stiftung Lux Veritatis nicht ausreichend Finanzgarantien für die Verwirklichung des Projekts erbracht habe.
Kurzum, der katholische Sender sei von der Lizenzvergabe ausgeschlossen worden, weil er zu arm und nicht etwa, weil er zu reich ist. Marcin Przeciszewski, Chefredakteur der offiziellen katholischen polnischen Presseagentur KAI sagte: „Der Medienrat hat entschieden, daß die Unterlagen der Stiftung nicht ausreichende finanzielle Sicherheiten bot. Die Kosten für die Beteiligung an der digitalen Plattform werden auf jährlich 10 Millionen Zloty geschätzt.“ Das entspricht rund 2,5 Millionen Euro.
Die katholische Stiftung ließ sich nicht beirren und legte Dokumente vor, aus denen hervorging, daß der Redemptoristenorden, dem der Fernsehsender indirekt gehört, für die Kosten bürgt. Für die Medienbehörde war die Dokumentation aber nicht ausreichend und sei zudem zu spät eingelangt.
Medienbehörde „wollte einfach nichts wissen“
„Die Stiftung kann den Orden um Kredite bitten und erhalten. So steht es in den Statuten, schließlich sind alle Mitglieder der Stiftung Redemptoristen“, wie Pater Klafka erklärte. „Aber die Behörde wollte davon einfach nichts wissen.“
Die offizielle Begründung wurde als Ausrede entlarvt. Der Fernsehsender der Redemptoristen war seit Jahren von den feindlich gesonnenen und neidischen Medien als Wirtschaftsmacht beschrieben worden und nun sollte ausgerechnet dieser Sender nicht ausreichend finanzielle Garantien erbringen können. Lux Veritatis und die anderen drei ausgeschlossenen Sender verlangten Einsicht in die Finanzgarantien und Geldflüsse der Sender, die eine Lizenz erhalten haben. So wurde bekannt, daß diese zum Teil auf finanziell wackeligen Beinen stehen und alle geringere Garantien vorgelegt hatten als TV Trwam.
Katholischer Sender ist der finanziell solideste Bewerber
Bei einem der vier Gewinnern der Lizenzvergabe, dem Fernsehbetreiber Stavka, scheinen in den der Rundfunkbehörde vorgelegten Unterlagen weder eigene Senderäume noch die entsprechenden Sendegeräte auf. Der Sender gibt offiziell an, über 99.651 Zloty (rund 20.000 Euro) an Aktiva zu verfügen und 3.963 (800 Euro) an Nettoverlust erwirtschaftet zu haben. Im Vergleich dazu kann die Stiftung Lux Veritatis stabil Einnahmen von mehr als 21 Millionen Euro und einen Nettogewinn von rund 850.000 Euro aufweisen.
Ein Vergleich zeigt, daß Lux Veritatis finanziell 351 Mal besser dasteht als Lemon Records, gar 3698 Mal stärker als Eska TV und gleich sagenhafte 86,6 Millionen Mal stärker als die bereits genannte Stavka, um drei der vier Sender zu nennen, die eine Lizenz erhalten haben. Vergleicht man das Aktivkapital (Gesellschaftskapital, Reserven und Gewinn), dann verfügt Stavka lediglich über knapp 22.000 Euro, Lemon Records über rund 115.000 Euro, Eska TV über etwa 925.000 Euro, Lux Veritatis aber über 5 Mio Euro.
„Politisch motivierte Entscheidung“ gegen katholischen Sender
Die Wahrheit ist also woanders zu suchen, jedenfalls nicht bei den angeblich unzureichenden Finanzgarantien des katholischen Senders. „Es handelt sich um eine politisch motivierte Entscheidung. Die Mitglieder der KRRIT sind vom Parlament gewählt und damit von der regierenden Mehrheit bestimmt, die auch den Staatspräsidenten stellt“, erklärt der Europaabgeordnete Miroslaw Piotrowski die Hintergründe, der noch auf eine schriftliche Antwort der Europäischen Kommission auf seine Anfrage von Ende Februar wartet.
„Die Opposition hat bereits einen Antrag eingebracht, um die Angelegenheit dem Staatsgerichtshof vorzulegen, denn die KRRIT hat die polnische Verfassung und das Rundfunkgesetz verletzt. Ob sich der Staatsgerichtshof mit der Sache befaßt, hängt jedoch vom Parlament ab, in dem die Regierung über eine Mehrheit verfügt. Die Regierungskoalition ist für die derzeitige Zusammensetzung der KRRIT verantwortlich und unterstützt ihre dorthin entsandten Vertreter und deren extravagante Vorgehensweise“, so der Abgeordnete und Assistenzprofessor an der Katholischen Universität Lublin.
Die Vergabepraxis trage, so Piotrowski, eine eindeutig politische und ideologische Handschrift. Es gehe darum, einen möglichen Einfluß auf die öffentliche Meinung der einen zu verhindern und anderen hingegen zu verschaffen. Hinzu komme, daß es im Medienbereich um Geld geht. Die meisten Anbieter sind kommerzielle Sender. Während katholische Medien von Spenden leben, bedeute eine Sendelizenz für kommerzielle Anbieter ein „Mitnaschen am lukrativen Werbekuchen“.
TV Trwam Gründung von Pater Tadeusz Rydzyk dem Gründer von Radio Maryja
Der Fernsehsender TV Trwam wurde vom Redemptoristenpater Tadeusz Rydzyk gegründet, der auch Gründer von Radio Maria Polen ist. Radio Maryja (https://www.radiomaryja.pl) steht seit seiner Gründung 1991 im Mittelpunkt erbitterter Polemiken in und außerhalb Polens. Aus diesem Grund wird auch der Fernsehsender von den das Land seit 2007 regierenden Parteien, der bürgerlich-liberalen Bürgerplattform PO von Ministerpräsident Donald Tusk und der Polnischen Bauernpartei PSL, als Stimme der rechten Opposition um die ehemalige Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit PiS der Brüder Kaczynski betrachtet und erklärt die politischen und ideologischen Widerstände gegen TV Trwam.
Liberale und Postkommunisten im Rundfunkrat gegen katholischen Sender
Als das Parlament den Vertreter der Opposition für die Rundfunkaufsichtsbehörde KRRIT wählte, suchte ihn die Regierungsmehrheit mit ihrem entscheidenden Stimmengewicht nicht bei der PiS, der mit 30 Prozent der Stimmen weitaus größten Oppositionspartei, sondern beim Bund der demokratischen Linken (2011: 8,2 Prozent), der Nachfolgepartei der Kommunistischen Partei, die notorisch anti-kirchlich gesinnt ist. Entsprechend stimmte der postkommunistische Vertreter bei der entscheidenden Abstimmung im Rundfunkrat mit den Regierungsparteien gegen TV Trwam.
Diese linke Zustimmung erkläre, so Piotrowski, das Schweigen oder die KRRIT-freundliche Berichterstattung in der meinungsführenden Medien anderer europäischer Staaten. Für die Linke, aber auch die laizistischen Liberalen laute, so der Europaabgeordnete, die Gleichung: TV Trwam ist gleich Radio Maryja ist gleich antimodernistischer und euroskeptischer, ultrakonservativer Katholizismus. Angesichts solcher Aussichten gerate die ohnehin nur bescheiden entwickelte linke Toleranz gänzlich unter die Räder und verbünde sich mit anderen antikatholischen Strömungen. Die Meinungsfreiheit und der Gleichheitsgrundsatz seien die ersten Opfer einer solch unheiligen Allianz, wie Piotrowski betont.
Da nützte auch kein Hinweis, wie ihn Ennio Flaiano wagte, daß der seit 2003 ausstrahlende katholische Fernsehsender TV Trwam nie in die Radio Maryja betreffenden kircheninternen Polemiken verwickelt war.
TV Trwam und die Evangelisierung – Dank von Papst Benedikt XVI.
Mit anderen Worten: TV Trwam wurde etwa nie des Antisemitismus beschuldigt, wie dies beim Radiosender der Fall war. 50 Prozent des Fernsehprogramms ist der Evangelisierung und der religiösen Erziehung gewidmet. Das Programm enthält alle wesentlichen Eckpunkte, wie sie jeden katholischen Sender in allen Ländern kennzeichnen: Rosenkranz, Kindergebete, Angelus und Katechese des Papstes, Reisen des Papstes, Heilige Messe, wichtige kirchliche Ereignisse, Meditationen, geistliche Unterweisung und Impulse, Filme mit religiösen Inhalten. Die polnische Kultur macht 13 Prozent der Sendezeit aus, 12 Prozent sind der Bildung gewidmet. Hinzu kommen Informations- und Nachrichtensendungen, dazu gehört auch die vom vatikanischen Fernsehzentrum CTV produzierte Sendung Octava Dies. Papst Benedikt XVI. dankte Anfang Dezember 2011 Radio Maryia zum 20jährigen Bestehen des Senders für dessen Einsatz für die Evangelisierung.
Universitätsstudie eines ehemaligen Kritikers entlastet Radio Maryja
Im November 2011 legte der polnische Soziologe und Antisemitismus-Forscher Ireneusz Krzeminski von der Universität Warschau, bekannt für seine frühere Kritik an Radio Maryja, eine Studie mit dem Titel vor: „Was lehrt uns Radio Maryja?“. Die Studie entstand im Gefolge einer scharfen Kritik des bekannten polnischen Juden Marek Edelmann, Kommandeur beim Aufstand im Warschauer Ghetto, der 2006 Radio Maryja Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit vorwarf.
Die von einer Studiengruppe unter der Leitung von Krzeminski erstellte Studie über das vom katholischen Radiosender seit 2007 ausgestrahlte Programm kommt zum Ergebnis, daß Radio Maryja weder antisemitisch ist noch eine nationalchauvinistische Ideologie vertritt. Der vom Radio vertretene Katholizismus sei genuin, bodenständig und hänge keiner katholischen Rand- oder Sonderrichtung an.
Zerrbild von Radio Maryja durch Pressekampagne in und außerhalb Polens entstanden
Der Antisemitismusforscher kam mit seinen Mitarbeitern weiters zum Schluß, daß das Bild vom ultranationalistischen und antisemitischen Radio vor allem das Ergebnis einer jahrelangen Pressekampagne der linksliberalen Tageszeitung Gazeta Wyborcza ist. Eine Kampagne, die in den Medien anderer europäischer Staaten viele Nachahmer fand. Die Religions-Redaktion des ORF schrieb vom „radikalen Kirchensender“, der „polarisiert“ und ein „Medienimperium“ darstelle. Daß Radio Maryja „nationalistische“ und „antisemitische Stellungnahmen“ sendet, steht zumindest für den ORF fest. Daran wird auch die Studie von Krzeminski nichts ändern. Die Schlagwörter wiederholen sich gebetsmühlenartig in den großen Tages- und Wochenzeitungen des deutschen Sprachraums.
Eine Million Polen fordern solidarisch Sendelizenz für TV Trwam
Die redaktionelle Linie sowohl von TV Trwam als auch von Radio Maryja war nie Gegenstand gerichtlicher Verfahren geschweige denn einer Verurteilung. „Urteile“ fällte lediglich der Medien-Ethikrat, dem der Abgeordente Piotrowski „einseitige Wahrnehmung“ attestierte.
Bis Anfang Februar 2012 hatten sich bereits mehr als eine Million Polen mit dem katholischen Fernsehsender solidarisiert und von der Medienaufsichtsbehörde eine digitale, terrestrische Sendelizenz für den TV Trwam gefordert.
Text: Corrispondenza Romana/Giuseppe Nardi
Bild: tv-trwam.pl