(Rom/Econe) Gestern, den 3. Februar 2012, wurde Kardinal William Levada von Papst Benedikt XVI. empfangen. Der Präfekt der Glaubenskongregation und Vorsitzende der Päpstlichen Kommission Ecclesia Dei berichtete dem Papst über den Stand der Dinge bei den Verhandlungen zwischen dem Heiligen Stuhl und der Priesterbruderschaft St. Pius X. Konkret ging es vor allem um die zweite, die eigentliche Antwort der Bruderschaft auf die „doktrinelle Präambel“. Seither ist der Vatikan am Zug. Die von Kardinal Levada geleitete Kongregation prüfte die Antwort und gestern werden der Papst und er die nächsten Schritte des Heiligen Stuhls in der Sache besprochen haben. Über das Ergebnis der Audienz ist noch nichts bekannt.
Begleitet wurde der ganze Tag von medialem Sperrfeuer. Nicht zum ersten Mal scheint manchen das Scheitern der Gespräche nicht schnell genug zu gehen. Eine neue Welle, dieses Scheitern herbeizureden, begleitete gewissermaßen als Begleitmusik das Gespräch von gestern im Vatikan.
Eröffnet wurde es von Alessandro Speciale und ungeprüft von anderen Journalisten, auch Vatikanisten übernommen. Im deutschen Sprachraum preschte Armin Schwibach mit dem reißerischen Aufmacher „Bischof Fellay: Non possumus!“ vor. Demnach habe der Generalobere der Piusbruderschaft, Msgr. Bernard Fellay, in einer Predigt im Priesterseminar der Bruderschaft in Winona in den USA am Vortag erklärt, daß es der Bruderschaft unmöglich sei, die Präambel zu akzeptieren. Er habe, so Speciale, Schwibach und im Dominoeffekt zahlreiche andere, ein Non possumus bekanntgegeben.
Es mußte der Eindruck entstehen, als sei die Priesterbruderschaft an der Reihe, zum Stand der Verhandlungen mit Rom Stellung zu beziehen. Das genaue Gegenteil ist jedoch der Fall. Der Heilige Stuhl ist an der Reihe und genau aus diesem Grund fand gestern hinter verschlossenen Türen im Vatikan die Besprechung zwischen Papst Benedikt XVI. und Kardinal Levada statt. Allein schon deshalb hatte der Generalobere der Piusbruderschaft keine Veranlassung, ausgerechnet am Vortag ein kategorisches „Njet“ in die Welt zu posaunen. Die Beherrschung des kleinen diplomatischen Einmaleins hat Msgr. Fellay seit Beginn der Gespräche mit Rom, besser gesagt, seit seinem Empfang bei Papst Benedikt XVI. im Sommer 2005 ausreichend unter Beweis gestellt, als daß er keinen solchen unangebrachten Ausritt unternehmen würde, während er auf die Antwort der anderen Seite wartet.
Damit war der Tag, zumindest medial, jedoch „gelaufen“. Die unkritische Weiterverbreitung einer Falschmeldung sagt vor allem viel über das Wunschdenken mancher Journalisten aus. Auch in diesem Fall stellt sich die Frage nach dem Cui bono. Daß eine mögliche und von Papst Benedikt XVI. gewünschte Einigung zwischen dem Heiligen Stuhl und der Priesterbruderschaft von Erzbischof Marcel Lefebvre viele Gegner hat, auf beiden Seiten, ist schon lange bekannt.
In Italien überschlugen sich die Nachrichten. Der Ausgangspunkt ist für alle die behauptete „Absage“ Msgr. Fellays in Winona. Es handelt sich jedoch um eine Falschmeldung im klassischen Sinn, wie Rorate coeli aufdeckte. Msgr. Fellays hat die ihm zugeschriebene Aussage nie gemacht, nicht in Winona und auch nicht anderswo. In seiner Predigt skizzierte der Generalobere kurz den Stand den bisherigen Verlauf der Gespräche mit Rom und führte dabei aus, daß die „Präambel“, so wie sie am 14. September der Bruderschaft übergeben wurde, von ihr nicht angenommen werden konnte. Das ist längst bekannt und entspricht keiner generellen Absage, sondern ist Teil der Verhandlungen. Der Vatikan gestand der Bruderschaft mit Übergabe das Recht zu, Änderungsvorschläge zu unterbreiten, Wünsche zu äußern, geeignetere Formulierungen vorzuschlagen. Von dieser Möglichkeit hat die Bruderschaft Gebrauch gemacht und wartet nun ihrerseits auf die Reaktion Roms, die gestern Gesprächsgegenstand zwischen Benedikt XVI. und Kardinal Levada war.
Man wird sich also noch ein bißchen gedulden müssen, bis Rom seine Antwort an die Piusbruderschaft bekannt gibt, was übrigens noch lange nicht heißt, daß damit dann die Gespräche zu Ende sein werden. Da haben sich manche zu früh gefreut, die ein Scheitern unbedingt herbeireden und herbeischreiben wollen.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Vatican Insider