(Rom/Econe) Die Päpstliche Kommission Ecclesia Dei hätte den 53. Jahrestag der Ankündigung des Zweiten Vatikanischen Konzils wahrscheinlich lieber anders erlebt. Am 25. Januar 1959 kündigte Papst Johannes XXIII. nur drei Monate nach seiner Wahl zum Oberhaupt der katholischen Kirche die Einberufung eines ökumenischen Konzils an. 2012 hätte Kardinal William Levada, Präfekt der Glaubenskongregation und Vorsitzender von Ecclesia Dei, zu diesem Anlass gerne die wiedergewonnene Einheit mit der Priesterbruderschaft St. Pius X. bereits vollzogen gesehen. Laut den aus Econe, dem Sitz des Generalrats der Bruderschaft eintreffenden Nachrichten, ist noch alles offen mit einer leichten Tendenz hin zu einem erfolgreichen Abschluß der Aussöhnung.
„Es gibt ein Paradox in diesem Pontifikat: Der Papst, der mit deutlicher Stimme fordert, die Tradition zu achten, tut sich schwer mit der ‚extremen Rechten‘ der katholischen Welt eine Einigung zu finden“, kommentierte der Vatikanist Paolo Rodari. Im Vergleich dazu, so Rodari, sei die Einigung mit den rückkehrbereiten Anglikanern geradezu problemlos verlaufen.
Vereinfachend gesagt, stellt genau das Zweite Vatikanische Konzil und dessen Bewertung den entscheidenden Knackpunkt dar. Papst Benedikt XVI. gab seit Beginn seines Pontifikats der Interpretation des Konzils zwei entscheidende Elemente. Das Zweite Vaticanum sei 1.) „lediglich“ als Pastoralkonzil zu werten und 2.) aus der Kontinuität der Kirchengeschichte heraus zu interpretieren und nicht als Bruch.
Mit dieser grundlegenden Neuausrichtung in der Gewichtung des Konzils gegenüber den 60er und 70er Jahren, wollte der Papst den von „progressiven“ katholischen Kreisen seit dem Konzil propagierten Bruch mit der Vergangenheit korrigieren. In der Kirchengeschichte könne es gar keinen Bruch geben, wenn die Kirche nicht mit sich selbst, der Überlieferung und der Offenbarung brechen wolle.
Die „linke“ Bruch-These findet unter umgekehrten Vorzeichen auch auf der ganz entgegengesetzten Seite Anhänger. Die Piusbruderschaft vertritt dieselbe Bruch-These wenn auch aus umgekehrter Perspektive.
Msgr. Richard Williamson, einem der vier Bischöfe der Piusbruderschaft, der dem Rom am fernsten stehenden Flügel der Bruderschaft angehört, wird der Satz zugeschrieben: „Lieber schismatischer Sedisvakantist, als römischer Apostat.“ Laut Williamson sollte ein Schisma nicht abschrecken. „Eine größere Gefahr als eine schismatische Mentalität anzunehmen, wäre es, sich mit der geistigen und geistlichen Krankheit der heutigen Römer anzustecken, indem man sich ihnen zu sehr nähert.“
Es liegt letztlich alles in der Hand des Generaloberen der Piusbruderschaft, Bischof Bernard Fellay. Er muß einerseits mit ganzem Einsatz und größter Konzentration die Verhandlungen mit Rom führen und gemeinsam mit Rom jedes Wort der Einigung abwägen. Andererseits muß er den Dauerdruck der radikalen Gruppen in der Bruderschaft aushalten, die sich des Ranges wegen um Msgr. Williamson scharen, sich aber nicht von diesem lenken lassen. Mit der Klärung mit Rom wird Msgr. Fellay auch eine Klärung mit jenen Teilen der Bruderschaft herbeiführen müssen, die offen mit dem Sedisvakantismus und dem Schisma liebäugeln.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Disputationes theologicae