(Wien) In Favoriten, dem bevölkerungsreichsten Bezirk der Stadt Wien, gibt es bereits mehr Moslems als Katholiken. Unter den 180.000 Einwohnern des 10. Bezirks gehören ein Drittel der katholischen Kirche an, vier Prozent besuchen den Sonntagsgottesdienst. Dies berichtet die österreichische Nachrichtenseite unzensuriert.at. Der Wiener Erzbischof, Kardinal Christoph Schönborn bezeichnete die dramatischen Umwälzungen durch Glaubensschwund und Bevölkerungsaustausch als „Zeitenwende“ und „Wandel in der Gesellschaft“.
Die Erzdiözese Wien reagiert auf die sinkende Katholikenzahl mit dem Programm Apostel 2.1. Dahinter verbirgt sich vor allem das Konzept, „unrentable“ Kirchen abzustoßen. So wurde die Kirche in Neulerchenfeld im 16. Wiener Stadtbezirk Ottakring im Dezember der serbisch-orthodoxen Kirche überlassen. Das Dekanat Favoriten besteht aus fünfzehn Pfarreien. Zu viele, heißt es an der Spitze der Diözese. Die Erzdiözese beauftragte daher das Dekanat Favoriten, im Sinne von Apostel 2.1 eine „Neuordnung“ der Kirchen auszuarbeiten. Kardinal Schönborn erklärte auf einer Pressekonferenz, daß ihn diese Entwicklung schmerze und fügte hinzu, daß die Kirche nach 1700 Jahren die zweite epochale „Wende“ durchmache: „Wir sehen heute, dass die Konstantinische Zeit der Kirche zu Ende ist. Diese Ära war geprägt von der Idee der Staatsreligion, in die man hineingeboren wird und sein Leben lang bleibt.“ In der heutigen Zeit individueller Freiheit, sei die Kirche „nur ein Player unter vielen anderen.“
Zu den neuen „Playern“ gehört vor allem der Islam. Nicht durch Übertritte, sondern durch einen tiefgreifenden Umbau der Bevölkerungsstruktur. Doch das scheint weder für den Erzbischof von Wien noch für die staatlichen Medien ein Thema zu sein.
Wie schnell die „Zeitenwende“ erfolgt, von der Kardinal Schönborn sprach, zeigen die Zahlen. Bei der Volkszählung 2001 bekannten sich noch 48 Prozent der Bewohner von Favoriten zum katholischen Glauben. Zum Islam 11,2 Prozent. 26,5 Prozent bezeichneten sich als „konfessionslos“. Die Zahlen sind längst überholt. Die Bevölkerung von Favoriten wuchs in den vergangenen zehn Jahren um fast 20 Prozent. Sollten beide Tendenzen, Glaubensschwund und Massenzuwanderung anhalten, wird sich das Stadtbild Wien verändern und werden an die Stelle aufgelassener Kirchen Moscheen treten.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Wikicommons