(Rom/Econe) Ein erster Text der Priesterbruderschaft St. Pius X. war bereits an 21. Dezember in Rom eingelangt, wurde jedoch vom Heiligen Stuhl als ungenügend betrachtet, da er mehr einer „Dokumentation“ als einer Antwort ähnelte. Rom drängte auf ein neues Dokument als Antwort auf die „doktrinelle Präambel“. Die eigentliche Antwort des Generaloberen der Piusbruderschaft, Msgr. Bernard Fellay, wurde dem Heiligen Stuhl vergangene Woche übergeben, wie der Vatikanist Andrea Tornielli berichtet. Dieses neue Dokument wird nun von Rom aufmerksam geprüft.
Die Prüfung führen die Consultoren der Päpstlichen Kommission Ecclesia Dei durch und könnte einige Zeit in Anspruch nehmen.
Nächste Woche tagt im Palazzo del Sant’Uffizio die Vollversammlung der Glaubenskongregation. Auf der Tagesordnung steht auch eine mögliche Stellungnahme über das Verhältnis zur Piusbruderschaft. Die Zeit scheint jedoch zu knapp, um bereits eine abschließende Erklärung zu ermöglichen. Die neue Antwort von Bischof Fellay erkennt Teile der „dokrinellen Präambel“ an, während sie andere zur weiteren Diskussion stellt. Die differenzierte Prüfung wird bis nächster Woche kaum möglich sein. Es scheint daher wahrscheinlich, daß eine genauere Reaktion der Kongregation, laut Tornielli, erst im Februar erfolgen wird, im Rahmen der Feria IV, wie die ordentlichen Versammlungen des Heiligen Uffiziums genannt werden.
Die „Doktrinelle Präambel“, die der Piusbruderschaft am 14. September 2011 zur Annahme übergeben wurde, sieht drei verschiedene Grade der Zustimmung zu den unterschiedlichen Teilen der Professio fidei vor: die offenbarte Wahrheit, die dogmatischen Erklärungen und das ordentliche Lehramt.
Die “Präambel“ wurde bisher nicht veröffentlicht, da der Text noch nicht als endgültig betrachtet wird, sondern Änderungen möglich sind. Seit September gibt es Stimmen, die von Unstimmigkeiten innerhalb der Piusbruderschaft sprechen. Generaloberer Fellay bezeichnete die „Präambel“ in einer ersten Stellungnahme als großen Schritt vorwärts. Nach einem Treffen der Oberen der Bruderschaft Anfang Oktober bei Rom betonte er zwar noch die Wichtigkeit des Dialogs mit Rom, erklärte aber gleichzeitig, die „Präambel“, so wie sie sei, nicht annehmen zu können. Unter diesem Vorzeichen übermittelte der Generalobere am 21. Dezember 2011 eine erste Antwort nach Rom, die vom Heiligen Stuhl jedoch als ungeeignet betrachtet und daher auf eine neue Antwort gedrängt wurde.
Die neue Antwort wurde im Vatikan als „ein Schritt vorwärts“ bezeichnet, bedürfe aber eines genauen Studiums. Daraus schließt Tornielli, daß es sich weder um eine klares Ja noch um klares Nein zur „Präambel“ handeln dürfte. Die Antwort stimmt jedenfalls Teilen der „Präambel“ zu, soweit bekannt wurde. Gegenüber anderen Teilen äußert sie Vorbehalte. Vor allem ersucht sie um weitere Klärungen und Ergänzungen.
Die Piusbruderschaft scheint laut Antwort jenen Texten des Zweiten Vatikanischen Konzils die Zustimmung zu verweigern, in denen es um die Kollegialität, die Ökumene, den interreligiösen Dialog und die Religionsfreiheit geht, weil sie als Widerspruch zur Tradition betrachtet werden. Das Konzept der Traditio bildet den entscheidenden Punkt in den gesamten Gesprächen zwischen Rom und Econe. Die Piusbruderschaft kritisiert aus dieser Tradition heraus einige Teile von Konzilsdokumenten.
Als Kardinal pochte Joseph Ratzinger mehrfach darauf, das Zweite Vatikanum nicht als ein „Superdogma“ zu verabsolutieren. Als Papst Benedikt XVI. pochte er im Dezember 2005 in seiner inzwischen berühmten Rede an die Römische Kurie auf die Notwendigkeit, das Konzil aus der Hermeneutik der „Erneuerung in der Kontinuität“ zu interpretieren. Bereits der Katechismus der katholischen Kirche, der vor 20 Jahren veröffentlicht wurde, bietet einen solchen Schluß zu einigen jener Punkte, die von der Piusbruderschaft beanstandet werden.
“Es ist noch zu früh, abzusehen, welchen Abschluß der Dialog finden wird, der in dieser Phase schriftlich auf Distanz erfolgt. Es ist aber noch kein letztes Wort gesprochen. Der Papst will alles ihm mögliche tun, um den Bruch mit den Lefebvrianern zu heilen, und das weiß Fellay sehr gut“, so Andrea Tornielli.
Text: Vatican Insider/Giuseppe Nardi
Bild: Vatican Insider