(Freiburg/Vatikan) Der Weltbild-Skandal der deutschen Diözesen zieht immer weitere Kreise. Inzwischen wurde auch Papst Benedikt XVI. davon unterrichtet, daß die deutschen Bischöfe sich durch den Verkauf pornopraphischer und esoterischer Bücher und DVD’s finanzieren. Seit Linus Schneider am 17.10. auf der Seite katholisches.info die Geschäfte mit trübem und wenig katholischem, ja sogar wenig christlichem Angebot bekannt machte, sorgt der Skandal für weltweites Aufsehen. Die römische Kurie holt nun zum großen Reinemachen aus.
Weltbild-Sortiment: Pornographie, Esoterik, Satanismus – Rom findet das gar nicht lustig
Die Aufforderung des Papstes an die deutsche Kirche in seiner Freiburger Konzerthaus-Rede sich zu „ent-weltlichen“ meinte in erster Linie das Kirchensteuersystem, zweifellos aber auch die Weltbild-Seitensprünge. Das Augsburger Großunternehmen mit einem 1,7‑Milliarden-Jahresumsatz gehört zu 100 Prozent den deutschen Bischöfen. Die Tatsache, daß den deutschen Bischöfen über ihren 50-Prozent-Anteil an der Verlagsgruppe Droemer Knaur zur Hälfte auch ein buddhistischer Verlag gehört, findet man in Rom gar nicht lustig.
Kardinal Reinhard Marx größter Einzeleigner an Weltbild – einschließlich buddhistischem Verlag
Ebenso wenig, daß ausgerechnet die deutschen Bischöfe für den Verkauf von esoterischer Literatur bis bin zum Satanismus sorgen. Zwölf deutsche Diözesen sind direkte Miteigentümer, alle anderen durch den Verband der Diözesen Deutschlands daran beteiligt, was die Sache nicht besser macht. Der Verband ist mit 24,2 Prozent der Haupteigner. Größter Einzeleigentümer ist die Erzdiözese München-Freising unter der Leitung von Kardinal Reinhard Marx.
Arbeitsbedingungen bei Weltbild: Zweifel, ob katholische Soziallehre eingehalten wird
Weltbild ist ein Großunternehmen, das nach strikten unternehmerischen Kriterien des vorherrschenden Turbo-Kapitalismus handelt. Neben dem inhaltlich zweifelhaften Angebot, gibt es auch erhebliche Zweifel, inwieweit der „kirchliche“ Konzern die Prinzipien der katholischen Soziallehre einhält. Die Bischofskonferenz und deren Vertreter im Aufsichtsrat, Pater Hans Langendörfer, scheinen nie eine nähere Überprüfung der Arbeitsbedingungen bei Weltbild für notwendig erachtet zu haben. Vieles an den Exkulpationsverlautbarungen der letzten Wochen klingt ebenso widersprüchlich wie durchsichtig. So wurde von der Geschäftsführung der Verlagsgruppe Weltbild am 27. Oktober einerseits relativierend behauptet, das Pornogeschäft sei geradezu eine vernachlässigbare Größe am Gesamtgeschäft, während andererseits von der Gewerkschaft ver.di ein Lamento angestimmt wird, die „katholische Kampagne“ mit dem geforderten Ausstieg aus der bisherigen Geschäftspraxis „gefährdet Arbeitsplätze“.
DBK-Sekretär und Weltbild-Aufsichtsrat Langendörfer sucht Schützenhilfe bei Radio Vatikan
Die Deutsche Bischofskonferenz suchte sich anfangs noch Schützenhilfe. Besser gesagt, war es der Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz, der Jesuit Hans Langendörfer, der auch Aufsichtsratsmitglied der Weltbild-Gruppe ist. Er bat seinen Mitbruder, den Leiter der Deutschen Redaktion von Radio Vatikan, Bernd Hagenkord, um Schützenhilfe, die dieser auch umgehend leistete. Auf Radio Vatikan und in seinem Blog, verteidigte Pater Hagenkord das lukrative Geschäft seines Aufsichtsrats-Mitbruders Langendörfer und der deutschen Bischöfe. Nicht diese, sondern die Kritiker dieser Verfilzung von deutscher Kirche und schlüpfrigem Geschäft sollten sich „schämen“.
Die deutschen Bischöfe schweigen sich zum Thema Weltbild weiterhin völlig aus, was vor allem in romtreuen Kreisen umsomehr befremdet, da man dort seit Jahren mit wenig Sympathie den Drang der deutschen Bischofskonferenz beobachtete, zu jedem und allem Stellung nehmen meinen zu müssen.
Römisches Staatssekretariat legt Weltbild-Akte an
Beim Staatssekretariat der römischen Kurie wurde eine Akte „Weltbild“ eröffnet. Ein Eintrag darin lautet, daß man über das Weltbild-Internetportal mehr als 4000 Esoterik-Titel und weit mehr als 2000 erotische und pornographische Titel kaufen kann, so etwa über den Internet-Buch-Verkauf von buecher.de. Konnte, wäre hinzuzufügen, da die Kritik am Konzern ihre Wirkung zeigt. Die Suchmaschinen wurden von bestimmten Stichworten gesäubert. Sie scheinen noch auf, erbringen aber kein Ergebnis mehr.
Das „Weltbildsyndrom“ als Zustandsbeschreibung der deutschen Kirche
Im Umfeld des Papstes spricht man bereits von einem „Weltbildsyndrom“ (sindrome Weltbild), um den Zustand der deutschen Kirche, vor allem die zu starke Verweltlichung zu charakterisieren. Die ständigen negativen Nachrichten, die über die deutsche Kirche Rom erreichen, scheinen das Faß zum Überlaufen gebracht zu haben. Mit wachsendem Unmut verzeichnete man im Vatikan die immer lauteren Forderungen aus den deutschen Ländern nach einer „neuen Reformation“ mit einem unüberhörbaren Drang zur Verwässerung des Glaubens und zu noch mehr Verweltlichung. Gleichzeitig mußte man aber feststellen, wie wenig die Diözesen in Deutschland, Österreich und der Schweiz zum Teil ihre Hausaufgaben erledigen. Der Schritt, zwischen dem einen und dem anderen einen kausalen Zusammenhang herzustellen, war dann nur mehr ein kurzer.
Weil Bischöfe schweigen, wird Papst selbst aktiv: Erneuerung durch Entweltlichung
Papst Benedikt XVI. nützte daher seine Deutschland-Reise, um der Kirche in den deutschen Ländern einen klaren Handlungskatalog zu präsentieren, dessen Umsetzung Rom nun erwartet. Deshalb war es auch der Papst, der nach dem verbissenen Schweigen der Bischöfe zum Weltbild-Skandal die Initiative ergriff. Am 7. November empfing er den neuen Botschafter der Bundesrepublik Deutschland beim Heiligen Stuhl, Reinhard Schweppe, der sein Akkreditierungsschreiben überbrachte. Neben den üblichen diplomatischen Höflichkeiten sprach der Papst über die Würde von Mann und Frau und den Angriffen „materialistischer und hedonistischer Tendenzen“ auf eben diese Würde, vor allem jene der Frauen und forderte mit aller Deutlichkeit: „Hier ist es an der Zeit, Prostitution wie auch die weite Verbreitung von Material erotischen oder pornographischen Inhalts, gerade auch über das Internet, energisch einzuschränken. Der Heilige Stuhl wird darauf achten, daß der notwendige Einsatz gegenüber diesen Mißständen seitens der katholischen Kirche in Deutschland entschiedener und deutlicher erfolgt.“
Nervosität in der Bischofskonferenz steigt – 21. November Weltbild auf der Tagesordnung
Läuten bereits seit der Freiburger Konzerthaus-Rede des Papstes v. 26. September 2011 in den deutschen Diözesen die Alarmglocken, erhöhte dieser letzte Satz zum neuen deutschen Botschafter die Nervosität nördlich der Alpen noch einmal erheblich. Noch am selben Abend erinnerte der Kölner Erzbischof daran, seit Jahren in der Bischofskonferenz ein Ende der Zusammenarbeit mit Weltbild zu fordern. Der Ständige Rat der Deutschen Bischofskonferenz wird sich am 21. November mit dem Thema Weltbild befassen.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: messainlatino