(Florenz) Seit 1982 besteht in Garfagnana in der Toskana eine Gemeinschaft von Eremiten. Ihre monastische Lebensform ist benediktinischer Prägung, ihre Spiritualität steht den Kamaldulensern nahe. Zweimal in der Woche zelebrieren die Eremiten die Heilige Messe im tridentinischen Ritus.
Die Gemeinschaft lebt in der marianischen Eremitage der Seligen Jungfrau von der Hilfe von Minucciano, von der sie auch den Namen übernommen haben. Sie sehen sich als Teil einer jahrhundertealten Tradition von Eremiten, die vor allem seit Ende des 16. Jahrhunderts in Garfagnana lebten. Den Höhepunkt erlebte das Eremitentum an diesem Ort im 18. und 19. Jahrhundert. Der derzeitige Älteste, so heißt der Obere der Gemeinschaft, kannte noch den letzten alleine dort lebenden Eremiten, Fra Marco, der am Ostermontag 1982 starb. Er übernahm dessen Mantel und führte die Tradition fort. Es ist die einzige von einst 16 Eremitagen in der Gegend, die noch bewohnt ist. Derzeit leben drei Brüder dort, von denen einer Priester ist. Die kleine Gemeinschaft befolgt die Regel des Hl. Benedikt im Geist der Kamaldulensereremiten von Monte Corona, einem Reformzweig des Kamaldulenserordens, der um 1500 entstand.
1997 als Kamaldulensereremiten kanonisch anerkannt
1994 erfolgte die kanonische Anerkennung der Eremitengemeinschaft durch den Erzbischof von Lucca, Msgr. Bruno Tommasi als männliche Gemeinschaft von Nicht-Klerikern. 1997 erkannte die Kongregation der Kamaldulensereremiten die Eremitengemeinschaft von Garfagnana an. „Der Mönch wird so genannt, weil er Tag und Nacht mit Gott Zwiesprache hält und lediglich Seine Dinge betrachtet, aber nichts auf dieser Erde besitzt. Er hat keine andere Sorge als die Wiederkunft des Herrn zu erwarten“, so die Eremiten über sich selbst.
Das Gebet erfüllt weite Teile des Tages und der Nacht. Der Tag beginnt um 3.45 Uhr mit dem Heiligen Offizium. Die Gebetszeit durchdringt den Tag für sieben bis acht Stunden im Wechsel zwischen dem Gebet in der Gemeinschaft und alleine. Die Gemeinschaft pflegt das monastische Stundengebet und betet wöchentlich den gesamten Psalter. Im Mittelpunkt steht die tägliche Heilige Messe, die Einsamkeit, die Stille, die brüderliche Liebe in der Gemeinschaft sowie die intellektuelle und manuelle Arbeit.
Drei Mal 40-tägiges Fasten im Jahr
Die Eremitage liegt zwei Kilometer vom nächsten kleinen Ort entfernt inmitten eines Kastanienwaldes. Um das Eremitendasein zu unterstreichen, wird das Abendessen immer alleine eingenommen. In den Fastenzeiten an vier Wochentagen auch das Mittagessen. Die Gemeinschaft hält im Laufe des Kirchenjahres drei 40-tägige Fastenzeiten.
Da der Müßiggang als Feind der Seele gilt, wie der Hl. Benedikt schrieb, pflegen die Eremiten auch die Arbeit mit ihren Händen, die je nach Jahreszeit variiert. Im Frühling und Sommer bearbeiten sie einige Felder und den Gemüsegarten. Im Herbst und Winter ist die Wald- und Holzarbeit an der Tagesordnung.
Zelebration des heiligen Meßopfers im Alten Ritus
Das Leben ist von bewußter Kargheit geprägt. Fleisch kommt nie auf die Teller, das ganze Jahr hindurch nicht. In den Fastenzeiten verzichten die Eremiten auch auf Milch, Eier und Käse. Die drei Zeiten des Fastens dauern vom 12. November bis Weihnachten, vom Aschermittwoch bis Ostern und vom 20. August bis zum Fest des Erzengels Michael am 29. September. In der Eremitage gibt es weder Fernsehen, noch Radio, Zeitungen, Internet oder Mobiltelefone.
Die Eremiten nehmen bis zu zwei, drei Personen auf, die gerne mit ihnen eine Zeit leben und ihr Dasein im Glauben teilen wollen. Seit 1998 bildete sich um die Gemeinschaft eine Gruppe von Oblaten und Oblatinnen, Priester und Laien, die sich geistlich der Eremitengemeinschaft verbunden fühlen. Die Oblaten teilen die Spiritualität der Eremiten im Rahmen ihres normalen Lebens in der Welt. Bei ihren Zusammenkünften mit den Eremiten wird die Heilige Messe ausschließlich in der außerordentlichen Form des römischen Ritus zelebriert.
(Romualdica/Giuseppe Nardi, Bild: Fra Francesco di Paola, Oblate)