Liebe Brüder und Schwestern!
Mit dieser Audienz unmittelbar vor Weihnachten wollen wir uns ein wenig einstimmen auf das Geheimnis der Heiligen Nacht. Wir schauen schon jetzt auf den Ort – auf Betlehem und die Krippe –, wo für uns und zu unserem Heil alles begonnen hat und wo die Erwartungen der Welt und die Hoffnungen unseres Herzens sich mit der Antwort Gottes begegnen. Freudige Erwartung kennzeichnet die Tage vor Weihnachten. Davon kündet auf seine Art schon der Prophet Jesaja, der in vielfältiger Weise die Erwartung der Geschichte, die Erwartung Israels auf eine erneuerte Welt, auf Freiheit und Friede von Gott her ausgesprochen hat, eine Welt, in der Gott selbst Orientierung schenkt. Die Hoffnung Israels, die vor allem in den prophetischen Büchern aufklingt, ist aber konkrete Gestaltung einer Hoffnung, die in jedem Menschen lebt. Denn alle Menschen erwarten irgendwie eine andere Welt, das Große, das Neue, das Schöne, das Wahre, das Gute, den Frieden und die Liebe aller Menschen in der Welt. Gottes Antwort auf unsere Hoffnungen, auf die Verheißungen, die er uns gibt, ist oft überraschend, ganz anders, als wir sie uns vorstellen: Gott schenkt sich als Kind. Darüber können wir uns zuerst nur staunend wundern. Es ist die größte Überraschung, die wir uns vorstellen konnten: Gott wird Kind und gibt sich in unsere Hände. Er bettelt gleichsam um unsere Liebe und macht sich abhängig von uns. Dafür sollen wir still werden, froh werden und uns von dieser Überraschung Gottes berühren, uns von ihm anrühren und verändern lassen, um uns so wieder selbst zur Ähnlichkeit mit Gott zurückzurufen; denn in dieser Gebärde, im ganzen Leben Jesu sehen wir, wie Gott ist, wie das Abbild Gottes sein müßte, wie wir sein müßten. Und so hilft er uns auch, Gott zu sehen, den wir nicht wahrnehmen in dieser Welt, den wir aber im Gesicht Jesu Christi, in seiner Gestalt sehen können, so daß wir zu ihm hin leben können. So stellt uns der Erlöser mit dem Geschenk seiner selbst die Aufgabe, ihm ähnlicher zu werden, um tiefer zu erkennen, wie er die Welt liebt und in seiner Liebe mitzulieben. Das Ewige Wort Gottes, das zum Kind geworden ist, helfe uns, das Handeln Gottes, sein Sein zu verstehen, um uns mehr und mehr von seiner Güte und Liebe formen zu lassen.
Ganz herzlich grüße ich die Pilger und Besucher aus den Ländern deutscher Sprache. Wir freuen uns über den weihnachtlichen Schmuck in unseren Städten und Häusern. Aber lassen wir das nicht Äußerlichkeit sein, die veräußerlicht, sondern bereiten wir uns inwendig für die Schönheit Gottes, versuchen wir inwendig uns zu reinigen, so daß Gott in uns Platz finden kann. Der Herr segne euch alle und schenke euch allen ein gnadenreiches Weihnachtsfest.