(Berlin) Nach dem beeindruckenden Sieg der Initiative Pro Reli im Streit um die Wahlfreiheit zwischen Religion und Ethik als Schulfach an Berliner Schulen hat der Regierende Bürgermeister Wowereit jetzt entschieden, daß entgegen der ursprünglichen Vereinbarung, den nun anstehenden Volksentscheid mit der Europawahl zusammen zu legen, dieser bereits auf den 26. April vor zu ziehen.
Politische Interessen ausschlaggebend
Im Jahre 2006 war im Abgeordnetenhaus eine Verfassungsreform zu Volksabstimmungen beschlossen worden. Danach soll zwar ein Volksentscheid innerhalb von vier Monaten nach dem Volksbegehren stattfinden. Aber diese Frist kann auf bis zu acht Monate verlängert werden, so Artikel 62, „wenn dadurch der Volksentscheid gemeinsam mit Wahlen (…) durchgeführt werden kann“. Denn, so die damals verabschiedete Begründung dieser Ausnahmemöglichkeit: ein gekoppelter Termin sei kostenschonend, bürgerfreundlicher und verspreche eine höhere Wahlbeteiligung.
Auf diese höhere Wahlbeteiligung hoffen die Verfechter der Wahlfreiheit und diese befürchtet die rot-rote Senatsmehrheit gerade. Dafür will sie gerne geschätzte 1,2 Millionen Euro Mehrkosten für einen eigenen Wahlgang am 26. April in Kauf nehmen.
CDU-Rechtsexperte Andreas Gram nennt als eigentlichen Grund der Regierungskoalition: die Hoffnung auf eine geringere Wahlbeteiligung am früheren Termin, der mit „fadenscheinigen Argumenten“ durchgesetzt wird. In der Tat kann das Argument, da es sich um eine wichtige bildungs- und integrationspolitische Entscheidung handle, solle diese so schnell wie möglich durchgesetzt werden, wenig überzeugen.
Wie wird das Volk entscheiden?
Damit „Pro Reli“ auch den Volksentscheid gewinnt, muß die Mehrheit und mindestens ein Viertel der Stimmberechtigten dafür stimmen, was im Falle von Berlin rund 610.000 Ja-Stimmen sind. Bei der Volksabstimmung über die Zukunft des Flughafens Tempelhof hat es im Sinne Wowereits geklappt: Es waren vor einem Jahr nicht genug Wahlberechtigte, die für den Erhalt des Flughafens stimmten.
Es könnte aber sein, daß sich die Berliner Bürgerschaft nicht ein zweites Mal von oben etwas aufdrücken läßt. Vielleicht werden jetzt mehr Kräfte mobilisiert, als es bei einer Zusammenlegung mit der Europawahl gelungen wäre.
(Bert Pfahl/ erziehungstrends.de)