Die Angriffe von muslimischen Terroristen auf Christen im Norden des Irak reißen nicht ab. Nach Angaben von Regierungsvertretern in der Region sind rund 3000 Gläubige auf der Flucht. Allein am vergangenen Wochenende wurden circa 14 Christen getötet. Viele Familien wurden bedroht und aus ihren Häusern vertrieben.
Um die christliche Minderheit vor der Gewalt zu schützen, hat die Regierung unter Premierminister Maliki jetzt eine Polizeischutztruppe in den Unruheherd Mossul geschickt. Ob Christen dadurch tatsächlich wieder in Sicherheit sind, bleibt fraglich, meint Otmar Oehring, Menschenrechtsbeauftragter bei Missio.
Das Problem ist laut Oehring,… „…daß die Polizei natürlich zum Teil mit den Terroristen und den Kriminellen, die sich jetzt mehr oder weniger auf Kosten der Christen bereichert, zusammengetan hat und daß bei vielen Entführungsfällen zum Beispiel klar war, daß bei Straßensperren die Entführer keine Sorge haben mußten, von den staatlichen Sicherheitsbehörden kontrolliert zu werden, weil das schon vorab abgesprochen war. Daß Polizisten nun explizit Christen bewachen und beschützen sollen, macht meines Erachtens die Christen vielleicht sogar noch eher zum Ziel macht, als es bisher der Fall war.“
Seit dem Sturz des Hussein-Regimes zerfällt der Irak de facto in drei Teile, die jeweils von der schiitischen, sunnitischen und kurdischen Bevölkerung dominiert werden. Innerhalb dieser ethnisch-religiösen Aufteilung des Irak stört die christliche Minderheit. Die Gefahr für Gläubige sei daher noch lange nicht gebannt. Deshalb müßten Politik und Kirche an einem Strang ziehen und Flüchtlingen ihren Schutz anbieten, so Oehring:
„Ich denke aber insbesondere, daß die Führer der chaldäisch-katholischen Kirche, aber auch andere Kirchen im Irak, ihrer Verantwortung gerecht werden müssen und die Situation so beschreiben müssen, wie sie tatsächlich ist. Es ist zu lange davon geredet worden, daß die Lage im Irak so gut sei, daß die Christen dort bleiben könnten. Das ist auch durchaus nachzuvollziehen. Aber auf der anderen Seite müssten gerade der chaldäische Patriarch und die chaldäischen Bischöfe ganz klar sagen: In dieser Situation bitten und ermutigen wir die Regierungen der Länder der Europäischen Union, aber auch die Amerikaner und andere, Flüchtlinge aufzunehmen.“
Der Haß auf Christen, wie er sich jüngst in Mossul gezeigt hat, sei aber nicht zu verallgemeinern, meint Oehring: „Es gibt natürlich weiterhin viele Muslime im Irak, Schiiten und Sunniten, die eigentlich wollen, daß die Christen dableiben und die mit den Christen zusammenleben wollen. Und es gibt eben auch die anderen, die jetzt die Situation ausnutzen, die sich auch ganz banal an dem Hab und Gut der Christen bereichern wollen, die sich also mehr oder weniger auf einem großen Raubzug befinden.“
(RV)