(Mailand) Die scheidende Linksregierung Italiens wollte vor den Parlamentsneuwahlen in drei Wochen im Handstreich das „Massaker an den Ungeborenen“ (Giuliano Ferrara) erleichtern. Neue Richtlinien des Gesundheitsministeriums zur Anwendung des Abtreibungsgesetzes 194 von 1978 sollten den Zugang zur Abtreibung liberalisieren.
Die Landesregierung der Lombardei unter Roberto Formigoni blockierte den Versuch. Da eine einstimmige Einigung zwischen Staat und Regionen notwendig ist, konnte das Veto der wirtschaftsstärksten und bevölkerungsreichsten Region den Vorstoß abblocken. Damit kann das Thema nicht mehr vor den Wahlen geklärt werden.
In der Lombardei wertet man den beabsichtigten Handstreich als Versuch der Linksregierung, noch schnell vollendete Tatsachen zu schaffen, da man eine Abwahl durch das Volk befürchtet. Die Lombardei hatte erst vor kurzem eigene Richtlinien zum Abtreibungsgesetz erlassen, die vor allem auf die Stärkung der Beratungsstellen abzielen. Diese wurden verpflichtet, mit den betroffenen Frauen nach Alternativen zur Abtreibung zu suchen. Direkten Einfluß auf das Staatsgesetz selbst kommt den Regionen nicht zu.
Die Richtlinien des Gesundheitsministeriums hatten die Beratungsstellen lediglich als „Stellen für die Vormerkung der Voruntersuchung zur Schwangerschaftsunterbrechung und zu deren Durchführung“ beschrieben, wie der zuständige Finanzreferent der lombardischen Regionalregierung, Romano Colozzi, der Tageszeitung Il Foglio erklärte. „Die Positionen zwischen Staat und Lombardei liegen daher weit auseinander“, so Colozzi, der für die Lombardei die Verhandlungen führte.
Der lombardische Regierungschef Roberto Formigoni gilt als überzeugter Lebensschützer. Er gehört Silvio Berlusconis rechtsliberaler Partei Forza Italia an und stammt aus der katholischen Bewegung Comunione e Liberazione. Die ehemalige Kommunistin und Gesundheitsministerin Livia Turco gehört der linken Demokratischen Partei an und gilt als überzeugte Abtreibungsbefürworterin.
(Il Foglio/JF)