(Jakarta) Die indonesische Tageszeitung Jakarta Post macht auf die schwerwiegenden Folgen aufmerksam, sollte mit Staatsgesetz die Kennzeichnungspflicht für alle im Handel angebotenen Lebensmittel eingeführt werden, die bescheinigt, daß das Produkt nach islamischem Gesetz hergestellt worden ist. Das wäre eine gefährliche Einmischung des Staates in die Religions- und Privatsphäre der Bürger.
Die Zeitung nennt als unmittelbare Folgen eines solchen Schrittes eine erhebliche Verteuerung der Lebensmittel, eine erhöhte Korruption und vor allem eine inakzeptable Einmischung des Staates in religiöse Angelegenheiten. Das seien nur „einige“ der Konsequenzen, sollten in Indonesien nur mehr Lebensmittel verkauft werden dürfen, die nach dem islamischen Gesetz „halal“, also „rein“ sind (zum Beispiel kein Blut oder nichts vom Schwein enthalten). Ein im indonesischen Parlament vorliegender Gesetzentwurf sieht die ausdrückliche Halal-Kennzeichnungspflicht aller Lebensmittel vor. Einige Abgeordnete haben bereits ihre Zustimmung bekanntgegeben. Derzeit ist die Kennzeichnung freiwillig. Der Rat der Ulema, der Religionsgelehrten, drängt auf eine Zwangsverpflichtung und beabsichtigt gleiches auch für Medikamente und Kosmetika.
Für Beobachter handelt es sich um eines von „zahlreichen besorgniserregenden Signalen einer schrittweisen Islamisierung“ im bevölkerungsreichsten islamischen Land der Welt. In seinem Leitartikel schreibt Muhammad Nafik von der „Jakarta Post“, daß sich der Staat vielmehr um „sanitäre und hygienische Aspekte“ der Lebensmittel kümmern sollte, wo vieles im Argen liege und nicht darauf, ob sie dem islamischen Religionsgesetz entsprechen. Denn, so Nafik, der Staat „ist dem Wohl aller Bürger verpflichtet, auch jener die einer religiösen Minderheit angehören“. Der Konsument habe zu entscheiden, welche Produkte er kaufen will, und nicht der Staat die Produzenten zu zwingen, ihre Produkte nach den Methoden und Ritualen der Halal zu produzieren. Nach islamischem Gesetz sei zum Beispiel die Schächtung von Tieren vorgeschrieben, also die Tötung durch Ausbluten ohne Betäubung.
Nafik erinnert in seinem Leitartikel, daß in Indonesien die Trennung von Staat und Religion gilt und daher der Staat sich nicht in religiöse Angelegenheiten einzumischen habe. Der Journalist warnt zudem vor einer „radikal zunehmenden Korruption“, sollte die Halal-Kennzeichnungspflicht eingeführt werden. Die Produzenten würden alles tun, um das Kennzeichen für ihre Produkte zu erhalten, da es ihnen wegen der islamischen Bevölkerungsmehrheit größere Märkte erschließend würde. Und nicht zuletzt weist Nafik darauf hin, daß der Rat der Ulema (MUI) nach Einführung der Kennzeichnungspflicht eine Fatwa erlassen werden, die den Kauf aller Produkte verbietet, die keine Halal-Etikette haben.
In der Bundesrepublik Deutschland, in Österreich und anderen europäischen Ländern versuchen nichtsstaatliche Initiativen eine Halal-Kennzeichung einzuführen.
(asianews/JF)