(Rom) In diesen ersten Wochen des neuen Pontifikats verweisen viele auf Pius V., um die Entschlossenheit von Papst Franziskus zu rechtfertigen, sich der päpstlichen Gewänder zu entledigen und zwar, wie es scheint, definitiv. In diesem Zusammenhang wird ein falscher Mythos in die Welt gesetzt. Demnach sei es der heilige Pius V., ein Dominikaner gewesen, der auch als Papst weiterhin sein weißes, dominikanisches Ordenskleid statt des purpurroten Gewandes des Papstes getragen habe. Er habe damit, so der Zweck dieses Mythos, erstens etwas völlig Neues und zweitens erst das Weiße Gewand des Papstes eingeführt, das dadurch zum neuen traditionellen Gewand der Päpste geworden sei. Die Betonung liegt auf „Neuerung“ und auf „konstruierten“ Traditionen, die gar nicht so alt seien, woraus sich der Schluß ableite, daß letztlich immer alles neu gemacht werden könne.
In Wirklichkeit, darauf macht der bekannte Kunst- und Kulturkritiker Francesco Colafemmina aufmerksam, hatte sich Pius V. lediglich entschlossen, auch nach seiner Wahl zum Papst unter seinen päpstlichen Gewändern weiterhin das Ordenskleid der Dominikaner zu tragen. Es war ein persönlicher Akt des Papstes, der der Welt verborgen blieb. Papst Paul VI. etwa trug ein Cilicium, einen Bußgürtel unter seinem Papstkleid, wie erst nach seinem Tod bekanntwurde.
Für Pius V., den heiligen Papst der frühen Neuzeit, der durch das nach ihm benannte Missale bekannt wurde, das bis zur Liturgiereform allgemeingültig war und seit dem Motu proprio Summorum Pontificum wieder in die Kirche zurückgekehrt ist, war das zusätzliche Tragen des Ordenskleides eine Mahnung an sich selbst, wie sie bei großen Asketen anzutreffen ist. Es sollte den Dominikaner Michele Ghislieri, der zum Papst, zum Summus Pontifex erwählt worden war, ständig an seine persönliche Dimension eines einfachen Ordenspriesters erinnern.
Älteste Quellen bezeugen Weißes Gewand der Päpste
Das Weiße Gewand des Papstes geht also nicht auf diesen Papst zurück, sondern ist wesentlich älter. Soweit die Quellen bisher erschlossen sind, läßt es sich bereits vor der Zeit des Avignonesischen Exils belegen. Da bereits im ältesten erhaltengebliebenen Zeremoniale verzeichnet ist, daß der Papst weiß oder rot gekleidet ist, muß angenommen werden, daß diese Tradition noch deutlich weiter zurückreicht. Die älteste Erklärung des Symbolgehalts findet sich beim Dominikaner Wilhelm Durand in seinem Rationale Divinorum Officiorum.
Weiß steht für Reinheit und Liebe, Rot für Barmherzigkeit
„Hinc est quod summus pontifex cappa rubea exterius semper apparet indutus, cum interius sit indutus candida veste: quia etiam interius candere debet per innocentiam, et charitatem et exterius rubere per compassionem, ut videlicet ostendat se semper paratam ponere animam pro ovibus suis, quia personam gerit illius, qui pro nobis universis rubrum fecit indumentum suum.“ (Liber III, Cap. XIX, Nr. 18).
Und weiter: „Tertio imponit albam talarem, ut habeat munditiam carnis perseverantem.“ (Liber III, Cap. I, Nr. 3).
Was Durand festhielt, wird ebenso von allen nachfolgenden Zeremoniale wiedergegeben, so zum Beispiel vom Liber Pontificalis des Agostino Patrizi Piccolomini. Die umfangreichen und vielfältigen päpstlichen Gewänder sahen, soweit unser Gedächtnis zurückreicht, immer den Gebrauch des weißen Talars vor, ebenso auch des weißen Rochetts und der Capa, aus der sich dann jene purpurne Mozetta mit Kapuze entwickelte, die Papst Franziskus gleich nach seiner Wahl ablehnte. Deren Rot beschrieb Wilhelm Durand als Ausdruck der Barmherzigkeit und des Mitleids.
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Text: Fides et Forma/Giuseppe Nardi
Bild: Fides et Forma