(Rom) In der März-Ausgabe der Frauenbeilage Donne Chiesa Mondo des Osservatore Romano war die Forderung der Frauenpredigt erhoben worden. Wenn schon kein Frauenpriestertum, dann zumindest Frauenpredigt, lautete die Parole.
In der aktuellen Ausgabe des Osservatore Romano erfolgte ein Schritt zurück. Er kommt nicht etwas von „konservativer“ Seite, sondern von jenem progressiven Milieu, das die März-Frauenbeilage inhaltlich dominierte.
Frauenbeilage des Osservatore Romano stiftete Verwirrung
Der „Prior“ von Bose, Enzo Bianchi, den Msgr. Antonio Livi, den „falschen Propheten“ nannte, schreibt auf Seite 4, daß die März-Beilage „vielleicht Verwirrung gestiftet haben kann“. Sie „hatte keinerlei Absicht der derzeitigen Disziplin zu widersprechen“.
Bianchi selbst war mit seinem Beitrag zur März-Beilage einer der Hauptverwirrungsstifter. Er nannt gleich „drei Bedingungen“ für die „Laienpredigt von Männern und Frauen“. Die „Bedingungen“ sind nicht als Einschränkung, sondern als Rechtfertigung der Laienpredigt zu verstehen.
Mit einem Monat Verspätung liefert Bianchi nun nach, was die kirchliche Disziplin besagt.
Der Kodex des Kirchenrechts von 1983 (Canon 767,1), die gemeinsame Instruktion von acht Dikasterien zu einigen Fragen über die Mitarbeit der Laien am Dienst der Priester von 1997, die Instruktion Redemptionis sacramentum von 2004 und das Homiletische Direktorium von 2014, um die jüngsten Bestimmungen zu nennen, bekräftigen ein eindeutiges Laienpredigtverbot, wie es immer gegolten hat. Während der heiligen Messe darf nur ein Priester, gegebenenfalls ein Diakon predigen.
Nur halber Schritt rückwärts
Ist damit alles wieder in Ordnung? Wohl kaum. Bianchi wurde offensichtlich von jemandem zurückgepfiffen. Immerhin kursieren in Rom Gerüchte, daß ihn Papst Franziskus, obwohl weder Priester noch Diakon, noch Mönch, sondern Laie, in den Kardinalsstand erheben könnte.
Der Schritt zurück ist daher nur taktischer Natur, wie Bianchi selbst in seiner Rechtfertigung durchblicken läßt.
„Die monatlichen Artikel hatten keinerlei Absicht der derzeitigen Disziplin zu widersprechen, sondern wagen mit großem Respekt die Frage zu stellen, ob es möglich wäre, daß die theologische Suche und die Bestimmungen der Kirche in Zukunft zu Positionen gelangen könnten, die es ermöglichen, den Predigtdienst Laien, Männer und Frauen, anzuvertrauen.
Die Betonung liegt bereits im ersten Teil auf „derzeitiger“, nicht immerwährender Disziplin. Was nur „derzeit“ gilt, kann morgen aus geändert werden. Darauf zielen Bianchis Überlegungen ab. Was sein Ziel ist, wenn er sich auch „derzeit“ unterwirft, sagt er „mit großem Respekt“, ziemlich unverblümt.
Wie es allerdings mit der Frauenbeilage und überhaupt mit dem Osservatore Romano weitergehen wird, scheint in der Schwebe zu sein. Die offiziöse Tageszeitung des Papstes verkauft nur wenige Exemplare und schreibt daher ständig rote Zahlen.
Das von Papst Franziskus neuerrichtete Kommunikationssekretariat plant drastische Einsparungen. Derzeit erscheint der Osservatore Romano in mehreren Sprachen in gedruckter Ausgabe. Die Zahl dieser Ausgaben soll reduziert werden. Es wird daran gearbeitet, überhaupt das Schwergewicht auf die Online-Ausgabe zu verlagern. Der Präfekt des Kommunikationssekretariats, Msgr. Dario Viganò gehörte nie dem Osservatore Romano an, was bei den Gewichtsverlagerungen bei der Neuorganisation der vatikanischen Kommunikationsmittel von einiger Bedeutung sein könnte.
Die Frage der inhaltlichen Ausrichtung ist damit allerdings nicht beantwortet.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Il Timone