(Mumbai) Die hindunationalistische Bharatiya Janata Party (BJP) hat die Parlamentswahlen in Goa gewonnen. Der südindische Bundesstaat gehört zu den Gebieten des indischen Subkontinents, in denen die Christen am stärksten sind. Manohar Prabhu Parrikar heißt der künftige Ministerpräsident. Die Hindunationalisten errangen 24 Sitze, die Kongreßpartei (INC) von Sonia Gandhi lediglich neun Sitze. Um seinen Sieg abzusichern, stellte Parrikar auch sechs katholische Kandidaten auf und unterstützte zwei katholische unabhängige Kandidaten in Wahlkreisen. Alle sechs Katholiken auf den BJP-Listen wurden gewählt.
Der aus Goa stammende Pater Theodore Mascarenhas SFX, Mitglied des Päpstlichen Kulturrats, sieht im Wahlergebnis, daß die Katholiken des Landes die ausufernde Korruption der alten politischen Garde satt haben. Sie wollten der Veränderung eine Chance geben. Nun sei es Aufgabe der BJP zu beweisen, daß sie „besser regiert“ und daß „es keine religiöse Diskriminierung und Gewalt geben wird“, so Pater Mascarenhas.
Die BJP „war gut organisiert und konzentrierte den Wahlkampf auf ihren Spitzenkandidaten Parrikar. Dieser bat die Christen öffentlich um Verzeihung für die antichristlichen Fehler der Vergangenheit und kandidierte als Zeichen des guten Willens sechs Mitglieder der katholischen Gemeinschaft. Das Angebot der Kongreßpartei beschränkte sich hingegen weiterhin nur auf die Familie Raj [eine einflußreiche Dynastie in Goa, Anm. katholisches.info] und signalisierte damit den Wählern, nicht aus dem herrschenden Klientelsystem herauszukommen. Die Christen waren verschreckt wegen der antichristlichen Gewalt, die von den Hindunationalisten ausging. Zwischen diesen beiden Optionen, entschieden sie sich am Ende für die BJP, in der Hoffnung, daß es sich wirklich, wie im Wahlkampf eindrucksvoll betont, um eine neue, veränderte Partei handelt. Die Menschen wollten nicht mehr, daß die Kontrolle über den Staat in der Hand weniger Familien liegt. So vertrauten sie Parrikar. Die Kandidatur von sechs Katholiken hat die Entscheidung sicher erheblich erleichtert.“
Die Katholiken konzentrierten ihre Stimmen weitgehend auf die katholischen Kandidaten, die ein Viertel der BJP-Mandatare stellen und ausschlaggebend sind für die Regierungsmehrheit. Die Katholiken verfügen damit über eine starke Sperrminorität, die es den Hindunationalisten, wenn sie regieren wollen, kaum erlaubt, zu einer christenfeindlichen Politik in Goa zurückzukehren.
Pater Mascarenhas erinnert deshalb daran, daß die BJP und Parrikars-Wahlbündnis lediglich 39 Prozent der Stimmen erhielten, die Kongreßpartei immerhin noch 32 Prozent. „Beide werden sich um die katholische Gemeinschaft bemühen müssen“, so der indischen Ordenspriester. „Die Kirche muß in dieser neuen Situation sehr wachsam sein für die Interessen der Bürger. Eine Unterstützung für die Kongreßpartei kam wegen des Korruptionssumpfes nicht in Frage. Die BJP bat die Christen um Verzeihung, weshalb ihr eine zweite Chance gewährt wurde.“
Die Entscheidung der Katholiken sei schmerzhaft gewesen, weshalb sie sich vom Sieg zwar eine Änderung erhoffen, aber dennoch eine gewisse Unsicherheit wegen der BJP-Vergangenheit fühlen.
Goa ist der flächenmäßig kleinste indische Bundesstaat und zählt mit 1,4 Millionen Einwohnern auch bevölkerungsmäßig zu den kleineren Gliedstaaten der indischen Union. Das Christentum kam bereits im ersten nachchristlichen Jahrtausend an die indische Westküste. 1500 erfolgte mit der Ankunft der Portugiesen die zweite Welle der Christianisierung. Nach den Hindus (66 Prozent) stellen die Christen mit 27 Prozent, die zweitgrößte Religionsgemeinschaft des Staates. An dritter Stelle folgen die Moslems mit 6,8 Prozent. Die meisten Christen gehören der katholischen Kirche an, die im Bundesstaat mehr als 360.000 Gläubige zählt.
Text: Asianews/Giuseppe Nardi
Bild: Asianews