(Riad/Vatikan) Nach Art des orientalischen Feilschen auf einem Markt sollte der Papst den Propheten Mohammed anerkennen, damit in Saudi-Arabien eine katholische Kirche gebaut werden darf. Ein arabisches Do ut des als neue Variante des interreligiösen Dialogs? Am 20. März wurde von verschiedenen Presseagenturen eine Meldung aus Riad verbreitet: „Wenn der Papst nicht den Propheten Mohammed anerkennt, kann in Saudi-Arabien keine Kirche gebaut werden.“
P. Samir Khalil Samir, Nahostexperte des Jesuitenordens, spricht von einem Erpressungsversuch: „Einige saudische Gelehrte wollen den Dialog auf eine Erpressung aufbauen. Eine Kirche in Saudi-Arabien, wenn die Christen den Propheten Mohammend in ihr Glaubensbekenntnis aufnehmen.“ Doch Christentum und Islam „sind verschieden und in zentralen Bereichen sogar gegensätzlich“, so P. Samir, der selbst arabischer Herkunft ist. Statt Synkretismus oder Erpressung könne es nur einen Weg geben, den des gegenseitigen Respekts, schrieb er für Asianews.
Den erpresserischen Vorschlag hatten einige saudische Vermittler gemacht, die mit dem Vatikan über den Bau einer Kirche in Saudi-Arabien für die dort lebenden Katholiken verhandelt. Bisher ist im wahabitischen Königreich jede öffentliche Religionsausübung von Nicht-Moslems streng verboten, weshalb es auch keine Kirchen geben darf. Bekannt gemacht hat den Vorschlag Scheich Anwar Ashiqi, der Vorsitzende des saudischen Zentrums für Strategische Studien, in einem Interview mit dem Satellitenfernsehsender Al-Arabija.
Wörtlich erklärte Ashiqi: „Ich habe persönlich an verschiedenen Treffen im Rahmen des islamisch-christlichen Dialoges teilgenommen und es gab Verhandlungen zu diesem Thema. Wir haben geantwortet, nachdem unsere Religion die christliche anerkennt und ebenso Jesus, Moses und die anderen Propheten, könnten offizielle Verhandlungen über den Bau einer Kirche in Saudi-Arabien erst dann stattfinden, wenn der Papst und alle christlichen Kirchen den Propheten Mohammed anerkennen.“
P. Samir schreibt dazu: Es gilt ein Mißverständnis zu klären. Scheich Anwar Ashiqi sagt: „Nachdem unsere Religion die christliche anerkennt und Jesus, Moses und die anderen Propheten…“. Der Islam erkennt die christliche Religion und Jesus an? Was bedeutet „erkennt die christliche“ Religion an? Wenn es bedeutet, er „erkennt die Wahrheit der christlichen Religion an, wie sich diese selbst definiert“, dann wäre der Islam nicht mehr der Islam. Wie würde Anwar Ashiqi die Dreifaltigkeit, die Menschwerdung Gottes, die Erlösung und die ganze christliche Lehre anerkennen, wenn der Koran ausdrücklich diese Dogmen leugnet?
Er leugnet die Trinität: „O Leute der Schrift, sagt nichts anderes über Gott als die Wahrheit. Der Messias Jesus, Tochter der Maria, ist nichts anderes als ein Prophet Gottes. Sagt nicht ‚Drei’, hört auf! Es ist besser für euch. In Wirklichkeit ist Gott nur ein einziger Gott. Er soll einen Sohn haben?“ (Koran 4:171)
Er leugnet die Gottheit Christi: „O Jesus, Sohn der Maria, du hast den Menschen gesagt: ‚Nehmt mich und meine Mutter wie zwei Götter außer Gott an?’“ (5:116).
Er leugnet den Tod Christi am Kreuz: „Sie haben ihn nicht getötet, sie haben ihn nicht gekreuzigt, es schien ihnen nur so.“ (4:157)
Der Koran und die Moslems leugnen also die grundlegendsten Glaubenslehren des Christentums.
Und was bedeutet „der Papst und alle christlichen Kirchen“ müssen zuerst „den Propheten Mohammed“ anerkennen? Als hätte der Papst Autorität über die anderen christlichen Gemeinschaften … oder umgekehrt! Den Wunsch, in Saudi-Arabien eine Kirche bauen zu können, hatte Papst Benedikt XVI. am 6. Dezember gegenüber dem saudischen König Abdullah al Saud geäußert, als er diesen in Audienz empfing.
Aber die seltsamste Sache ist, daß der Papst den prohetischen Charakter Mohammeds anerkennen sollte. Aber wie könnte man dies tun? Ja, ihn sogar als „Siegel der Propheten“ anzuerkennen, wie der Koran von Mohammed sagt und alle islamischen Traditionen es vertreten? Wie kann der Christ an Christus als Wort Gottes glauben, als letzte Offenbarung Gottes an die Menschheit, als menschgewordenes Wort Gottes, und gleichzeitig daran, daß der Vater nach ihm noch einen anderen Propheten geschickt haben soll, um die Offenbarung erst abzuschließen und damit seine zu vervollständigen, zu korrigieren, sogar dem zu widersprechen, was er und die Evanglien sagen?
Es gibt ein Prinzip der Kohärenz und ein Prinzip, sich nicht selbst zu widersprechen, abgesehen von den dogmatischen Fragen, die es dem Papst und jedem einfachen Gläubigen verbieten, zu bekennen, daß Mohammed von Gott der ganzen Welt geschickt wurde, um die göttliche Botschaft zu verkünden, die Adam ins Herz gelegt worden war (der laut dem Koran ein Moslem gewesen sei).
Ich kann verstehen, daß sich die Moselms gekränkt fühlen, weil kein gläubiger Christ bekennen kann, daß Gott nach Christus noch andere Propheten geschickt habe, außer solche, die Christus nachfolgen. Der Moslem fühlt sogar ein Form von Ungerechtigkeit: „Wir“, so denkt er, „erkennen Jesus als Propheten Gottes an, warum erkennt ihr dann nicht Mohammed als Propheten Gottes an?“ Die Antwort lautet, weil es nicht um das Austauschen gegenseitiger Gefälligkeiten geht nach dem Muster, ich gebe dir und du gibst mir. Wir sind nicht auf dem Markt. Es geht um das Bekennen des eigenen Glaubens mit Ehrlichkeit und Wahrhaftigkeit. Es geht nicht darum jemanden anzugreifen oder zu demütigen, sehr wohl aber darum, nicht in Heuchelei oder Doppelzüngigkeit zu verfallen. Ich, Christ, kann einen Moslem nicht auffordern: Wenn Du die Gottheit Christi anerkennst, dann werde ich im Gegenzug den Propheten Mohammend anerkennen. Und wenn der Moslem zu diesem Bekenntnis bereit ist, dann müßte er sich taufen lassen und Christ werden.
Und genauso wäre es umgekehrt. Würde der Christ Mohammed als Propheten anerkennen, müßte er zwangsläufig Moslem werden. Denn jeder ist Moslem, der das zweifache islamische Bekenntnis ablegt „Es gibt keinen Gott außer Gott und Mohammed ist sein Prophet.“ Das erste Bekenntnis legt jeder Christ (natürlich im christlichen Sinn) täglich ab. Würde er auch noch das zweite hinzufügen, würde er zum Moslem. Kann man aber Moslem und Christ sein?
Das ist unmöglich, bekräftigt P. Samir, denn in zentralen Punkten sind die beiden Religionen nicht nur verschieden, sondern stehen in direktem Gegensatz zueinander. Der Jesuit erinnert die Moslems in seiner Stellunnahme daran, daß man nicht mit einer Erpressung einen Dialog beginnen kann: „Wenn der Papst nicht den Propheten Mohammed anerkennt, kann keine Kirche in Saudi-Arabien gebaut werden!“ Das wäre, als würden die Christen sagen: „Solange die Moslems nicht Christus, den Sohn Gottes anerkennen, darf im Westen keine Moschee gebaut werden.“ Der wahabitische Islam Saudi-Arabiens ist der wichtigste Geldgeber für den Bau von Moscheen in Europa.
(asianews/JF)