(Bonn) Unter dem Titel Die Trauer der Rebellen macht sich der Chefredakteur der Katholischen Nachrichtenagentur KNA über jene Katholiken lustig, die sich Papst Benedikt XVI. verbunden fühlen und über dessen Rücktritt Trauer empfinden. Ludwig Ring-Eifel meint damit all jene, die er nun, da das Pontifikat Benedikts XVI. zu Ende geht, als „Papstfans“ herabsetzt. Ein Ausdruck, der dem kirchlichen Verständnis von Papsttreue, Gehorsam gegenüber dem Stellvertreter Christi und Anhänglichkeit gegenüber dem Nachfolger des Menschenfischers Petrus keineswegs gerecht wird. Daß der von den deutschen Bischöfen bezahlte KNA-Chef nicht zu den „Papstfans“ gehört, versteht sich im Umkehrschluß von selbst.
Der Artikel soll eine Abrechnung sein. Eine Abrechnung, die in dieser Übergangszeit von einem Pontifikat zum nächsten tiefe Gräben in der deutschen Kirche offenlegt, wobei Ring-Eifel Österreich und Schweiz durchaus miteinschließt. Der KNA-Chef weiß die Dinge auf den Kopf zu stellen. Er tut dies durch ein gezieltes Wortspiel. Nicht die Priester des Aufrufs zum Ungehorsam, nicht Underground-Initiativen wie „Wir sind Kirche“ sind die Rebellen. Ring-Eifel macht die papsttreuen Katholiken, die noch wissen und anerkennen, daß Rom das Zentrum der Kirche und der Papst ihr Oberhaupt ist, zu den „Rebellen“. Die damit verbundene Wertung könnte nicht eindeutiger sein. Die Initiative „Wir sind Kirche“ wurde von Papst Benedikt XVI. in seiner letzten großen Ansprache vom 14. Februar an den Klerus der Diözese Rom noch einmal ausdrücklich verworfen. Davon war bei Ring-Eifels KNA natürlich nichts zu lesen, weshalb die Predigt bis heute im deutschen Sprachraum nur bruchstückhaft angekommen ist und sich die wenige Berichterstattung weitgehend mit Nebensächlichkeiten aufhielt.
Der Autor des Buchs mit dem diskutablen Titel „Weltmacht Kirche“ teilt die Katholiken in Kategorien ein. Zumindest zwei benennt er in seinem Beitrag, den das Internetportal der deutschen Bischöfe katholisch.de sofort groß ins Rampenlicht setzte: die Gruppe derer, „die sich in ihren Überzeugungen durch das Ratzinger-Pontifikat von Anfang an bestätigt sah“ und den Rest der Katholiken, der es offenbar ganz anders sieht. Wie er auch, darf man zumindest annehmen, und vor allem offensichtlich seine Brötchengeber, denn andernfalls hätte Ring-Eifel mit diesem Beitrag seinen Sessel in einen Schleudersitz verwandelt. Er proklamiert indirekt ein „Wir und die anderen“-Gefühl. Man könnte seine Intention mit „hier wir deutsche Katholiken und dort die römischen Katholiken“ übersetzen.
Damit keine Zweifel aufkommen, wie die Gewichtungen verteilt sein könnten, betont Ring-Eifel mit dem Wiederholungsdrang des Indoktrinateurs, daß „wir“ (deutsche Katholiken) eine satte Mehrheit sind, weil „die“ (römischen Katholiken) nur eine „Gruppe“ sind. Objekt seiner Belustigung sind „Papstfans, Lebensschützer, Anhänger der lateinischen Messe, Kritiker der Kirchensteuer und Gegner eines ‚kirchensteuerfinanzierten liberal-katholischen Establishments‘“ . Diese alle, für den KNA-Chef zusammengenommen aber nur eine „Gruppe“ unter den Katholiken im deutschen Sprachraum, bedauern den „überraschenden Abgang ‚ihres‘ Papstes am lautesten“, eben Leute wie der „ultramontane Vorzeige-Katholik“ Matthias Matussek, oder Gabriele Kuby „und Co“.
Ring-Eifel und die „wir“ (deutsche Katholiken) trauern jedenfalls nicht. Und sie schauen offensichtlich auch nicht „mit gemischten Gefühlen in die Zukunft“. Den Spott verteilt der Leiter des offiziösen Sprachrohrs der deutschen Bischöfe gekonnt nach politisch dominanten Standards: ihn verdienen jedenfalls die „konservativen“ Katholiken, die es unter anderem gewagt hatten, einen „Weltbild-Skandal“ zu behaupten. Ring-Eifel bleibt beim Konjunktiv, denn er setzt den Skandal mit dem Porno- und Esoterik-Geschäft des Weltbild-Konzerns, auch dieser im Besitz der deutschen Bischöfe, unter Anführungszeichen. Es war also nur ein angeblicher Skandal, weil die Sache ja nur „konservative“ Katholiken aufregen kann, nicht aber ein „kirchenfinanziertes liberal-katholisches Establishment“, um bei den von Ring-Eifel selbst gebrauchten Worten zu bleiben.
Die Erwähnung der Lebensschützer zeigt einen perfiden Zungenschlag in seinen Ausführungen, die unzweideutig vor dem Hintergrund des Konflikts um die Bewilligung der „Pille danach“ durch die katholischen Bischöfe erfolgte. KNA, das offiziöse Sprachrohr der Bischöfe verlautbart damit, daß die Lebensschützer lästig geworden sind, was ihnen auch endlich jemand sagen mußte. Die Bischöfe tun das nicht, dafür gibt es Ring-Eifels.
Und dann sind da noch die traditionsverbundenen Katholiken, die in der lateinischen Messe in ihrer überlieferten Form einen immensen Schatz und den Schlüssel zur kirchlichen Erneuerung sehen. Weder Schatz noch Schlüssel (zumindest nicht diese) stehen bei deutschen Bischöfen besonders hoch im Kurs. Fürwahr, da hat Ring-Eifel allerdings recht, wenn er es auch nicht zu bedauern scheint.
Zum Abschluß passend ein Absatz aus Ring-Eifels Kommentar, der Einblick in die deutsche Kirche bietet:
„Trotz mancher Meinungsunterschiede haben sich die Papstgetreuen des katholischen Journalismus in den vergangenen Jahren kreativ vernetzt und versucht, sich mit päpstlichem Rückenwind aus Rom und Unterstützung von Papstsekretär Georg Gänswein in die kirchenpolitische Debatte in Deutschland einzubringen. Der Mainstream katholischer Publizistik, der von eher unauffälligen kirchlichen Medienangestellten dominiert wird, hat zu den mitunter krawallig auftretenden Konservativen meist misstrauisch Distanz gehalten. Und die deutschen Bischöfe begegnen, von wenigen Ausnahmen abgesehen, den hitzigen Idealisten mit kühler Nichtbeachtung. Mit dem deutschen Papst verlieren diese nun ihren wichtigsten Fürsprecher und Ideengeber.“
Will man im deutschen Sprachraum wirklich eine katholische Gegenöffentlichkeit aufbauen, deren Bedarf außer Frage steht, wäre schon viel gewonnen, wenn katholische Nachrichteninitiativen nicht fast jede KNA-Meldung unkritisch übernehmen würden.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: katholisch.de