
(Rom) Die päpstlichen Interviews nehmen an Zahl immer mehr zu. Am gestrigen Sonntag abend sendeten TV2000 und Radio InBlu ein gemeinsames Interview mit Papst Franziskus zum Abschluß des Heiligen Jahres der Barmherzigkeit. Papst Franziskus sagte, er bitte jeden Tag den Herrn um Humor. Der Humor sei Gott besonders wohlgefällig. Zugleich sprach sich Papst Franziskus energisch gegen „Schmeichler“ aus. Man könne von diesem Papst wirklich nicht behaupten, „keinen Sinn für Humor zu haben“, meinte deshalb Secretum Meum Mihi.
Interviewer: Was fällt ihnen schwerer zu ertragen: einen lästigen Menschen oder einen Schmeichler?
Papst Franziskus: Zweiteren! (lacht) Ich bin allergisch gegen Schmeichler. Ich habe eine Allergie. Das kommt mir ganz natürlich, das ist keine Tugend. Weil einem anderen schmeicheln heißt, einen Menschen für etwas benutzen, verborgen oder sichtbar, aber um etwas für sich selbst zu erhalten. Es ist auch unwürdig. Wir in Buenos Aires, in unserer Mundart, nennen wir die Schmeichler ‚chupamedias‘, (Speichellecker). Die Figur ist genau die von einem, der die Socken eines anderen leckt. Es ist übel, die Socken eines anderen zu kauen, weil … die Bezeichnung ist sehr treffend … Und auch bei mir, wenn sie mich loben, auch wenn jemand mich für etwas lobt, was gelungen ist: aber sofort bemerkst du, wer dich lobt Gott lobend, „das ist gut, bravo, weiter so, das muß man machen“, und wer es mit etwas Öl tut … Die Verleumder, aber … die Verleumder sprechen schlecht über mich, und ich verdiene es, weil ich ein Sünder bin: So denke ich dann (lacht). Das macht mich nicht nachdenklich, das besorgt mich nicht. Aber deshalb verdient man sich das nicht! Nein. Aber für das, was er [der Verleumder] nicht weiß. Und so löse ich das Problem. Aber der Schmeichler ist … ich weiß nicht, wie man auf italienisch sagt, aber er ist wie das Öl …
Interviewer: … schleimig…
Papst Franziskus: Genau.
Päpstlicher Humor: „Ich gebe wirklich keine Interviews“
Unter den vom Papst erwähnten „Humor“ scheint auch eine päpstliche Aussage vom 22. Juli 2013 zu fallen. Franziskus befand sich damals zusammen mit Vatikansprecher Pater Federico Lombardi SJ und Dutzenden Journalisten auf dem Flug nach Brasilien, um dort am 28. Weltjugendtag teilzunehmen.
Bereits im Vorfeld hatte der päpstliche Hofvatikanist Andrea Tornielli geschrieben, daß Papst Franziskus in Buenos Aires keine Interviews gegeben habe, weil er grundsätzlich keine Interviews gebe. Papst Franziskus bestätigte dies an jenem Tag mit den an die Journalisten gerichteten Worten:
„Ich gebe wirklich keine Interviews, warum weiß ich nicht, ich kann nicht, das ist so.“
Sechs Tage später war alles anders, und ab diesem Tag sollte es auch anders bleiben. Auf dem Rückflug von Rio de Janeiro gab Papst Franziskus seine erste fliegende Pressekonferenz. Dabei viel jener berüchtigte Satz, der inzwischen als inoffizielles Motto seines Pontifikats gilt: „Wer bin ich, um zu urteilen?“
Dann ging es Schlag auf Schlag: Am 19. September veröffentlichte die römische Jesuitenzeitschrift La Civiltà Cattolica ein ausführliches Interview, das deren Schriftleiter Pater Antonio Spadaro SJ, ein enger Papst-Vertrauter, mit Franziskus geführt hatte. Am 1. Oktober veröffentlichte Eugenio Scalfari sein erstes Interview mit Papst Franziskus in der Tageszeitung La Repubblica. Beide Interviews lösten großes Aufsehen auf und sind wegen einiger Aussagen des Papstes umstritten.
Päpstliches Interview-Lehramt
Ein Jahr später, am 28. Oktober 2014, konnte der Vatikanverlag bereits einen Sammelband mit den päpstlichen „Interviews und Gesprächen mit Journalisten“ herausgeben. Darin fanden sich auch die ersten beiden umstrittenen Scalfari-Interviews. Kritiker sprachen von einem „Scalfari-Lehramt“, das in das päpstliche Interview-Lehramt einfließe und einem Atheisten Einfluß auf dieses einräume.
Im ersten Scalfari-Interview vom 1. Oktober 2013 bezeichnete Papst Franziskus, zum Erstaunen von Beobachtern, nicht etwa den Glaubensverlust, die Leugnung Gottes oder die Angriffe gegen die nicht verhandelbaren Grundsätze, sondern die „Jugendarbeitslosigkeit“ und die „Einsamkeit der Alten“ als „schlimmstes Übel“ in der Welt. In seinem jüngsten Scalfari-Interview vom 11. November 2016 bezeichnete er hingegen die „Ungleichheit“ als das „größte Übel, das es in der Welt gibt“.
Im Februar 2016 forderten mehrere Vatikanisten unabhängig voneinander Papst Franziskus auf, weniger Interviews zu geben, da diese „im besten aller Fälle Verwirrung stiften“. Wörtlich schrieb Phil Lawler, der Chefredakteur von CatholicCulture:
„Die häufigen öffentlichen Interviews des Papstes und die unglückliche Liste unglücklicher Antworten sind zu einer vorhersehbaren Quelle von Verwirrung, Frustration und sogar Verlegenheit für die Gläubigen geworden.“
Weshalb er die Empfehlung aussprach:
„Nachdenkliche katholische Verantwortungsträger sollten ihren Einfluß einsetzen, um den Heiligen Vater davon zu überzeugen, daß er Recht hatte [als er früher sagte, daß Interviews nicht seine Stärke seien] und daß er jetzt irrt, wenn er Interviews als regulären Teil seiner öffentlichen Amtsausübung einsetzt.“
Falls die Umsetzung dieser Empfehlung versucht wurde, waren die Versuche bisher erfolglos. Nicht nur die Zahl der Interviews nimmt zu. Der zeitliche Abstand, in dem sie gewährt werden, wird immer kürzer.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: TV2000 (Screenshot)
Verwirrung, Verwirrung – nichts als Verwirrung.
Verwirrung stammt nicht von Gott. Verwirrung ist keine Tugend.
Verwirrung ist keine Demut. Verwirrung tut, das was sie soll – verwirren.….