(Rom) Ein erneutes schweres Erdbeben in Mittelitalien zerstörte in der kleinen Stadt Norcia die Basilika des heiligen Benedikt von Nursia, die von altrituellen Benediktinern betreut wird. Erst im Jahr 2000 hatten sie wieder benediktinisches Leben in die Stadt zurückgebracht und nach fast 200 Jahren der Abwesenheit das Kloster wiederaufgebaut. Das Erdbeben mit der Magnitude 6,5 ereignete sich gestern Morgen, dem 30. Oktober. An diesem Tag wird im überlieferten Ritus das Christkönigsfest gefeiert. Das Erdbeben war auch in Rom zu spüren, wo mehrere Kirchen bebten.
Bereits das schwere Erdbeben, das in der Nacht auf den 24. August Mittelitalien erschüttert hatte, zwang die altrituellen Benediktiner von Norcia, ihr Kloster zu verlassen und eine Notunterkunft zu beziehen. Die Mönche erhielten in Rom im Benediktinerkloster Sant’Anselmo, wo sich auch die ordenseigene Hochschule befindet, eine erste sichere Zuflucht.
Die Benediktiner wollten aber bei den Menschen im Geburtsort des heiligen Mönchsvaters ausharren und ihre Klosterkirche und ihr Kloster bewachen. Aus diesem Grund blieben anfangs zwei Mönche, bald mehr, ständig in Nursia und lebten in der Zeltstadt, die etwas außerhalb der Kleinstadt errichtet wurde.
An den Gebäuden war bereits damals einiger Schaden entstanden. Die Benediktiner begannen sofort mit dem Wiederaufbau.
Am 26. Oktober kam es zu einer neuer schweren Erschütterung in derselben Gegend, die bereits Ende August heimgesucht worden war. Seither kommt die Erde nicht mehr zur Ruhe. Das bisher letzte stärkere Erdbeben fand am Morgen des 30. Oktober statt und hatte die Gegend von Norcia als Epizentrum.
Hatte das Beben im August weit über 200 Tote gefordert, ging es bei den neuen Erdstößen an Leib und Leben glimpflicher ab. Dafür wurde die altehrwürdige Basilika des Heiligen Benedikt, die Klosterkirche der altrituellen Benediktiner in Norcia völlig zerstört. Die Mönche blieben unverletzt und machten sich sofort auf die Suche nach anderen Opfern, die ihren Beistand in der Todesstunde brauchen könnten.
Im Advent des Jahres 2000 ließen sich wieder die ersten Benediktiner in Norcia nieder. In den vergangenen 15 Jahren bauten sie ein Kloster auf, in dem der überlieferte Römische Ritus gepflegt wird, während die Pfarrseelsorge in beiden Formen des Römischen Ritus erfolgt. Die Klosterkirche war erst vor einigen Jahren wieder durch Umbauarbeiten für den überlieferten Ritus zurückgewonnen, da durch die Liturgiereform von 1969/1970 verschiedene Eingriffe getätigt worden waren, die die Zelebration des überlieferten Ritus behinderten.
Im Jahr 480 wurden in Nursia der heilige Benedikt und seine Schwester, die heilige Scholastika, geboren. Kriegszüge und Zerstörungen durch Langobarden, Byzantiner und schließlich die Sarazenen, führten zur Aufgabe des Ortes. Als er im 10. Jahrhundert wiederbesiedelt wurde, waren die Benediktiner tatkräftig daran beteiligt. 1810 wurden sie zu Napoleonischen Zeit aus der Stadt vertrieben, bis sie im Jahr 2000 zurückkehrten.
Was im August glücklicherweise stehenblieb, kam durch die neuen Erdstöße zum Einsturz. Die gesamte Mönchsgemeinschaft lebt nun im kleinen Bergkloster, das bereits in der Aufbauzeit eine erste Bleibe bot. „Es erreichten uns Nachrichten aus der ganzen Welt. Wir möchten allen für ihr Gebet danken“, teilten die Mönche mit. Da die Infrastrukturen stark in Mitleidenschaft gezogen wurde, kann es in der kommenden Zeit schwer sein, die Mönche mittels Telefon oder Internet zu erreichen. Sie möchten alle versichern, „daß wir wohlauf sind, und daß wir alles tun, um unseren notleidenden Nachbarn zu helfen. Bitte betet weiterhin für Norcia.“
Neben der Basilika im Geburtsort des Heiligen Benedikt stürzen weitere Kirchen der Umgebung ein. Die Bürgermeister der Gegend richteten einen Appell „um humanitäre Hilfe“.
Bei den Benediktiner in Nursia sollte die V. Internationale Wallfahrt der Tradition Ad Petri Sedem ihren Ausgangspunkt nehmen, die am vergangenen Wochenende nach Rom führte. Auf diesen Auftakt mußte wegen der schweren Erdbeben und der prekären Lage der Benediktiner von Nursia, deren Aufbauwerk der vergangenen 15 Jahre zerstört wurde, verzichtet werden.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: MiL