Glaubenskongregation klärt Verhältnis zu Charismatikern – Und Papst Franziskus?


Papst Franziskus beim Treffen der Charistamtischen Erneuerung 2014 in Rom
Papst Franziskus beim Treffen der Charismatischen Erneuerung 2014 in Rom

(Rom) Die Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on prä­zi­siert das Ver­hält­nis zwi­schen den Bischö­fen und den cha­ris­ma­ti­schen Bewe­gun­gen. Momen­te, in denen Papst Fran­zis­kus in der Öffent­lich­keit kniet, sind rar, und wenn, dann kaum vor dem Aller­hei­lig­sten Altar­sa­kra­ment. Einer die­ser sel­te­nen Momen­te ereig­ne­te sich am 1. Juni 2014, als Fran­zis­kus am 37. Jah­res­tref­fen der cha­ris­ma­ti­schen, katho­li­schen Bewe­gung „Erneue­rung im Geist“ (Rin­no­va­men­to nel­lo Spi­ri­to) im Olym­pia­sta­di­on von Rom teilnahm.

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Es war das erste Mal, daß ein Papst an einem Tref­fen der cha­ris­ma­ti­schen Bewe­gung teil­nahm. Den Cha­ris­ma­ti­kern, die­ser Rich­tung wer­den rund 100 Mil­lio­nen Katho­li­ken zuge­rech­net, emp­fahl der argen­ti­ni­sche Papst damals allen Ern­stes Kar­di­nal Leon-Joseph Sue­n­ens und Erz­bi­schof Hel­der Cama­ra als Vorbilder.

Papst Fran­zis­kus stand bereits in sei­ner Zeit als Erz­bi­schof von Bue­nos Aires der cha­ris­ma­ti­schen Bewe­gung wohl­wol­lend gegen­über. Das hängt mit den Kon­tak­ten zu den Evan­ge­li­ka­len zusam­men, um die es in jüng­ster Zeit jedoch ruhi­ger gewor­den ist.

Glaubenskongregation: „Verhältnis zwischen hierarchischen und charismatischen Gaben“

Jorge Mario Bergoglio läßt sich von evangelikalen Predigern und P. Raniero Cantalamessa segnen (Buenos Aires, 2006)
Jor­ge Mario Berg­o­glio läßt sich von evan­ge­li­ka­len Pre­di­gern und P. Ranie­ro Can­tal­am­es­sa seg­nen (Bue­nos Aires, 2006)

Am kom­men­den 14. Juni stellt die römi­sche Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on ein Doku­ment vor, mit dem das Ver­hält­nis zwi­schen den Bischö­fen und der cha­ris­ma­ti­schen Bewe­gung geklärt wer­den soll. An der Pres­se­kon­fe­renz neh­men der Kar­di­nal­prä­fekt Ger­hard Mül­ler von der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on, der Kar­di­nal­prä­fekt Marc  Ouel­let von der Bischofs­kon­gre­ga­ti­on, Msgr. Pie­ro Coda, Mit­glied der Inter­na­tio­na­len Theo­lo­gen­kom­mis­si­on, und Maria del Car­men Apa­ri­cio Val­la, Dozen­tin an der Theo­lo­gi­schen Fakul­tät der Päpst­li­chen Uni­ver­si­tät Gre­go­ria­na in Rom teil.

Das Schrei­ben Iuve­ne­s­cit Eccle­sia (Die Kir­che ver­jüngt sich) der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on rich­tet sich an alle Bischö­fe und bezieht sich auf das Ver­hält­nis zwi­schen „den hier­ar­chi­schen und den cha­ris­ma­ti­schen Gaben für das Leben und die Mis­si­on der Kirche“.

Damit sol­len Unklar­hei­ten aus­ge­räumt und die Aner­ken­nung der zustän­di­gen hier­ar­chi­schen Auto­ri­tä­ten sicher­ge­stellt wer­den. In der Ver­gan­gen­heit war es zu Rei­bun­gen zwi­schen Cha­ris­ma­ti­kern und Bischö­fen gekom­men, weil sich Erste­re nicht an die Auto­ri­tät der Bischö­fe gebun­den fühlten.

Wie steht es aber um das Verhältnis zwischen Glaubenspräfekt und Papst Franziskus?

Bekannt­lich herrscht zwi­schen Papst Fran­zis­kus und dem Glau­bens­prä­fek­ten Kar­di­nal Mül­ler kei­ne all­zu­gro­ße Über­ein­stim­mung im Kir­chen­ver­ständ­nis und in der Theo­lo­gie. Dazu gibt es von Sei­ten des Pap­stes, zumin­dest laut Medi­en­be­rich­ten, auch per­sön­li­che Vor­be­hal­te. Das argen­ti­ni­sche Kir­chen­ober­haupt läßt es spü­ren, ob er jeman­den als Freund sieht oder nicht.

Wel­che Rol­le das Schrei­ben Iuve­ne­s­cit Eccle­sia in die­sem kir­chen­in­ter­nen Rich­tungs­streit auf höch­ster Ebe­ne spielt, läßt sich noch nicht sagen. Es kann daher nicht aus­ge­schlos­sen wer­den, daß Kar­di­nal Mül­ler in die­sem Doku­ment zwar etwas sagt, Papst Fran­zis­kus aber ganz ande­re Signa­le aussendet.

Einen ersten sol­chen Wider­spruch äußer­te Papst Fran­zis­kus bereits weni­ge Mona­te nach sei­ner Wahl, als er am 6. Juni 2013 die Vor­stands­mit­glie­der der pro­gres­si­ven Latein­ame­ri­ka­ni­schen und kari­bi­schen Kon­fe­renz der Ordens­leu­te (CLAR) emp­fing. Die pro­gres­si­ve chi­le­ni­sche Publi­ka­ti­on Refle­xi­on y Libe­r­aci­on ver­öf­fent­lich­te kurz dar­auf eine Audi­enz-Mit­schrift. Vati­kan­spre­cher Pater Feder­i­co Lom­bar­di SJ mel­de­te sich dazu zu Wort und erklär­te, daß die Mit­schrift „nicht auto­ri­siert“ sei, demen­tier­te ihren Inhalt aber nicht.

CLAR-Delegation bei Papst Franziskus Juni 2013
CLAR-Dele­ga­ti­on bei Papst Fran­zis­kus, Juni 2013

Unter ande­rem bestä­tig­te Papst Fran­zis­kus gegen­über der CLAR-Dele­ga­ti­on die Exi­stenz einer „Homo-Lob­by“ im Vati­kan. Der Papst selbst habe die­se For­mu­lie­rung gebraucht.

Bei der Pri­vat­au­di­enz für den CLAR-Vor­stand  griff Papst Fran­zis­kus auch zum ersten Mal die Tra­di­ti­on in der katho­li­schen Kir­che an, die er des „Pela­gia­nis­mus“ bezich­tig­te und von „restau­ra­ti­ven Kräf­ten“ sprach, die ihm „Sor­ge“ bereiten.

Die CLAR-Ver­tre­ter besorg­te hin­ge­gen ganz ande­res, näm­lich die Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on, die ein­grei­fe und Theo­lo­gen wegen irri­ger und häre­ti­scher The­sen ver­ur­tei­le. Wie wich­tig die­ser Punkt den pro­gres­si­ven Ordens­leu­ten war, zeigt, daß die von Refle­xi­on y Libe­r­aci­on ver­öf­fent­lich­te Mit­schrift gleich mit die­sem The­ma beginnt. Papst Fran­zis­kus erteil­te der Dele­ga­ti­on fak­tisch die Erlaub­nis, sich nicht um Schrei­ben der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on zu küm­mern und ein­fach weiterzumachen.

Wört­lich sag­te der Papst laut Refle­xi­on y Libe­r­aci­on:

„Wenn man etwas falsch macht, sich ver­ga­lop­piert: das pas­siert! Viel­leicht bekommt man dann ein Schrei­ben der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on, das sagt, man habe das oder jenes gesagt… Das soll aber nicht besor­gen. Man erklärt, was zu erklä­ren ist, geht aber wei­ter… Öff­net Türen, tut etwas, wo das Leben ruft. Mir ist eine Kir­che lie­ber, die Feh­ler macht, als eine, die krank ist, weil sie sich einsperrt…“

Aus­sa­gen, die von Vati­kan­spre­cher Lom­bar­di nicht demen­tiert wurden.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: RnS (Screen­shot)

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